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Geistreich

Lewis & Leigh

Köln, Studio 672
07.05.2017

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Lewis & Leigh
Bereits im Januar waren Al Lewis und Alva Leigh in unseren Breiten unterwegs, um ihren eigentümlichen Mix aus amerikanischem und gälischen Folkpop, den sie selbst als "Celticana" bezeichnen, live vorzustellen. Dennoch legten sie zum Abschluss ihrer Europa-Tour jetzt auch noch mal vier Termine in Deutschland nach, von denen der in Köln nun der letzte der Tour war. Eine gute Gelegenheit also, mal nachzuschauen, was sich in der Zwischenzeit getan hat - und auch mal nachzuhaken, was es mit dem Geisterkram des gemeinsamen Debütalbums "Ghost" auf sich hat. Im Vergleich zum Beispiel zu der Show, die Lewis und Leigh im Januar im Düsseldorfer Tube gespielt hatten, wirkte der Auftritt im Kölner Studio 672 tatsächlich noch ein Mal eine Spur gelöster.
Alva und Al konzentrierten sich hier etwa stärker auf die fantastischen Gesangsharmonien, die sich durch die recht unterschiedlichen Stimmen (und auch Persönlichkeiten) der beiden Protagonisten ergeben. Und obwohl Al auch wieder seine halbakustische Vintage-E-Gitarre spielte und Alva zwei Mal das mitgebrachte Drum-Pad traktierte, geriet die Performance dann doch eher klassisch-folky und bot - selbst bei den nur scheinbar fröhlicheren Songs - kaum Pop oder gar Rock-Elemente. Das war aber auch gut so, denn Alva und Al sind zuallererst Songwriter und Geschichtenerzähler - und erst dann eine Band. Bekannt wurden Lewis & Leigh hierzulande durch einen Auftritt bei Inas Nacht, wo sie ihrem Song "There Is A Light" aufführten - und dabei (sehr zur Verwunderung von Alva) von dem indigenen Shanty-Chor angefeuert wurden. Freilich haben Lewis & Leigh sehr viel mehr zu bieten, als diesen einen Song (oder diese eine Art von Song). Das wurde auch bei der Show in Köln deutlich, bei der Alva und Al auch bereitwillig erklärten, worum es in den Songs ging: "There Is A Light" handelt von den Gemeinsamkeiten ihrer unterschiedlichen Heimatorte, "Piece Of Gold" ist eine Art Womens-Lib-Hymne, der Titelsong "Keep Your Ghost" handelt vom Verlust geliebter Menschen und der EP-Titel "Late Show" handelt von einem Spaziergang durch die zwielichtigen Teile Sohos.

In der Tat zählten die Titel, die nicht auf der "Ghost"-LP zu finden waren, dann auch irgendwie zu den Höhepunkten der Show - vielleicht auch deswegen, weil diese musikalisch etwas aus dem Rahmen dessen fielen, was Lewis & Leigh nun als ihr Kerngeschäft ansehen. Wie etwa "Please Darling" der "Missisippi Blues über den Umweg Cardiff" (wie Al meinte), die klassische Country-Walzer-Ballade "All Night Drive" und insbesondere die Honky-Tonk-Nummer "Only Fifteen". Diesen Song hatte Al als Hommage an die klassischen, gutgelaunten Country-Nummern geschrieben, die er als Kind im Radio gehört hatte - noch bevor ihm klar geworden war, dass diese meist von durchaus düsteren Themen wie Alkohol, Drogen und Gefängnis handelten. Insofern sei "Only Fifteen" - eine fiktive Geschichte um die dunklen Seiten des Erwachsen-Werdens - nun eben zugleich das fröhlichste, wie auch das traurigste Lewis & Leigh-Stück. Aber egal, welchen Stil das Duo auch präsentierte: Stets stand der empathische, brillante Gesang im Zentrum. So auch bei der wundervollen Smiths-Cover-Version "There Is A Light That Never Goes Out", die Alva und Al auf eine ganz eigene Art zerdehnten und zu ihrem Eigenen machten. Und ganz zum Schluss begaben sich Alva und Al ins Auditorium, um dort - sich um sich selbst drehend - einen abschließenden Song a cappella vorzutragen. Mag sein, dass das momentan geradezu in Mode zu sein scheint - es ist aber zweifelsohne eine gute, die ihren Zweck nicht verfehlt, denn näher kann man seinen Musikern ja schließlich kaum kommen. Um das zu unterstreichen, begaben sich Lewis & Leigh danach auch noch zum Merch-Table und verabschiedeten sich persönlich von den Zuschauern.

