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Konzert-Bericht
 
Große Kunst im kleinen Kreis

Chris Brokaw

Hamburg, Kampnagel/ Köln, Normal Records (In-Store)/ Essen, Casa de Carsten (House Concert)
06.12.2003/ 08.12.2003/ 09.12.2003

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Chris Brokaw
Nicht viele Musiker haben eine solche Vita vorzuweisen wie Chris Brokaw. Ob als Tourgitarrist von Steve Wynn und Evan Dando, früher mit Codeine und Come oder immer noch mit The New Year, Consonant, Pullman oder Empty House Cooperative - Chris hat sicherlich keine Langeweile, und die von Gaesteliste.de präsentierte Wintertournee, auf der er nur mit Gitarre, Tamburin, Klamotten und einigen tollen Songs im Gepäck durch halb Europa tingelte, bildete den Abschluss für ein arbeitsames Jahr, in dem er mehr Konzerte absolvierte als je zuvor in seiner rund fünfzehnjährigen Karriere.
Die Bühnenrückwand des Hamburger Kampnagel wurde mit Silhouetten von Blumen angestrahlt, als Chris sich auf seinen Stuhl setzte und das Konzert mit dem instrumentalen "Dresden Promenade" eröffnete. Gleich zu Beginn wurde auch klar, dass es ihn nicht groß kümmerte, dass die kleine KMH auf Kampnagel eher mäßig gefüllt war. Chris scherzte über vergangene Erlebnisse auf der Reeperbahn und spielte ein mehr als einstündiges, sehr beeindruckendes Programm. Es waren vor allem die ungewöhnlichen, völlig klischeefreien Songstrukturen mit ihren virtuosen, aber nie angeberischen Gitarrenlinien, die ihn als Musiker und Instrumentalisten interessant machen und ihn als Songschreiber zu Dingen befähigen, die abseits der traditionellen Techniken liegen und ihm Originalität verleihen. Beispiele dafür waren an diesem Abend Songs wie "My Confidante", "Shoot Me First" oder das tolle, auch auf Evan Dandos Solo-Album anzutreffende "My Idea", das einen unqualifizierten Konzertbesucher tags zuvor in Berlin zu der dämlichen Bemerkung hinriss, Chris solle doch mehr Lemonheads-Songs spielen. Zwischen seinen eigenen Songs spielte er zwar einige Coverversionen wie den Suicide-Song "I Remember", aber nichts von den Lemonheads. Dafür allerdings ein Stück, das er von Evan Dando gelernt hatte: Das schöne, zuvor selten gespielte "Like A Rose" (von Lucinda Williams) wirkte in Chris' unfreiwillig-unsicheren Art noch berückender, als es ohnehin schon ist. Beeindruckend auch die Kostproben neuen Materials, die er ebenso souverän vortrug wie die älteren Songs. Die erste Zugabe "Hundred Faces" und das wunderbare "X's For Eyes", über das sich Chris' Freundin, der der Song gewidmet ist, bestimmt gefreut hat, lassen für den Nachfolger von "Wandering As Water" ähnlich tiefgründige, vielschichtige Popmusik erwarten.

Text: -Christian Spieß-

Das Kölner Konzert zwei Tage später war so kurzfristig angesetzt worden, dass wirklich nur eingeweihte Verschwörer den Ort und Zeitpunkt des Auftrittes kennen konnten. Da dieses aber der Kölner Plattenladen Normal war, kam es, dass außer den wenigen Bekannten, die Chris per Handschlag begrüßen konnten, auch noch ein paar zufällig anwesende Plattenkäufer dem Ereignis beiwohnen konnten. Für einen Gig dieser Art griff er dabei relativ tief in die Songkiste. Nur ansatzweise verstärkt und somit einem Unplugged-Auftritt greifbar nahe, arbeitete er sich pflichtschuldig und spielfreudig durch wenigstens das halbe Programm seiner üblichen Shows. Respekt! Und als besonderes Schmankerl (und nachdem die Frage, ob es Wünsche aus dem Publikum gäbe, wie eine Bleiente in der Luft hing) spielte er "eine Cover Version eines Songs von einer Freundin von mir, der indes nie veröffentlicht wurde..." In dem Fall war das ein Track namens "In Love With Yourself" von Liz Phair (was unter anderem wieder mal zeigt, dass es praktisch keine Musiker von Rang und Namen zu geben scheint, mit denen Chris NICHT befreundet ist). Nachdem er dann noch artig zum Konzert im Wohnzimmer von Kollege Wohlfeld eingeladen hatte, wurde Chris wenigstens durch ordentlichen Applaus und ein paar Platten-Verkäufe für seine Mühe belohnt. Nach dem kurzen Auftritt zeigte sich Chris außerdem sehr erfreut über die kurze Entfernung zwischen Köln und Essen, bedeutete dies doch, dass er zum ersten und einzigen Mal auf seiner zweiwöchigen Tournee zweimal im gleichen Bett schlafen konnte.

