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Schokoladen-Cadilllac

Marianne Dissard
Caroline Keating/ Brian Lopez/ Gabriel Sullivan

Köln, Gloria
10.02.2011

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Marianne Dissard
Auf die Idee, eine Tour eine Woche VOR der Veröffentlichung der neuen Scheibe zu buchen, muss man ja auch erst mal kommen. Und so kam es dann, dass gerade mal 50 Zuschauer den Weg ins Kölner Gloria fanden, um Marianne Dissard mit ihrem neuen Programm zu erleben. All jenen, die nicht dabei waren - weil sie etwa gar nichts von dem Event wussten, wie etwa all jene, die sonst zu jedem frankophilen Event im Kölner Stadtgarten kommen - sei gesagt, dass sie da so einiges verpasst haben.
So zum Beispiel die Support Acts: Neben der offiziell angekündigten Kanadierin Caroline Keating spielten nämlich auch die "Bandmitglieder" Mariannes, Gabriel Sullivan und Brian Lopez, jeweils einige Stücke aus ihren eigenen Programmen. Gabriel und Brian stammen beide aus Tucson, der offiziellen musikalischen Heimat Mariannes (obwohl sie das Material des neuen Albums "L'Abandon" zusammen mit dem Italiener Christian Ravaglioli komponierte und aufnahm). Dass Tucson nahe an Mexico liegt, wie Brian Lopez erklärte, hörte man dabei sowohl Sullivans wie Lopez' Songs an. Beide ließen sich auch dazu hinreißen, auf Spanisch zu singen und Traditionals einfließen zu lassen. Sullivan, der ansonsten mit seinem Projekt Taraf De Tucson unterwegs ist, sang dabei folkiger, eindringlicher als Lopez, wobei dieser seinen Background als versierter Rock-Gitarrist dazu nutzte, intensive Indie-Balladen dramatisch darzubieten. Beide überzeugten auf ganzer Linie und machten so solide Werbung für ihr eigenes Wirken.

Caroline Keating kannte Köln bereits von einem vorangegangenen Konzert in einem "Wohnzimmer"-Konzert her. Sie konnte sogar "Köln" sagen - was für Nordamerikaner ansonsten nahezu unmöglich ist. Caroline ist eine dieser Songwriterinnen mit einer Vorliebe für autobiographisch gefärbtes Storytelling. Die ausgebildete Violinistin und heutzutage hauptamtliche Pianistin gefiel dabei durch ihre natürliche, humorvolle Art und der Intensität, mit der sie das Piano bearbeitet. Wie man das auch auf der gerade erschienenen, selbstverlegten CD "The Silver Heart" (nach der es sich zu suchen lohnt) nachhören kann, ist sie dabei keine Freundin elegischer Balladen, sondern bevorzugt sympathisch unorthodoxen Pizzikato-Schluckauf-Pop. Wovon sich Caroline inspiriert sieht, zeigt dabei einer ihrer Songtitel - "Billy Joel". Begleiten ließ sie sich nur von ihrem Geiger und einem Glas Wein, das vom Piano zu hüpfen drohte, wenn sie wieder mal zulangte. Das war ein sehr niedliches Konzert und besonders amüsant, wenn die zierliche Person Stücke Zeilen wie "Wait - I'm not done with you yet" sang. "Der Klang ist übrigens sehr gut", lobte sie das technische Team des Gloria, "er ist wie Schokolade und klingt köstlich."

Marianne Dissard war ja schon in Köln zu Gast gewesen (damals mit Francoiz Breut), was das Ausbleiben der üblichen Fans dann doch ein wenig verwunderlich machte. Sie machte von Anfang an keinen Hehl daraus, worum es bei diesem Konzert (und der aktuellen Scheibe) ging: Um eine musikalische und therapeutische Aufarbeitung von der Trennung von Ihrem Ex, Naim Amor. Davon zeugen fast alle der neuen Tracks, die musikalisch demzufolge ziemlich ruppig und zerrissen daher kommen. Um es gleich zu sagen: Live ist das alles leichter verständlich als auf der Scheibe - nicht, weil man Mariannes metaphorisch-blumig-obskuren Texte besser verstehen kann (was aber tatsächlich der Fall ist), sondern weil sie das alles dramatisch und theatralisch illustriert, erklärt und mit großen Gesten auslebt. Die Sache stellt sich wohl als ziemlich dramatisch dar. So singt sie voller Verbitterung von einer Ehe als Gefängnis und Abwärtsspirale. Wie gesagt, findet das alles eine adäquate musikalische Umsetzung.

Die Band machte dabei ordentlich Kirmes. Brian Lopez etwa nutzte jede Gelegenheit um mordsmäßige und teilweise atemberaubende Soli einfließen zu lassen und wenn Sullivan zum E-Bass griff, ging die Post so richtig ab. Etwa bei den sowieso lebhaften Nummern "La peau du lait" oder "The One And Only" - aber natürlich auch bei älteren Nummern wie "Confetti". Das Interessante war dabei, dass das Material seit den Aufnahmen wohl schon wieder eine Entwicklung durchgemacht hat. "Almas perversas", Mariannes Hommage an Mexico, kam etwa sortierter und melodischer rüber als auf der Scheibe, während das bitterböse "Jour d'anniversaire" nicht nur am Rande des Abgrundes entlangtaumelte, sondern schlicht darin versank. Auch ältere Nummern hatten ein Facelifting erfahren - wobei das nicht unbedingt nötig gewesen wäre. "Cayenne" etwa erschien dann doch etwas zu schräg angebohrt. Auch Marianne war voll des Lobes für die Heimatstadt ihres deutschen Labels Le Pop. "Das ist ein Cadillac de Luxe", lobte sie - mit guter Miene zum bösen Spiel, denn ganz so witzig kann ein Konzert vor einer dürftig gefüllten gefüllten Halle eigentlich nicht sein. Es sei aber gesagt, dass man das den Musikern nicht anmerkte. Insgesamt überzeugte der ganze Abend musikalisch auf ganzer Linie und war zudem erfreulich abwechslungsreich und kurzweilig - und, nebenbei bemerkt, auch vielsprachig. Und dass sich Marianne endlich entschlossen hat, einen Bassisten mit in die Band zu nehmen, war das Tüpfelchen auf dem "I" für all diejenigen, die ansonsten immer etwas zu meckern finden.

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Surfempfehlung:
www.mariannedissard.com
www.myspace.com/carolinekeating
www.myspace.com/blopezmusic
www.myspace.com/gabrielsullivan
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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