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Jahrmarkt der Eitelkeiten

Intro Intim
Client/ Das Pop/ IAMX

Köln, Gebäude 9
15.11.2004

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Client
Hereinspaziert, meine Damen und Herren! Ein bisschen wie auf dem Jahrmarkt oder im Zirkus war es schon, das Konzertereignis im gut gefüllten Gebäude 9. Da spielten im Rahmen des Intro Intim Abends zunächst Client auf - die Damen ohne Oberkörper (also wenn man den Plattencovern Glauben schenken darf) - dann gab es faulen Zauber von Das Pop aus Belgien und anschließend eine Multimedia-Show von Chris Corner und seinen Spielzeugsoldaten von IAMX.
Was den Erfolg von Client eigentlich ausmacht, kann mit der bloßen Auflistung der Verdienste nicht wirklich ergründet werden: Die Musik, die das für Live Auftritte um einen optisch eher uninteressanten Gastmusiker ergänzte Duo präsentierte, hätte man im Notfall auch selber machen können. Die Slogan-artigen Texte wurden auch durch begeistertes Mitsingen vieler Fans nicht wirklich sinnvoller oder schlüssiger und die Songs, die auf den beiden Tonträgern der Damen zuweilen regelrechten Pop-Charme besitzen, verloren sich eher im unerbittlichen subfrequenten Beat, der sich wie ein roter Faden durch die ganze Veranstaltung zog. (Die Scheiben des Gebäude 9 standen während des ganzen Konzertes kurz vor dem Vibrations-Exitus) Aber: Ein cooleres Elektro-Pop-Duo als Client sucht man zur Zeit anderswo zweifelsohne vergeblich. Fast ohne eine Miene zu verziehen (obwohl doch des Öfteren auf der Bühne gelächelt wurde) und kontrolliert-distanziert zogen Sarah Blackwood und Kate Holmes ihr Ding durch und prügelten ihre Botschaft mit beinahe militärischer Disziplin ins Volk. Und diese bestand - zumindest beim Live-Vortrag - darin, dass in der Konsequenz die Würze liegt. Ähnlich wie die Stones auf ihren frühen Alben gab es nur minimale Variationen im Konzept und gerade das machte dann unter dem Strich den Reiz aus (und das ist so gemeint, wie es hier steht!). Mit ihrer Version des "ist doch gar nicht so schwer"-Elektro-Pops präsentierten Client so eine Art Punk-Attitüde mit verkehrten Mitteln. Wie zur Bestätigung ging es in jeder dritten Textzeile um Rock'n'Roll - obwohl dieser musikalisch nun wirklich überhaupt keine Rolle spielte. Sicher, es schadete auch nicht, dass sich die Mädels ein attraktives modisches Styling ausgedacht hatten (sie kamen verkleidet als Supermarkt-Verkäuferinnen - allerdings mit High Heels und Lackhandschuhen) - das war aber trotz allem nicht der wesentliche Aspekt des Auftrittes. Das machte Sarah z.B. mit einem überdeutlich in den Raum gestellten "Fuck Off - Don't Touch Me There" (aus dem Song "Client") deutlich. (Und irgendwie hatten die Mädels auch Spaß an der verhaltenen Anmache mit Rückzieher) Nein, hier konnte insbesondere Kate Holmes, die Gleiches ja vorher schon mal mit Technique versucht hatte, endlich mal die Früchte des Erfolges ihres interessanten Nischenkonzeptes einheimsen. Und zum Schluss gab es mit "Come On" dann doch noch eine reinrassige Popnummer, bei der auch die Melodie noch zu erkennen war.