Text: -Ullrich Maurer-

Dem "Experiment" des Wohnzimmerkonzerts bei Gaesteliste.de stand also nichts mehr im Wege, zumal Chris bestens gelaunt war, schließlich war er seit auf den Tag genau sechs Monate zuvor mit der Protagonistin von "X's For Eyes" zusammen und hatte am Vormittag beim ausgiebigen Shoppingbummel durch die Essener Plattenläden (O-Ton Chris: "Wie du siehst, ist es nicht besonders schwierig, mich in Plattenläden zu schleifen") drei Tonträger ergattert, die unterschiedlicher kaum hätten sein können: Eine White-Label-12" von Pom Pom, ein Album von Chet Baker und "Number Of The Beast" von Iron Maiden! Und abends gab's in kleinem Kreis dann einen weiteren tollen Auftritt. Los ging es gleich mit einem Live-Debüt der wunderschönen Pullman-Nummer "Isla Mujeres", das unterstrich, dass das House Concert nicht nur für die Zuschauer, sondern auch für Chris etwas ganz Besonderes war. Er käme sich gar nicht vor wie bei einem Konzert, sondern eher so, als würde er in seinem Wohnzimmer sitzen und üben, meinte er grinsend und sang folgerichtig die meisten Nummern mit geschlossenen Augen, um die richtige innere Spannung aufzubauen. Das Publikum lauschte andächtig dem guten Dutzend Songs, die Chris mitgebracht hatte, so andächtig sogar, dass der Amerikaner die Anwesenden aufforderte, doch etwas mehr zu reden, viel mehr zu rauchen und ab und zu mal eine Bierflasche auf den Boden fallen zu lassen, um der Sache mehr Rockkonzert-Feeling zu geben. Dass es irgendwie aber auch ohne ging, bewiesen tolle Versionen von "La Playa" und "Cranberries" (das voraussichtlich in einer Bandversion auf seiner nächster LP zu finden sein wird und jetzt live schon um Längen besser klingt als der "erste Versuch" auf "Wandering As Water"). Auf das von seiner aus Hildesheim stammenden Ex-Freundin handelnde "Shoot Me First" folgte treffenderweise "German Song", und mit dem großartigen Instrumental "Dresden Promenade" vervollständigte Chris auch an diesem Abend seine eigene "deutsche Trilogie": Nach rund einer Stunde und der ob des intimen Rahmens mit einem breiten Grinsen vorgetragenen Information "Ich hab auch noch CDs zu verkaufen" hatte er dann eigentlich die Gitarre beiseite legen wollen, doch ohne Zugabe durfte auch ein House Concert nicht enden. So gab's noch zwei Coverversionen für den Nachhauseweg, darunter ganz zum Schluss eine obskure, aber dennoch ausgezeichnete Utah-Phillips-Nummer, die unlängst auch von den Flatlanders gecovert worden war: "Going Away" ("Denn das werde ich tun - morgen früh", wie Chris lachend bemerkte). Ein schöner Abschluss für seine diesjährige Deutschland-Tournee war's, so schön sogar, dass eine Wiederholung an gleicher Stelle im nächsten Jahr nicht ausgeschlossen ist!

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Surfempfehlung:
www.chrisbrokaw.com
Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
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