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Ein Tanz mit Berlin, oder zwei...

Patrick Wolf
Rowdy Superstar

Berlin, Lido
05.04.2011

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Patrick Wolf
Angesichts des beachtlichen Repertoires, das Patrick Wolf trotz seiner gerade einmal siebenundzwanzig Jahre bereits sein Eigen nennen kann, ist es kaum überraschend, dass er die neuen Songs seines im Juni erscheinenden fünften Albums "Lupercalia" schon einige Wochen vor der Veröffentlichung live vorstellt. Ihm brennt es musikalisch geradezu unter den Nägeln und das Publikum kann sich schon einmal vor dem Plattenkauf daran erfreuen, das neue Material zu Gehör zu bekommen. Die ersten Vorboten "Time Of My Life" und "The City" entpuppten sich schon im Vorfeld der Tour als beachtliche Pop-Hymnen, anhand deren beschwingter Natur man durchaus positive Rückschlüsse auf den freudigen Gemütszustand des Engländers ziehen kann. Auch bei seinem Besuch in Berlin war die gute Laune in hoher Dosis mit dabei und sorgte zusammen mit Wolfs musikalischen Qualitäten für einen berauschenden Abend mit vielen herzlichen Momenten.
Oftmals muss man sich als Zuhörer mit viel Geduld durch das Vorprogramm schleifen lassen, aber mit Rowdy Superstar konnte eigentlich keine Langeweile aufkommen. Hatte sich Patrick Wolf doch eine wahrlich schimmernde und explosive Unterstützung mit auf Tour genommen, bei der die Augen im Sekundentakt mit allerhand optischen Reizen gefüttert und gefordert wurden. Glitzer-Outfit, funkelnde Accessoires, viel nackte Haut und tänzerisch gewagte Bewegungen bekam das am Anfang leicht überfordert wirkende Berliner Publikum geboten, wobei Rowdy Superstar nicht gerade sparsam mit Aufmerksamkeit erregenden visuellen Verlockungen umging. Die vergleichsweise kleine Bühne des Lidos wurde noch mit zwei Background Tänzerinnen geschmückt, die das musikalische Schauspiel abrundeten und die fehlende Live-Band zu Beats aus dem Off gut ersetzten. Einige sexuelle Anspielungen und akrobatische Tanzeinlagen später, sollte dann aber Schluss sein und die allgemeine Erwartung der Zuschauer konzentrierte sich ganz auf das folgende Spektakel mit Patrick Wolf in der Hauptrolle. Leider konnte das Publikum seine etwas reservierte Grundhaltung auch bei dessen Auftritt nicht ganz ablegen, steigerte sich aber zumindest im Verlaufe des Abends auf ein annehmbares Niveau.

Wer schon einmal eine Show von Patrick Wolf miterlebt hat, der weiß, dass dieser ebenso viel Leidenschaft in seine Bühnendarbietung wie in seine Studioproduktionen steckt. Farblich passend dazu erschien er dann auch von Kopf bis Fuß im adretten roten Einteiler samt frischer roter Tönung im Haar, wobei alles so perfekt auf den Abend abgestimmt zu sein schien wie die folgende Setlist und das Zusammenspiel der Musiker. Natürlich war auch die Assoziation der Liebe bei der so geballt in Erscheinung tretenden Farbwahl nicht fern und setzte bewusst ein Zeichen, welches durch Wolfs sympathisches Auftreten und dem liebevollen Umgang mit seinen Fans nur noch unterstrichen wurde. Ein gelöster und glücklich wirkender Hauptakteur bot über den ganzen Abend hinweg eine stimmlich überzeugende Leistung, die sich freudestrahlend die Hand mit seinem spielerischen Talent schüttelte. Trotz einer fünfköpfigen Band im Rücken konnte Patrick Wolf mit viel Energie und Leidenschaft aus seinem Können als Multi-Instrumentalist schöpfen, bewegte sich sicher zwischen Gitarre, Violine, Synthesizer oder auch Harfe hin und her und fand dabei immer noch genügend Zeit, um hier und da seine musikalischen Mitstreiter, wenn nötig, mit kleinen Gesten zu einem noch passionierterem Spiel anzutreiben.

