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Konzert-Bericht
 
Eine Klasse für sich

Eleni Mandell
Sid Hillman Quartet

Duisburg, Hundertmeister/ Köln, Yard Club/ München, Substanz
09.02.2005/ 23.02.2005/ 01.03.2005

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Eleni Mandell
Als sie im Jahr 2003 die prestigeträchtige Auszeichnung als "Best Songwriter / Composer" des "LA Weekly" bekommen sollte, hatte Eleni Mandell die Verleihungszeremonie längst verlassen - weil das ungewohnte, hochhackige Schuhwerk drückte! Nicht verpasst hat die Amerikanerin dagegen den Startschuss zu ihrer diesjährigen, von Gaesteliste.de stolz präsentierten Deutschlandtournee im Duisburger Hundertmeister. Bevor die preisgekrönte Singer / Songwriterin uns mit ihren ungemein wandlungsfähigen Songs verzauberte, stand das kleinste Quartett der Welt auf der Bühne. Das Sid Hillman Quartet war aus Kostengründen nur zu zweit angereist und hatte mit dieser Tatsache trotz guter Ansätze (Sid ist immerhin der Neffe von Byrds- und Flying Burrito Brothers-Legende Chris Hillman) ein wenig zu kämpfen.
Trotz eines Gitarristen, der seinem Instrument auch ohne Bottleneck streckenweise beachtliche Slide- und Pedal-Steel-Töne entlockte und den mitunter etwas düsteren Singer / Songwriter-Vortrag mit unerwartet rockigen Soli aufzupeppen wusste, fehlte der Performance der Druck von Bass und Schlagzeug doch hörbar. Das offenbarte teilweise eine gewisse Gleichförmigkeit beim Songwriting - daran konnten auch die sympathischen Geschichten zwischen den Stücken - über einen Aufenthalt in Ulm und die Tatsache, dass Hillman als Kalifornier eigentlich nicht dazu prädestiniert sei, einen Song über den Winter zu schreiben, und es dennoch getan habe - nicht viel ändern. Auf Platte und zu viert bestimmt viel besser!

Eleni Mandell dagegen hatte zwar mit dem Kontrabassisten Ryan Feves und ihrem Drummer Kevin Fitzgerald die komplette Band dabei, wäre aber vermutlich auch ohne ausgekommen - ihre Songs sind einfach sagenhaft gut. Manch eine Coverband hat kein so abwechslungsreiches Set drauf wie Miss Eleni. Innerhalb von wenigen Minuten gab sie in Duisburg die PJ Harvey, die Billie Holiday und die Tammy Wynette und war dabei doch vor allem eines - Eleni Mandell. Zu sagen hatte sie an diesem Abend nicht viel, aber dafür erzählten ihre Songs Dutzende kleiner Anekdoten. Auch wenn ihr wunderbares Album "Afternoon" erst vor wenigen Tagen in Deutschland erschienen ist - in typischer Mandell-Manier nimmt die Kalifornierin derzeit schon wieder ein neues Werk auf und spielte uns daraus auch gleich zwei ganz hervorragende Stücke vor. Stücke, mit denen sie den bei "Afternoon" gefundenen ureigenen Stil weiter ausdifferenziert. Die erste neue Nummer handelte von entgleisten Zügen und verschollenen Zwillingen, die andere - als letztes Lied des Mainsets dargeboten - hieß "Girls".

Ebenso begeistern konnte sie aber auch mit den Highlights aus ihren bereits veröffentlichten Alben - "American Boy", "Just Another Lonely Heart" aus ihrem letztjährigen Countryabstecher und der vielleicht schönsten Nummer (und dem Lieblingslied der Protagonistin) von "Afternoon", "Just A Dream" - und ausgewählten "Oldies" aus den nicht in Deutschland regulär veröffentlichten Frühwerken, bei denen Songs à la "Close The Door" (aus "Snakebite") bewiesen, dass Mandell das Songschreiben nicht erst seit gestern beherrscht. Dazwischen gab es auch immer wieder Coverversionen, die sich nahtlos ins Repertoire einfügten - die schönste davon war vielleicht die obskure Bob Dylan-Countrynummer "Wallflower". Für die Zugaben legte sie dann sogar kurzzeitig ihre Girlie-Gitarre beiseite und schlüpfte aus ihren High Heels, um ein letztes Mal als Jazz-Croonerin zu glänzen. Ein feiner Abschluss für ein ziemlich perfektes Konzert. Applaus!