Lewis & Leigh
NACHGEHAKT BEI: LEWIS & LEIGH

Vor der Show im Kölner Studio 672 spielten Alva und Al noch eine Akustik-Version ihres Songs "The 4:19" für den Video Channel Emergent Sounds ein. Hier ergab sich dann die Gelegenheit, noch ein paar Dinge mit Lewis & Leigh zu klären.

GL.de: Wenn man sich die Auftritte von Alva und Al so anschaut, dann ergibt sich das Bild von zwei unterschiedlichen Charakteren, die auch mit einem unterschiedlichen Ansatz an die Performances herangehen: Al eher cool und stoisch, Alva eher expressiv und emotional. Wie haben Alva und Al denn eigentlich selbst gemerkt, dass sie unter dem Strich sehr gut miteinander harmonieren?

Al: Nun, das hat eine Weile gedauert - weil wir am Anfang einfach darauf aus waren, mit jemand anderem zusammen zu schreiben, um so ein paar neue Songs zu bekommen. Es ging erst gar nicht darum, eine neue Band zu formieren. Das erste, was wir machten, war einen Song zu schreiben, den Alva dann alleine sang. Es dauerte dann eine ganze Weile, bevor wir auf die Idee kamen, zusammen zu singen, weil ich damals ganz schlecht als Harmoniesänger war. Das hat mir Alva aber beigebracht. Und so haben wir herausgefunden, dass wir zusammen sehr gut zueinanderpassen.

GL.de: Warum nennen sich Lewis & Leigh eigentlich nach ihren Namen - und nicht etwa ihren Vornamen?

Alva: Lewis & Leigh sind unsere zweiten Vornamen - nicht die Nachnamen. Als wir nach einem Bandnamen suchten, haben wir uns gedacht, dass - wenn es für Simon & Garfunkel geklappt hat - es doch eigentlich auch für uns klappen könnte.

GL.de: Was macht einen guten Song letztlich aus?

Al: Für mich geht es darum, eine gute Geschichte zu erzählen - entweder eine persönliche oder eine fiktionale - so lange sie dich einnimmt. Und dann gehört auch eine starke Melodie, an die man sich gut erinnern kann zu einem guten Song. Ich selbst mag immer Musik, über ich gerne mehr erfahren möchte.

Alva: Also was mich an Musik besonders fasziniert, ist die Art, in der sich Musik von Poesie unterscheidet. Denn Musik verleiht den Worten eine Emotion. Das finde ich aufregend. Zum Beispiel kann ein gutgelaunter Song durchaus auch eine melancholische Tendenz bekommen - einfach in der Art, in der wir die Harmonien einsetzen. Ein Song, der so zwar klar in seiner Botschaft ist, aber auch ein wenig Spannung beinhaltet, ist für mich ein guter Song. Ich möchte immer, dass unsere Songs zum Zuhören einladen. Ich bezeichne unsere Musik immer als fordernd - und zwar in dem Sinne, dass man sie nicht als Background-Musik verwenden, sondern tatsächlich zuhören sollte.

GL.de: Gibt es denn ein Rezept, dieses Ziel zu erreichen?