Überhaupt vermochte er es wieder einmal, gleich eine ganze Palette an musikalischen Eindrücken und Stilen gekonnt miteinander zu kombinieren und so wurde der Zuschauer in kurzen Abständen Zeuge eines virtuosen Harfenspiels, Synthesizer-Tanznummern, berührenden Violinen-Passagen oder aber auch beherzten Gesten, die all die musikalischen Feinheiten noch in ihrem Ausdruck verstärkten. Selbst die neuen und zumeist noch völlig unbekannten Songs von "Lupercalia" wirkten auffällig einprägsam und fast schon hymnenhaft. So sehr, dass man sich das neue Material schon jetzt als treuen Wegbegleiter für den gesamten Sommer und noch darüber hinaus vorstellen kann, denn viele der Songs sind spürbar sonnig und heiter geraten. Er wollte sich zusammenreißen bei dieser Tour, nicht so viel zwischen den Songs zu reden wie bei seinem letzten Abstecher durch Europa, aber dennoch ist es genau die unbeschwerte und freundliche Kommunikation mit dem Publikum, die Patrick Wolf mit links beherrscht und wahrscheinlich ohne Probleme den ganzen Abend über aufrecht erhalten könnte. Auch dieses Mal schickte er einige entzückende Ansagen den Songs voraus. So kündigte er "The Days" als Waltzer an oder berichtete im Vorfeld zu "Godrevy Point" von seinen seltsam schwammig wirkenden und von zu viel Acid geprägten Zeiten in Cornwall, wobei er mit zwinkerndem Auge hinzufügte, dass das der Grund sei, warum er nun öfter mal die Akkorde zu seinen eigenen Songs vergessen würde. In einem kühnen Moment stellte er sogar öffentlich seine Bewerbung für den Eurovision Song Contest in den Raum, bei dem er so gerne seinen Song "Together" für Deutschland singen würde und legte sich anschließend mehr als eifrig ins Zeug, so dass ihn wahrscheinlich jeder Zuschauer im Lido ohne mit der Wimper zu zucken sofort gegen Lena eingetauscht und mit großartigen zwölf Punkten gesegnet hätte.

Auch wenn die neuen Songs mit anständigem Applaus aufgenommen wurden, kam das Publikum erst bei bekannteren Stücken wie "Magic Position" oder dem Zugabenblock betehend aus "Hard Times", "Vulture" und "The City" etwas mehr aus sich heraus. Schließlich tönte Patrick vor den Zugaben aus dem Off im Backstage Bereich, dass man ihn schon lauter rufen müsste, um ihn von all den leckeren Früchten am Buffet wegzubekommen. Gesagt, getan und Patrick erschien im neuen, grauen Outfit mit seinem Berliner Kollegen und Freund Alec Empire, ebenfalls farblich in grau auf den kurzen Auftritt abgestimmt, zurück auf der Bühne. Die folgenden zwei Songs "Hard Times" und "Vulture" wurden anschließend fast in alle Einzelteile zerlegt, mit Alec Empire am Synthesizer um einige Spuren härter als gewöhnlich interpretiert und zählten zu den Highlights des Abends. Während Alec zwischenzeitlich fast mit der Stirn auf dem Synthesizer klebte, turnte Patrick im Gegenzug dazu von einer Ecke in die andere, schmiss sich auch schon einmal auf den Boden und verausgabte sich bis ihm der Schweiß über das Gesicht ran. Woher er beim finalen Song "The City" dann noch die Energie und den Willen nahm, mitten durch die Menge bis in die hinterste Ecke des Lidos zu tanzen und selbst danach noch nicht genug zu haben schien, blieb sein Geheimnis. Das Bad in der Menge genoss er jedenfalls für ein paar Minuten und erklärte kaum wieder auf der Bühne angekommen mit einem tiefen Seufzer, dass er schon seit Monaten keinen so engen Körperkontakt mit Leuten gehabt hat und deswegen einer Wiederholung nicht abgeneigt sei.

Bei so viel natürlichen Charme hatte er spätestens mit dieser Aktion alle Anwesenden um den Finger gewickelt und weitere Sympathiepunkte gesammelt. Seine ansteckende Freude, die über die hochgezogenen Mundwinkel deutlich zum Ausdruck kam, übertrug sich dann gegen Ende des Sets doch noch mit rasantem Tempo auf all diejenigen, die vorher etwas schwermütig und festgewurzelt das Treiben vor ihren Augen begutachtet hatten. So herrschte beim Show-Finale doch noch die gewünschte Hochstimmung, die Patrick Wolf und seine Band angesichts von so viel Eifer und Leidenschaft auch mehr als verdient hatten.

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Surfempfehlung:
www.patrickwolf.com
www.myspace.com/officialpatrickwolf
www.twitter.com/#!/_patrick_wolf
Text: -Annett Bonkowski-
Foto: -Annett Bonkowski-


 
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