In Köln musste das Programm zwangsläufig verkürzt werden, denn hier spielte Eleni Mandell lediglich den Support für Maximilian Hecker. Dass diese eigentlich ungewöhnliche Kombination dennoch funktionierte, spricht natürlich wiederum für die Qualität dessen, was Eleni und ihr Trio so auf die Beine stellten. Einmal abgesehen vom extremen Plapperfaktor, der indes von den Leuten ausging, die eh keine Chance hatten, zu sehen, was auf der Bühne vorging (was eine ganze Menge waren), gelang es Eleni mühelos auch das jüngere, Hecker-geeichte Publikum für ihren Vortrag zu interessieren. Um Kollege Wohlfeld beizupflichten: Die Qualität des Materials machte es! Erfreulich, dass Eleni zudem ihr Programm abwandelte: So gab es hier neben den Dauerbrennern vom Schlage "Tristeza" und dem neuen Material von "Afternoon" (und dem noch neueren, bereits von C. gewürdigten Material) z.B. den "Snake Song" aus der Frühzeit, mit "The One That Got Away" eine Hommage an Tom Waits, ihren großen Mentor und Idol (vorgetragen als Talkin Blues inkl. verruchter Gesten zur Illustration) und zum Schluss das Brecht-Weill Cover "The Nickel Under My Foot". So etwas gehört durchaus zum Selbstverständnis dieser Künstlerin, die von sich selber sagt, sie fühle sich von europäischer Musik genauso beeinflusst wie von amerikanischer. Der Jazz musste aus Zeitgründen leider außen vor bleiben - was schade war, da dieses sonst ja immer ein Highlight von Eleni-Konzerten ist. Alle anderen Stile wurden jedoch eifrig zelebriert. Eleni trachtet indes weniger danach, im Stile von "Country For True Lovers" weitere stilistische Fingerübungen zu machen, sondern gab den Songs lediglich jeweils dezente Schübse in eine bestimmte Richtung. Zum Beispiel mit einem angedeuteten 50s Pop-Feeling bei dem Track "Just Dreaming" oder einem Country-Twang beim schon angesprochenen "Girls"-Track. Wie gehabt ging Eleni dabei in ihrem Vortrag auf und schien sich geradezu einen Spaß daraus zu machen, die Texte regelrecht durchzukauen. Jedenfalls ist ihre Diktion makellos. Ansagen gab es aber auch hier keine. Nicht nur aus Zeitgründen: Eleni Mandell ist keine Künstlerin, die nonchalant mit dem Publikum parliert. Ihre Stärken liegen eher auf dem musikalischen Gebiet. Es schadet selbstredend nicht, wenn man dann noch ebenso versierte wie subtile Musiker wie Ryan Feves und Kevin Fitzgerald dabei hat, die der Sache eine gaaaanz andere Richtung gaben, als etwa der Sound der die Band um Josh Grange auf der letzten Tour fabrizierte. (Ohne beim Jazz zu landen, was angesichts der Besetzung fast schon verwunderlich war.) Alleine Feves Art, den Kontrabass immer wieder energisch mit einem Cello-Bogen zu bearbeiten, sorgte für einige schöne Überraschungserfolge. Es gibt derzeit wohl kaum jemanden, der auf dem traditionellen Sektor dermaßen geschickt mit so geringen Mitteln eine dermaßen große Wirkung erzielt, wie Eleni Mandell.