Das Pop aus Belgien brannten offensichtlich geradezu darauf, bei ihrem Auftritt die Sau rauszulassen. Um es gleich vorwegzunehmen: Gegen ein Das Pop-Konzert ist auch die ausgezeichnete neue CD "The Human Thing" bestenfalls "nett". Mit einem tierischen Rock-Intro-Instrumental gaben Das Pop dann gleich zu Anfang alles her. So mitreißend und überbordend begeisternd wünscht man sich den Beginn eigentlich jeden Rockkonzertes. Das kann man besser eigentlich nicht machen. Doch damit nicht genug: Während auf der Scheibe eigentlich stets die vertrackten Arrangements der pfiffig konstruierten Pop-Songs (Nomen es Omen) im Vordergrund stehen, ist es im Live Kontext definitiv der Rock'n'Roll. Und das obwohl Sänger Bent Van Looy oft und gerne zu seinen Keyboards griff. Eigentlich ist das ja eher unrockig, aber die körperbetonte Art, in der er das Instrument bearbeitete - mit wehenden Haaren und ständig in Bewegung - ließ jeden Gedanken an introvertiertes Fricklertum im Ansatz ersticken. Und außerdem langt Gitarrist Reinard Vanbergen (der kurz vor dem Auftritt noch im Krankenhaus gewesen war) auch deutlich bestimmter hin als auf der eher feinsinnig ausgelegten Scheibe. Die Band ging dermaßen ungestüm zur Sache, dass zum Beispiel gleich mehrmals der Bass notoperiert werden musste. Den Stücken bekam das selbstredend ganz ausgezeichnet und alle "Hits" des Albums fand man dann demzufolge auch in ansprechenden Sturm und Drang-Versionen wieder. Besondere Highlights des Sets war dann die aktuelle Single "You" - teilweise auf deutsch intoniert - und zur Zugabe eine ungefähr 10-minütige Version von Steve Millers "Abracadabra". Das muss eine besondere Art von belgischem Humor gewesen sein, denn das ist ja nun wirklich einer der schlechtesten Miller-Tracks, der auch durch die exaltierte Gitarrenarbeit Vanbergens nicht so wirklich gewann. (Obwohl auch dieser, wie die ganze Das Pop-Show ziemlich viel Spaß machte.)

Danach verstarb die Veranstaltung aber beinahe am technischen Herztod. Nachdem die Roadies unglaublich lange brauchten, um die Playstations, Gameboys und anderes Spielzeuginstrumentarium von IAMX zu verkabeln, passte am Ende ausgerechnet der Stecker für den mitgebrachten DVD-Player nicht. Bis dann ein Adapter gefunden wurde - es war bereits nach Mitternacht - waren dann mehr Zuschauer abgewandert, als notwendig gewesen wäre. Der Sneaker Pimps-Frontmann Chris Corner ist ja gemeinhin als Diva verschrien. Und dieses ließ er dann auch gleich raus, nachdem die Show mit einem eher sinnlos langen instrumentellen Intro von der Konserve endlich ans laufen gekommen war. Er tänzelte affektiert auf der Bühne herum und legte sich auch gleich mit dem Publikum an. Egal: Die Elektropop Version von IAMX ist eh ziemlich durchstilisiert und -konzeptioniert. Da muss man drumherum schon etwas bieten. Wie zum Beispiel zwei Mitmusiker - eine Keyboarderin und einen imagemäßig direkt aus den 80ern implantierten Gitarristen / Bassisten (die Instrumente wurden häufiger gewechselt als Unterhosen), die wie Zinnsoldaten hinter ihren Instrumenten herum machten und Corners eitlem Vortragsgebaren Vortrieb leisteten. Das bildete dann einen merkwürdigen Kontrast zu den wummernden, unterkühlten Elektro-Noir-Opern, die insgesamt trotz aller Bühnenoptik doch ziemlich synthetisch aus der Wäsche schauten. Daran änderten auch die scheinbar beliebig im Hintergrund abgespielten Kunst-Videos nicht so viel. Nun ja, wer Tracks wie z.B. das düster-dramatische "Sailor" der Debüt CD "Kiss & Swallow" kannte, der wird ja auch nichts großartig anderes erwartet haben. Und deswegen funktionierte die Sache im Großen und Ganzen ja auch. Nicht zuletzt deswegen, weil Corner nun mal - trotz oder eher wegen seiner Divenhaftigkeit - einen überzeugenden Frontmann abgibt.

Fazit: Das war eine zwar anstrengende, aber auch ziemlich informative Momentaufnahme aktueller alternativer Pop-Musik von dann doch recht unterschiedlicher Couleur, die obendrein unter dem Strich doch recht unterhaltsam angerichtet war.

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Surfempfehlung:
www.iamx.co.uk
www.daspop.com
www.client-online.net
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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