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Konzert-Bericht
 
Bleiben - I

Orange Blossom Special 17 - 1. Teil

Beverungen, Glitterhouse-Garten
17.05.2013

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Slim Cessna's Auto Club
Das hätte man sich aber auch denken können: Nachdem das Pfingstfest dieses Jahr gleich mehrere Wochen früher stattfand als in den letzten Jahren, war es nicht verwunderlich, dass die Wetter-App die Regenwahrscheinlichkeit mit satten 100% auswarf und somit das beliebte Weserbergland-Pfingst-Winterwetter gleich von der ersten Sekunde des diesjährigen OBS eine penetrante "Woodstock ohne Sonne"-Stimmung verbreitete. Dabei hatte man sich doch so viel vorgenommen: Zwar war das Motto des diesjährigen OBS "Bleiben", doch nichts war so geblieben wie bislang. Zumindest nicht massenverwaltungstechnisch: Das Festivalgelände war sozusagen um ein Nachbargrundstück aufgebohrt worden und bot somit nicht nur mehr Platz vor der Bühne, sowie eine ordentliche Zugangsrampe zur selbigen, sondern auch eine etwa gleichgroße Auslauffläche mit im holländischen Stil aufgebauten Sensations-, Tanztee-, Merchandising und Nahrungsvermittlungsagenturen.
So weit, so gut. Erkauft werden musste das alles mit behördlich angeordneten Absperrgittern und einer rechtsdrehenden Menschenstrom-Führungsregelung, die aber in der Tat dafür sorgte, dass es den von bisherigen OBS-Veranstaltungen gewohnten "Pfropfen" vor dem bis dahin einzigen Zugang nicht mehr gab. Der Rockpalast nutzte die Location gleich dazu, mit den einzelnen Acts wieder kleine Akustiksessions abzuhalten, die im Folgenden dann wohl zu einer DVD- und Fernsehproduktion genutzt werden werden. Als dann Rembert Stiewe und Reinhard Holstein wie gewohnt das Ereignis mit den sinngemäßen Worten einleiteten, dass man mit dem Wetter bislang Glück gehabt habe, begann es auch gleich zu Tröpfeln - zunächst überschaubar und zögerlich, später dann aber stetig und sintflutartig. Sei es drum: Das Publikum war ja nicht zum Spaß gekommen, sondern der Musik wegen. Und dieses Mal - das muss der Neid schon hergeben - begann das Fest mit gleich vier potentiellen Headlinern, denn alle der vier Acts, die am ersten Tag auftraten, hätten das Potential zu einem solchen Beschäftigungsverhältnis gehabt.

Die Evening Hymns aus Kanada etwa, sind ein Act, den sich jede Veranstaltung dieser Art wünschen würde, wenn sich Veranstaltungen dieser Art etwas wünschen könnten. Das als Quartett angekündigte Projekt um Singer/Songwriter Jonas Bonnetta aus Ontario trat als Trio auf und ist auch sonst auf sympathische Weise unberechenbar. Im Prinzip folgen die Musiker den Spuren, die ihr Landsmann Neil Young dereinst legte - allerdings ohne deswegen gleich nach diesem zu klingen (wie viele Acts aus dem Americana Sektor). Vielmehr schafften es Bonnetta, seine Partnerin Sylvie Smith und die jeweiligen "& Cos" tatsächlich, persönlich gefärbtes Songwriting mit einem gewissen kanadischen Touch hinzubekommen, so, wie Young das in seinen Kindertagen auch hinbekam. Die allzu hemmungslose Hinwendung zur US-Musikkultur ist Bonnetta als Songwriter fremd. Stattdessen schreibt er zu Herzen gehende Songs, die - so erfuhr das Publikum aus seinem Mund - seinem verstorbenen Vater gewidmet waren. Es ist ja immer schön, wenn das Publikum aus dem Mund der Musiker ein wenig mehr zu den Songs erfährt, als die Lyrics hergeben und Bonnetta punktete in dieser Beziehung auf selbstverständliche, kumpelhafte und sympathische Art. Die Musik dazu kam meist relativ reduziert daher oder punktuell auch mal "uptempo but not quite Rock'n'Roll". Auf jeden Fall haben die Evening Hymns einen eigenen Stil entwickelt - und einen Namen, der der emotionalen Tiefe der Songs durchaus Rechnung trägt.

