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Konzert-Bericht
 
Mitleidslos

Steiner & Madlaina
Faber/ Tobias Carshey

Köln, Tsunami/ Düsseldorf, The Tube
11.01.2019/ 12.01.2019

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Steiner & Madlaina
Gleich zu Beginn des neuen Jahres konnten Nora Steiner und Madlaina Pollina auf ihrer ersten Headliner Tour zeigen, dass sie die Vorschuss-Lorbeeren, die sie sich für ihre Debüt-LP "Cheers" und die im Vorfeld auf Festivals und als Support von Faber demonstrierten Live-Qualitäten verdient hatten, durchaus nicht verwendet hatten, sich darauf auszuruhen.
Die Show im für den Andrang eigentlich viel zu kleinen Kölner Tsunami-Club (einem ehemaligen Punk-Schuppen) begann gleich mit einem besonderen Bonbon: Julian Pollina - seines Zeichen Madlainas Bruder und unter seinem Pseudonym Faber letztlich schon längst etabliert - hatte beschlossen, bei dieser Show einfach mal ein paar neue Songs auszuprobieren. Das stellte die jungen Damen, aus denen sich das Publikum in Köln zum größten Teil zusammensetzte, vor ein Problem: Aufgrund dessen, dass es sich um Stücke handelte, die so neu waren, dass es noch nicht ein Mal Titel für diese gibt, konnten sie natürlich nicht mitsingen. Was sie aber nicht von begeisterten Beifallsgequieke abhalten konnte. Naja - zum Ende seines kurzen Sets ließ sich der Meister dann doch dazu hinreißen mit "Wem Du's heute kannst besorgen" wenigstens einen bekannten Titel zu bringen und der wurde dann mitgesungen. Und zwar Wort für Wort - inklusive aller Pausen, Akzente und Betonungen und vor allen Dingen lautstark. Das gut gelaunte Stück eignet sich ja auch für so etwas. Die neuen Tracks hingegen zeugten von der nachdenklichen Seite Fabers und seiner Vorliebe für nicht dem anglophilen Setting entstammende musikalische Elemente. "Das war jetzt das fröhlichste Stück", kommentierte er ironisch die eher melancholische Eingangsballade, "ab jetzt geht es nur noch bergab." Abgerundet wurde das Set durch einen der ersten Songs, die er weiland geschrieben - aber nur selten aufgeführt hatte, da er sich diesem gegenüber heutzutage nicht mehr so sicher ist. "Zuletzt habe ich aber zumindest Mitleidsapplaus dafür bekommen", schmunzelte er, "vielleicht ist er ja doch nicht so ganz schlecht." Der daraufhin aufbrausende Gesang war dann tatsächlich vollkommen mitleidslos. Deswegen konnte sich Julian dann auch einen vergleichsweise wütenden Abschluss leisten. Der letzte Track war eine Abrechnung mit der paranoide Scheinheiligkeit und die verquere Realitätsbeugung besorgter Rechts- und Neidbürger und spießbürgerlichen Xenophoben, die er augenzwinkernd mit den Worten "Deutschland hat's verdient", präsentierte.

