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Keiner kämpft für Feiglinge

Max Prosa
Mia Aegerter

Köln, Jungle
09.10.2017

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Max Prosa
Eine relativ neue Spielstätte für Live-Konzerte, der Jungle Club (in der Nähe des legendären, aber nun geschlossenen Underground) öffnete in Köln Ehrenfeld seine Pforten für ein Konzert des Berliner Barden Max Prosa und seiner Band und Mia Aegerter mit ihrem musikalischen Partner Martin Fliegenschmidt (quasi im Rahmen der von Gaesteliste.de präsentierten Tour) als Support. Der Club bietet ca. 400 Leuten Platz und eine Bühne, die von überall eingesehen werden kann. Was aber bei diesem Konzert nicht viel nutzte, da zum einen das Beleuchtungskonzept der Ehrenfelder Maxime unterworfen war - die da bedeutet, das Publikum zu blenden, die Musiker nicht zu beleuchten und zusätzlich mächtig viel Kunstnebel zu verbreiten - und sich zum anderen ein wesentlicher Teil von Max Prosas Show mit einigen Unplugged-Stücken aus dem Auditorium fast vollständig ohne Beleuchtung stattfand.
Aber der Reihe nach: Sowohl Max Prosa wie auch Mia Aegerter gehören zu jener Spezies deutschsprachiger Songwriter, die sich in einer unangepassten Nische jenseits des klassischen Betroffenheits-Pop des Mainstream einen Namen gemacht haben. Die Schweizerin Mia Aegerter ging mit der Entscheidung, sich auf hochdeutsch zu äußern, dabei mit Sicherheit ein größeres Risiko ein als Max Prosa - der weiland als Zögling von Kumpels wie Clueso an die große Öffentlichkeit herangeführt wurde, woran er sich heute noch gerne erinnert. Denn Mia hatte bereits eine solide Karriere als Pop-Sängerin in Schweizer Mundart vorzuweisen, bevor sie Anfang des Jahres ihr brillantes Deutsch-Debüt "Nichts für Feiglinge" einspielte. Hier machte sie sich auf zuweilen durchaus poetische, in jedem Fall aber auch immer wieder überraschende Art Gedanken über durchaus ernsthafte Themen (wie z.B. die Depression in dem Song "Schwarzer Fleck"), die aber durch die immer wieder originellen Metaphern, Querverweise und Wortspielereien Mias durchaus auch andere Dimension als die Melancholie zum Ausdruck brachten. Letzteres auch deshalb, weil sich Mia musikalisch nicht an deutschsprachigen Kollegen, sondern an klassischen Songwritern internationaler Couleur orientierte und Martin Fliegenschmidt als Produzent auch immer für eine konkrete, nicht zu gefällige und bemerkenswert druckvolle Umsetzung sorgte. Im Prinzip setzte das Dream Team das bei ihrem Auftritt im Jungle auch fort - nur eben mit reduzierten Mitteln. Sowohl Martin wie auch Mia spielten z.B. mächtige elektrische Rockgitarren (wobei Mias Gitarre dabei sogar im Krokodillederimitat-Look daher kam) - die sie freilich eher wie akustische Gitarren handhabten - wobei Martin Fliegenschmidt dann zusätzlich noch mit einem Effektpedal noch psychedelische Effekte hinzu zauberte. Trotzdem geriet das kurze Set dann eher als Balladensammlung - einfach auch, weil Up-Tempo-Nummern in einem solchen Umfeld nur schwerlich umzusetzen sind. Da das Set aber nur aus sechs Tracks bestand, besteht die Notwendigkeit, darauf hinzuweisen, dass das nicht alles ist, was Mia Aegerter zu bieten hat, so dass der Besuch ihrer eigenen Headliner-Tour im Dezember nach wie vor durchaus angeraten werden muss. "Wenn alle, die heute hier sind, im Dezember auch kommen, dann ist der Club ja schon mal voll," erklärte Mia dann auch folgerichtig.
Ein besonderes Problem dürften die Fans von Max Prosa damit sowieso nicht haben, denn mal abgesehen, dass diese gar versuchten, Mia noch zu einer Zugabe zu bewegen (was wegen einer verkehrsbedingten Verspätung der Show nicht möglich war), gibt es auch keine musikalischen Gründe, die gegen eine Schnittmenge aus Mia und Max Fans spräche.