...einen Monat später, startete das Münchner Substanz die Feierlichkeiten zum 15-jährigen Bestehen des Clubs mit dem letzten Gig, den Eleni Mandell bei ihrer Europatournee auf deutschem Boden absolvieren sollte. Eine Woche zuvor hatten wir sie schon im Frankfurter Dreikönigskeller, einem winzigen Tonnengewölbe, das mit vielleicht 80 Besuchern zum bersten gefüllt war, bewundern dürfen und eigentlich könnten hier - natürlich abgesehen von der Setlist - zwei mehr oder weniger identische Berichte stehen, denn das Trio um die kesse Chanteuse zeichnet sich nicht zuletzt durch Konstanz auf hohem Niveau aus. Dabei hatte der Aufenthalt in München alles andere als gut begonnen. Der Tourbus sei aus dem Halteverbot abgeschleppt worden erklärte Eleni, sie alle seien sehr traurig wegen der Sache und um das zu ändern, müsse jeder im Publikum nach dem Konzert ein Poster erwerben. Zwei Stunden und drei Zugabensets später kaufte mancher noch eine CD dazu.

"Some people say that I am a country singer... sometimes they're right." stellte Eleni zu Beginn fest und unter diesem Motto stand dann auch der erste Teil des Konzerts. Als dann die etwas jazzigeren und poppigeren Nummern des aktuellen Albums "Afternoon" auf dem Programm standen, hatte Miss Mandell ihr Publikum fest im Griff und machte keinen Hel daraus, dass sie das auch so geplant hatte. Die Tour mache wirklich Spaß und man solle ihr doch bitte zu den kommenden Auftritten in die Schweiz nachreisen. Wer sie auf der 2003er "Country for True Lovers"-Tour (GL.de berichtete) gesehen hatte, konnte feststellen, dass Eleni, von den sanft ansteigenden Wogen des Erfolges getragen, deutlich lockerer und spontaner geworden ist. Statt spröder Ansagen gab es witzige Anekdoten zu hören und hin und wieder sogar ein breites Grinsen statt der gewohnten sinnlichen Distance.

Ein weiterer, gravierenderer Unterschied zum vorvergangenen Jahr ergab sich aus der Absenz von Joshua Grange, der damals (und auch auf der Frühjahrstour in den USA) die Songs mit seinem facetten- und farbenreichen Spiel auf Steel- und Stromgitarre wechselvoll in Szene gesetzt hatte. Seine Rolle sollte nun Ryan Feves am Kontrabass übernehmen, eine Aufgabe, die der Produzent der tollen Jazz-EP "Maybe, Yes", die es als Dreingabe der europäischen Veröffentlichung des aktuellen Albums "Afternoon" zu erwerben gibt, bravourös meisterte. Er bereichert das Material mit ideenreich gezupften Soli und beherzt gestrichener Expositionen und Zwischenspielen. Alleine in den ganz hohen Lagen hatte er verschiedentlich Intonationsprobleme, eine lässliche Sünde bei dem, in solchen Dingen äußerst heiklen Instrument und reichlich Szenenapplaus war ihm sicher. Der Schlagzeuger Kevin Fitzgerald hingegen übte sich im halbdunklen Hintergrund in Zurückhaltung und Präzision. Meist nur mit Besen oder Paukenschlägeln bewehrt, lieferte auch er einen großartigen Job ab ohne sonderlich aufzufallen. Das änderte sich erst, als die meisten Songs der letzten beiden Alben gespielt waren und man sich älteren Werken zuwandte. Vor allem bei den an das große Vorbild Tom Waits gemahnenden Nummern, konnte er zeigen, was er kann und auch ein bisschen draufhauen. Highlights zu nennen macht keinen Sinn - just killers no fillers - und würde mehr über den Rezensenten als über das Konzert aussagen. Das Trio ist perfekt aufeinander eingespielt und lieferte ein denkwürdiges Konzert ab, durchweg gelungen, amüsant, mitreißend - ab in die Schweiz.

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Text: -Wohlfeld (DUI) & Maurer (K) & Ducar (M)-
Foto: -Carsten Wohlfeld-

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