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Die kleine Wanze

Melissa Auf der Maur
Junias

Dortmund, Sabotage
05.12.2003

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Melissa auf der Maur
"Die können ja wohl alles", meinte ein Gaesteliste.de-Mitarbeiter schelmisch grinsend zum Auftritt der Support-Band Junias aus Hattingen. Das muss man so interpretieren: Wenn die Jungs noch ein wenig mehr herumgemacht hätten, dann wäre das Ganze in schieren White Noise ausgeartet. Wollen wir den Jungs einmal zu Gute halten, dass sie noch sehr jung sind und somit lernfähig. (Zum Beispiel dahingehend, dass es wenig Sinn macht, einen sperrigen Bass-Synthesizer aufzubauen und diesen dann genau ein Mal zu betätigen.) In dem an diesem Abend dargebotenem Mischmasch aus allen möglichen modernen Metal-Versatzstückchen fehlte indes die Würze, die das Ganze zu einem eigenständigen Gericht hätte werden lassen können. Der recht beliebige Heavy-Brei des Trios konnte also - trotz richtig gedachter Ansätze, dem absoluten Willen zum Overkill und der Tatsache, dass es der Bassist schaffte, eine Saite springen zu lassen - nicht so recht überzeugen.
Nach einer endlosen Umbaupause und gegen Mitternacht erklangen dann zunächst mal ungewohnte Töne: "Auf der Mauer, auf der Lauer, sitzt 'ne kleine Wanze", tönte es da in schönster Rolf und seine Freunde-Manier vom Band. Ein zugegebenermaßen cooler Gag: Melissa hatte sich das Kinderlied, von dem sie bei ihrer soeben absolvierten Promo-Tour erfahren hatte, in Berlin besorgt und benutzte es nun als Intro zur ersten Show außerhalb Kanadas. Die ehemalige Hole- und Smashing Pumpkins-Bassistin hatte sich für die Live-Präsentation eine frische Band zusammengestellt, um die Songs ihres im kommenden Jahr anstehenden Solo-Debüts "Auf der Maur" vorzustellen (Interview folgt zur VÖ im Februar). Wer nun vielleicht eine Mischung aus Hole- und Pumpkins-Sound erwartet hätte, sah sich teilweise enttäuscht. "Wir sind Wikinger", kündigte Melissa ihre Band unter anderem an - was für Uneingeweihte keinen Sinn zu machen schien, aber auf die Ästhetik ihrer Musik abzielte: Melissa auf der Maur hat sich jene harte Rockmusik als Genre ausgewählt, die man bislang gemeinhin als Domäne tätowierter, schwitzender, glatzköpfiger Männer angesehen hatte. (Nicht umsonst spielen auf ihrer CD Jungs von Queens Of The Stone Age, Kyuss und A Perfect Circle mit). Das - so Melissa - funktioniert natürlich nur, wenn man sich als Frau in die Denkweise von Männern (oder eben Wikingern) hineinversetzen kann. Aber langer Rede kurzer Sinn: So schlimm ist das alles gar nicht. Melissas Songs sind zwar hart - haben aber durchaus auch jede Menge weibliches Flair. Dies machte sich beim Live-Act an Details fest: Zum Beispiel quoll, als Melissa und ihre Kohorten die Bühne betraten, zunächst mal ein Schwall fruchtigen Parfümduftes ins Auditorium. Ein erfreulicher Umstand, wenn man z.B. an den testosterongeschwängerten Gestank denkt, der eben sonst bei Konzerten dieser Art vorherrscht.

