Doch vorher durfte sich das Publikum noch an Holy State aus Norwich erfreuen. Gerade mal November 2008 in Leeds gegründet, wirkt das Quartett so routiniert und abgebrüht wie Altrocker kurz vor der Rente. Nur dass
diese Jungs noch mit unübersehbarer kindlicher Freude dabei sind, allen voran Drummer Maximillian Applin. Der streift vor dem Gig durchs Publikum, witzelt mit den Fans und reißt sich beim Auftritt brüllend das Shirt vom Leib. Aber immer mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen, bitteschön.
Musikalisch überzeugen Holy State auf jeden Fall, der etwas dumpfe Sound schmälert die Energie dieser Rock-Show kein bisschen. Die Band um Gitarristen Victor Janhagen gibt wirklich alles - zeitweise liegen alle drei Saitenzupfer am Boden -, obwohl, und das muss man den Nachwuchstalenten zu Gute halten, der Funke im Publikum so gar nicht überspringen mag. Liegt wahrscheinlich daran, dass das Programm auf sich warten lässt und seit einer halben Stunde schon der Hauptact dran sein sollte, aber naja, kommt vor. Davon lassen sich Holy State nicht beeindrucken, mehr Spektakel kann man auf einer so kleinen Bühne kaum veranstalten. Nach gut 40 Minuten ist klar: hier sind Könner am Werk, und Anwärter auf "The next big thing" sowieso. Allein was die dekorative ausgestopfte Elster und der Igel mit Sonnenbrille sollten, bleibt wohl Holy States Geheimnis.
Genauso schnörkellos wie ihre Musik ist auch die Bühnenshow der Blood Red Shoes. Nach einer weiteren Pause - der Umbau zieht und zieht sich, die vom Flutlicht angestrahlten Gesichter werden immer mürrischer - marschieren Laura-Mary und Steven ohne großes Trara auf die Bühne und jede Verspätung ist vergessen. Die Menge ist mit dem ersten Akkord entfesselt, das Brightoner Duo wird bis zum Anschlag gefeiert. Auch dass Miss Carter grimmig in die Menge starrt, stört irgendwann nicht mehr.
Mit "Doesn't Matter Much" geht es los, und wer den Senkrechtstarter von der Insel noch nicht im Konzert erlebt hat, wird seine Ansprüche an Live-Musik erst einmal über den Haufen werfen. Die Blood Red Shoes legen da aus dem Effeff einen Auftritt hin, auf den die dem Drummer so verhassten U2 stolz wären. Einfach wieder der den Blood Red Shoes so eigene Bühnenaufbau, Laura-Mary Carter mit Gitarre und Mikro vor der Menge, Steven Ansell nicht im Hintergrund auf einem Podest, sondern an der Seite stehend und ihr zugewandt. Scheint das richtige Rezept zu sein, die Kommunikation stimmt und die Einsätze könnten synchroner nicht sein. Hier braucht niemand Lightshow und Kulissen, die Münder stehen auch so offen. Was die beiden zwischen Kraftakt-Drumming und Gitarren-Schreddern noch für Gesänge rauspressen, ist oberste Liga. Bei Gänsehautfeeling und "When We Wake", dem wohl zartesten Stück des Duos, möchte man sich Laura-Mary Carter nur noch zu Füßen legen. Das klingt eins zu eins wie auf dem Silberling, da wird jeder verdammte Ton gehalten! Hymnen wie "Keeping It Close" und "Don't Ask" machen mit ihren Grunge-Chorussen einfach nur Spaß, und wäre man nicht so von der Qualität des da oben Fabrizierten abgelenkt, würde einem auch noch auffallen, dass da eine ziemlich gelungene Setlist abgefeiert wird. Eine solide Mischung sowohl aus "Fire Like This" als auch "Box Of Secrets"-Klassikern, die den Spannungsbogen hält und keine Chance auf Langeweile lässt.
Im Zakk-Kulturzentrum also astreine Stimmung, nicht nur im Mini-Moshpit. Holy States Applin stürmt zwischendurch noch die Bühne und schmeißt sich für einen ausführlichen Stage-Dive in die Menge, und sogar Carter packt zwischen den Zugaben die Digi-Cam aus und macht ein Bild von der Fanmenge (süße Idee, zu jedem Konzert gibts auf der Website ein Foto zu begutachten...).