Der nächste Act, die Steaming Satellites, kommen aus Österreich und sind Rembert von einem gewesenen Praktikanten empfohlen worden. Wer das Wesen des Festival-Leiters kennt, der weiß um dessen gewisse Beratungsresistenz was mögliche Festivalkandidaten betrifft. Wenn dieser dann von einer solchen Empfehlung bei einem Live-Auftritt überzeugt wird, dann muss da also schon etwas dran sein. Sagen wir mal so: Die Steaming Satellites hatten mehr analoge Synthesizer auf der Bühne versammelt, als sich in einem Raumschiff befinden. Das ist insofern bemerkenswert, dass der abgefahrene Space-Rock, den die Jungs im Folgenden veranstalteten, sich großteils im Weltenall abzuspielen schien. Jedenfalls wenn man die psychedelischen Jam Sessions und die Lyrics in Betracht zieht. Ansonsten bemühten sich die Herren redlich - und erfolgreich - dem zunehmenden Regen eine veritable musikalische Alternative entgegenzustellen. Es gelang sogar, das hartgesottene und offensichtlich wasserdichte Publikum zum begeisterten Mitmachen zu bewegen.

Der nächste Act, die Treeptop Flyers aus dem vereinigten Königreich, etablierten insofern einen weiteren Hauch von Woodstock als dass sie in der Art der legendären Creedence Clearwater Revival den Regen wegrockten - und das nicht nur der Stimme Reid Morrisons wegen, der John Fogerty sozusagen einen würdige Hommage erwies. Kommt die eigenartige Mischung aus Neo-Folk und Westcoast-Americana auf den Tonträgern der Combo etwas zu bemüht daher, outeten sich die Jungs auf der OBS-Bühne als spielfreudige, intensiv rockende und (auch mehrstimmig) inbrünstig intonierende Truppe, die (unter der Führung ihres Frontmannes Reid Morrison) für die Bühne gemacht zu sein schien. Von dem CCR-Auftritt beim Woodstock-Festival gibt es ja nur Gerüchte, die besagen, dass die Band nicht so dolle drauf gewesen sein sollte. Das konnte man von den Treetop Flyers nicht sagen: Sehr viel besser kann man Mucke wie diese nicht live präsentieren. Übrigens: Obwohl man hätte annehmen können, dass sich die Musiker bei einem solchen Wetter gleich nach dem Auftritt in ihre Nightliner oder die Präsidentensuite der Hotels zurückgezogen hätten, war dem nicht so. Sicherlich auch, weil es weder Nightliner noch Präsidenten-Suiten gab, sondern weil die Musiker sich als Fans outeten und eigentlich alle Acts von der Festival-Terrasse aus beklatschten - was wieder mal für die familiäre Atmosphäre des feinsten kleinen Festivals spricht.

Als Slim Cessna's Auto Club vor zwei Jahren die Bühne des OBS entweiht hatten, hatte Slim daselbst das Publikum noch angefeuert, doch bitte darauf hinzuarbeiten, dass Glitterhouse SCAC doch bitte zeichnen möge. ("Sign Slim, Sign Slim, Sign Slim") Das hatte man inzwischen getan und auch schon einen entsprechenden Tonträger mit DVD unters Volk gebracht. Vielleicht erklärte das, wieso SCAC (wie eigentlich alle Acts) eine eigene Fansektion im Publikum hatte, die alle Texte mitpredigen konnten. Das ist insofern ungewöhnlich, als dass sowohl Slim wie auch sein Beiprediger Jay "Munly" Munly selbst nie so genau zu wissen scheinen, was sie als Nächstes machen werden. Nun ja: Im Wesentlichen den Teufel mit Speed-Polka austreiben, so viel steht fest. Ansonsten ist aber alles möglich. Etwa dass sich die beiden Vortänzer gegenseitig exorzieren. Vielleicht auch, weil es aufgrund der Absperrungen dieses Mal nicht so einfach möglich war, den Teufel im Detail (sprich Publikum) zu finden. Kurzum: SCAC machten ihrem Namen als einer der derzeit besten Live-Acts alle Ehre: Tuet Buße und habt Spaß dabei war also die Botschaft des ausklingenden ersten Festival-Tages.

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Surfempfehlung:
www.orangeblossomspecial.de
www.glitterhouse.com
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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