Dann ging's aber auch gleich los. Die Songs des Debütalbums, für das sich Melissa 10 Jahre Zeit gelassen hat (bzw. aufgrund ihrer anderen Verpflichtungen lassen musste), decken auf geschickte Weise im Prinzip ihr ganzes bisheriges Tun ab. Der Track "Real A Lie" z.B. stammt noch aus Zeiten ihrer Ur-Band Tinker. Ihr damaliger Kollege und Partner, Steve Durand, war z.B. unter umgekehrten Vorzeichen auch bei dieser Show als Gitarrist dabei. Andere Stücke, wie z.B. das poppigere "Taste You", wären auch auf einer Hole Scheibe nicht weiter aufgefallen. Während wieder andere Songs wie z.B. "Lightning Is The Girl" Melissa pur darstellen. Das u.a. auch aufgrund ihrer doch sehr evokativen und phantastisch anmutenden Texte, die nach eigener Aussage großteils durch Träume inspiriert werden. Wovon Melissa träumt, das machte sie dann schnell deutlich: Von Dämonen, Außerirdischen und spirituellen Geistern zum Beispiel. "Ihr mögt also Dämonen?", fragte sie verschmitzt ins Auditorium, nachdem ein dergestaltes Stück artig beklatscht wurde. Melissas Ansagen waren dann vielleicht nicht unbedingt der Knaller. Geboren aus der Gewohnheit, vor riesigen Menschenmassen aufzutreten und andererseits der Unsicherheit darüber, wie denn wohl die neuen Stücke aufgenommen werden würden, hatte sie sich eine Sammlung standardisierter und wenig origineller Sprüche zurechtgelegt, die nur knapp über Pop-Of-The-Pops-Niveau verpufften. Kommen wir aber mal zu den positiven Aspekten: Melissa auf der Maur live sieht einfach toll aus. Da sitzt jede Pose, jede Geste und jede elegante Verrenkung mit dem Bass. Ihre Band besitzt durchaus Potential - besonders die Multiinstrumentalistin Kim Prior und der Drummer Julien Blais wussten hier zu überzeugen, - wenngleich sich das vielschichtig agierende Ensemble sicher erst noch einspielen muss, bevor die Sache so richtig rund läuft. So gab es bei diesem Set z.B. Koordinationsschwierigkeiten mit dem Gesang - was aber auch an der Anlage gelegen haben konnte. Jedenfalls geriet der Mix dann eher matschig. Was ziemlich schade war, denn wie auf der Scheibe setzt Melissa keineswegs etwa auf hirnlose Kraftmeierei, sondern auf das vielschichtige Miteinander der verschiedenen Instrumente (meist Gitarren) und Harmoniegesänge. Beides ging bei dieser Show unter bzw. war nicht vorhanden. Erfreulich hingegen, dass es auch im Live Kontext keine störenden Gitarrensoli gab: Der Band-Sound stand definitiv an erster Stelle. Und: Obwohl die Scheibe ja noch gar nicht veröffentlicht ist, wurden die Tracks nicht einfach heruntergespielt, sondern an geeigneten Stellen durchaus variiert und ausgebaut. Sie spielte zudem - entgegen ihrer diesbezüglichen Ankündigungen - sogar einen Nicht-CD-Track, der sich nahtlos in den allgemeinen Flow einfügte. Richtige Höhepunkte gab es hingegen eher weniger - vielleicht einmal abgesehen von einer Phase, wo sie sich "vom Bass ableinte", den dann Kim Prior souverän (und eigentlich technisch besser als sie selbst) spielte, und die auch die Piano-Ballade "Overpower Thee" enthielt. Alles in allem empfahl sich Melissa auf der Maur - die Band - hier als selbstbewusster, druckvoller Act mit einem durchaus eigenen Gesicht und dem Potential, in gewissen Kreisen ordentlich einschlagen zu können. Inwieweit Melissas dann doch sehr spezifischer Stil geeignet sein wird, außerhalb dieser Kreise die Massen zu begeistern, bleibt abzuwarten. Zunächst muss ja erst mal die Scheibe erscheinen...


Melissa auf der Maur
NACHGEHAKT BEI: MELISSA AUF DER MAUR

Bevor sich der Kollege Ullrich Maurer im Februar in einem ausführlichen Feature mit Melissa beschäftigen wird, fragten wir sie wenige Tage vor der Live-Premiere in Dortmund beim Interview-Tag in Köln, was die Liveband von den hochkarätigen Musikern unterscheidet, die auf ihrem Debüt "Auf Der Maur" mitspielen.

Melissa: "Zur Liveband gehören andere Leute als die, mit denen ich im Studio gearbeitet habe. Ich habe das Ganze trotzdem sehr professionell aufgezogen. Anders als in anderen Bands lasse ich keinen der Musiker einen Vertrag unterschreiben. Jeder, der unglücklich ist, kann gehen, wann immer er will. Es ist mir sogar lieber, wenn sie gehen, wenn sie nicht glücklich sind. Die Leute haben alle selbst Bands, die sie auf Eis legen. Das ist mir stets bewusst - ich sehe es nicht als selbstverständlich an, dass sie dabei sind."

GL.de: Das heißt, das Professionelle und das Freundschaftliche halten sich die Waage?

Melissa: "Ja! Die meisten Musiker sind meine Freunde, abgesehen vom Drummer, denn ich vorher nicht kannte. Den richtigen Schlagzeuger zu finden ist unglaublich schwierig. Ich habe eine ganze Reihe probespielen lassen. Der Gitarrist Steve Durand zum Beispiel ist mein alter Kollege aus Tinker-Zeiten, der auch auf der Platte spielt und die anderen zwei kenne ich auch schon seit fünf bzw. zehn Jahren. Keiner von denen hatte je die Chance, nach Europa zu kommen und durch die Welt zu touren. Sie passen perfekt zu mir, denn ich suchte nach Leuten, die begierig darauf sind, zu spielen, die hart arbeiten können. Leute, die bereit sind, ihren regulären Job an den Nagel zu hängen und es zu schätzen wissen, dass sie für ein Jahr ein Auskommen als Musiker haben werden und dabei noch durch die Weltgeschichte fahren können."

GL.de: Das bedeutet aber auch, du bist klar die Chefin im Ring?

Melissa: "Ja! Ich habe den Musikern gesagt: 'Das ist das Album, gebt euer Ego an der Tür ab, versucht gar nicht erst, eure eigenen Parts einbringen zu wollen, lernt, was auf der Platte ist, das ist cool.' Indem ich das von Anfang an klarmache, will ich vermeiden, dass nachher jemand herumheult, er könne sich nicht selbst verwirklichen."

GL.de: Ihr spielt live erstmals vor allem die Songs des Albums...

Melissa: "Mehr haben wir leider noch nicht drauf! Wir könnten vielleicht ein paar Cover spielen, aber es wird eh schon eine Herausforderung für das Publikum, das ja noch keinen einzigen Song kennt. Wir sind zunächst einmal darauf bedacht, die Songs der Platte zu perfektionieren. Die Band spielt erst seit einem Monat zusammen, wir haben erst sechs Konzerte in Kanada hinter uns, es ist alles noch sehr neu!"

GL.de: Letzte Frage: Warum findet euer erstes Europa-Konzert ausgerechnet in Dortmund statt?

Melissa: "Irgendwo müssen wir schließlich anfangen. Warum also nicht in Dortmund?"

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Surfempfehlung:
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Interview: -Simon Mahler-
Fotos: -Ullrich Maurer-

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