Max Prosa ist ja nun auch schon drei reguläre Studien-Alben alt und zählt somit schon als alter Hase in der Szene. Trotzdem hat sich der junge Mann seine Ecken und Kanten bewahrt und trat mit einer Bandbesetzung an, die so ziemlich alles zu bieten hatte, was eine klassische Rockband zu bieten hat. So stürzte sich Max z.B. gleich mit einer elektrischen Gitarre ins Geschehen und eröffnete das Konzert mit einer Reihe von Up-Tempo-Nummern, die man in einer solch spielfreudigen und druckvollen Form im Kontext einer Deutschpop-Songwriter-Show eigentlich schon gar nicht mehr erwartet hätte. Aber Prosa gehört ja auch eher zu den unangepassten des Genres. Zwar sind auch seine Songs eher auf die eigene Person konzentriert - allerdings bezieht sich Prosa als Dichter durchaus nicht auf die NDB (Neue Deutsche Beliebigkeit), sondern hat eine Art gefunden, das Empfinden der von ihm verehrten, internationalen Großen des Genres in sein muttersprachliches Genre zu übertragen. Nicht, indem er seine Texte übersetzt, sondern indem er eine entsprechende Sensibilität implementiert. Selbstredend scheint da Dylan immer irgendwie durch und sicherlich kennt Prosa auch Van Morrison. Leonard Cohen sowieso - den hat er dann ja auch schon mal übersetzt. Und wenn er Songs wie "Die Phantasie wird siegen" oder "Alles was ich seh" auf Englisch sänge (was er aber ja nun mal nicht tut), dann müsste er zweifelsohne Mike Scott von den Waterboys Tantiemen zahlen - dem er lustigerweise auch noch optisch ähnlich sieht. Das macht aber alles nichts, denn Klangfarben wie diese finden sich ansonsten nicht im Deutschpop. Und Musik wie diese eben auch nicht, denn anstatt sich der vorherrschenden produktionstechnischen Gefälligkeitsdoktrin zu unterwerfen, geht Max Prosa unbeirrt seinen sperrigen, knorrigen und eben ungemein lebendigen eigenen Weg. Zu dem gehört, dass der Mann, der wie keiner für mehr kämpft, nicht stehen bleibt. So erklärte er z.B., dass die aktuelle Version des Songs "Auf der Suche nach mehr" für ihn gerade wieder zu einem neuen Stück geworden sei, weil man das Arrangement für die Tour neu aufgebaut habe. Will meinen: Eine naturgetreue Reproduktion von Tonträgern darf man bei einer Max Prosa-Show - zum Glück - nicht erwarten. Ganz im Gegenteil: Der Begeisterung geschuldete schräge Töne oder nicht hörbare Mundharmonika-Soli gehören zum Programm - und machen dieses auch noch authentischer. Und dann gibt es ja auch noch schöne Überraschungen. Während sich Max Prosa für die bereits angesprochene Akustik-Session im Auditorium vorbereitete, überließ er seinem Gitarristen, Richie Setford (auch ein Liedermacher in eigener Sache), das Mikro, der dann den Song "Partisan" vortrug - und dazu noch Mia Aegerter und Martin Fliegenschmidt als Gesangs-Gäste zurück auf die Bühne holte. Und schließlich verlor sich Max Prosa sich dann - alleine mit seiner Gitarre - in epischen Balladen wie "Erinnerungen", in denen er dann - ziemlich introvertiert - sein ganzes Leben nacherzählte, damit aber näher am Publikum war als je zuvor. Kurzum: Wer immer schon mal wissen wollte, wie man deutsches Songwriting auch so präsentieren kann, dass es nicht klingt, wie alles andere, was aus dieser Richtung kommt, der wäre besser mal bei dieser Show dabei gewesen.

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Surfempfehlung:
www.maxprosa.de
facebook.com/maxprosa
www.miaaegerter.de
facebook.com/miaaegerter
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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