Al: Ich finde, es ist eher gefährlich, sich auf bewährte Rezepte zu verlassen, wenn es um die Musik geht. Musizieren ist ja nicht wie kochen oder backen - wo du ja weißt, dass du das selbe Ergebnis erzielst, wenn du dich an ein Rezept hälst. Schlimmer noch: Du bekämest das selbe Ergebnis, wenn du dich in der Musik an ein Rezept halten würdest - und das ist das Problem. Wir versuchen also, die Sache unvorhersehbar zu halten und fangen erst mal mit eine Unterhaltung an.

Alva: Oder einem Rhythmus oder eine Akkordfolge oder einem Wort und versuchen die Sache so offen und frisch zu halten.

GL.de: Von wem handeln denn die Stücke? Es fällt zum Beispiel auf, dass nicht alle Songs aus der ersten Person geschrieben sind.

Alva: Ich finde, dass jeder gute Song sein eigenes Leben haben sollte. Und dann kommt es nicht darauf an, was wir denken, sondern was der Zuhörer denkt. Man schreibt einen Song mit einer bestimmten Geschichte im Kopf - aber dann ist es immer spannend zu sehen, was der Zuhörer dazu denkt und wie er die Sache interpretiert.

Al: Was ich interessant finde, ist der Umstand, dass wir eine Frau und einen Mann in der Band haben. So können wir etwa die Perspektiven wechseln. Wir haben zum Beispiel Situationen wie Sohn und Mutter in unseren Songs - und das sind Dinge, die du alleine nicht bringen kannst. Wir haben dadurch die Möglichkeit mit allen möglichen Szenarien herumzuspielen. Und der Prüfstein, an dem wir erkennen können, ob das funktioniert ist, ob uns die Leute glauben oder nicht.

Alva: Und niemand ist vor uns sicher, wenn wir einen Song schreiben. Alles was mir mit anhören und erleben, kann nachher in einem Song auftreten.

GL.de: Was ist heutzutage die größte Herausforderung als Songwriter?

Al: Ich denke, am schwierigsten ist, sich überhaupt Gehör zu verschaffen. Da draußen ist so viel Musik und Ablenkung und die digitale Welt hat alles so viel geschäftiger gemacht - und nicht immer zum Guten... Es ist die größte Ironie, dass man heutzutage mehr Menschen erreichen könnte, als jemals zuvor, aber Schwierigkeiten hat, welche zu finden, die bereit sind, sich darauf einzulassen. Wir müssen also unsere Hörer finden, und deswegen sind Konzerte wie dieses heute Abend die beste Möglichkeit, unsere Botschaft an den Zuhörer heranzutragen - weil wir darin einfach am Besten sind.

GL.de: Das wäre der technische Aspekt der Sache - und was ist die größte kreative Herausforderung?

Alva: Es kann immer sein, dass man eine Durststrecke überwinden muss, in der einem einfach nichts einfallen will. Aber das ist von Fall zu Fall verschieden und für mich und Al sicherlich unterschiedlich. Und von meiner Seite aus ist es die größte Herausforderung, beim Singen auf der Bühne die richtigen Noten zu treffen, weil das mal klappt und mal nicht.

GL.de: Und was hat es denn letztlich mit dem "Geist"-Thema auf sich?

Al: Wir haben beide in unseren Familien Verlust-Situationen erfahren und das war das erste, was wir von uns erfahren haben. Wir haben viel darüber gesprochen und das haben wir als Thema gewählt und zunächst den Song "Keep Your Ghost" geschrieben. Es geht dabei nicht nur um den Verlust eines Familienmitgliedes, sondern auch um die Idee eines Verlustes einer Art des Lebens - denn wir sind beide fortgezogen und haben unseren bisheriges Lebensgefühl aufgeben müssen. Und somit war der Geist ein gutes Bild für dieses Thema.

Alva: Ja, und ich denke, man kann den Begriff auf alle Arten von Geistern anwenden. Zum Beispiel an den Geist einer Erinnerung - oder wenn man von etwas heimgesucht wird. Ich denke, das passt für vieles.



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