Die eigentliche Show von Steiner & Madlaina begann dann noch relativ konventionell mit dem Song "Riot". Dann aber griff das Konzept, mit deutschsprachigen Songs das Publikum zu animieren mitzumachen. Als Madlaina vom Piano aufstand und sich mit der Akustikgitarre zu Nora gesellte, gab es kein Halten mehr. Bei "Ich werd nie gehn" stieg der Publikumschor nämlich mit einer solchen Inbrunst ein, dass Steiner & Madlaina ihrer Rolle als Vokalistinnen sozusagen enthoben wurden. "Entschuldigt bitte, dass ich gerade aufgehört habe zu singen", meine Madlaina danach, "aber ich war gerade total geflasht." Und zwar von der Begeisterung des Publikums, das die Mädels im Folgenden auf einer Welle der Euphorie vor sich hin trug. Daran konnten auch technische Probleme und der Umstand, dass in dem kleinen Club kaum jemand sehen konnte, was da auf der Bühne passierte, nichts ändern. Nachdem zunächst defekte Kabel für Knackgeräusche gesorgt hatten, gab es im Folgenden Probleme mit einem Feedback an Noras Mikrofon - was zu einem ungeplanten Pieps- und Zisch-Check führte, um das Problem in den Griff zu bekommen. "Tut mir Leid, dass es dazu kommen musste", entschuldigte sich nun auch Nora, "aber das ist wenigstens lustig." Im Mittelteil der Show gab es dann einen Break, bei dem sich Steiner & Madlaina auf die ruhigeren und weniger lustigen Tracks ihres Oeuvres konzentrierten. Darunter ein Song auf Griechisch und ein neues Stück namens "So schön wie heute (... werden wir nie wieder)". Schließlich ging es dann wieder mit den Up-Tempo-Songs weiter (bzw. "Tanzliedern", wie die Damen das bezeichneten): Bei "Das schöne Leben" oder "Prost Hawaii" steigerte sich nicht nur das Publikum in eine Art Begeisterungstrance, sondern auch die Band schaltete in den Overdrive. Gitarrist Max Kämmerling etwa konnte kaum an sich halten und deutete immer wieder Hardrock-Songs oder Power-Chords an und lief dann ausgerechnet bei den Power-Balladen "Groß Geträumt" oder "Hometown" zu spaciger Grandezza auf. Was in dem Zusammenhang noch angemerkt werden sollte: "Steiner & Madlaina" rundeten das Programm ihrer Debüt-LP "Cheers" nicht etwa mit Coverversionen oder endlosen Live-Improvisationen ab, sondern spielten stattdessen wirklich alles, was sie bislang veröffentlicht hatten. Am Ende blieb da wahrlich kein Wunsch offen - was natürlich abschließend mit frenetischem Beifall belohnt wurde. "Wir sind anfangs immer gefragt worden, welches Publikum wir ansprechen würden", erklärte Madlaina in einer kurzen Jubelpause während des Konzertes, "damals mussten wir immer sagen 'keine Ahnung' - in Zukunft können wir dann ja 'Köln' sagen..."

Einen Tag später spielten Steiner & Madlaina einen weiteren Gig in Düsseldorf - Karnevals- und Fußballtechnisch gesehen der Konkurrenzstadt Kölns. In dem für solche Zwecke besser geeigneten Tube-Club gab es indes ein Konzert mit einer anderen Ausrichtung. Das lag nicht nur daran, dass statt Faber nun der ebenfalls mitgereiste Tobias Carshey den Support-Slot machte und die Band etwas weniger gut aufgelegt war als in Köln, sondern wohl auch daran, dass in Düsseldorf ein ganz anderes Publikum zugegen war. Die Herrschaften, die sich im Tube versammelt hatten, waren fast alle eine Generation älter als jene, die in Köln zugegen waren und vielleicht deswegen weniger selbstzündend aufgelegt. Dass in Düsseldorf eine andere Art von Publikum anwesend war, ist ja eigentlich kein schlechtes Zeichen - zeigt es doch, dass Steiner & Madlaina ein breites Spektrum ansprechen. Freilich führte das dazu, dass die Songs in Düsseldorf auch mit einer anderen Energie dargeboten wurden. Schon in Köln hatte sich gezeigt, dass die Band dazu tendiert, die Stücke im Gegensatz zu den Studioaufnahmen eher zu entschleunigen - und das setzte sich in Düsseldorf fort. Auch den ruhigeren Stücken wurde wieder breiter Raum gegeben. Tobias Carsheys eher atmosphärisch, meditativ und jazzig angelegten Folksongs boten dann auch kein Anheizer-Potential. Das bedeutete zwar nicht, dass das Publikum nicht begeisterungsfähig war - es bedurfte indes der diesbezüglichen Anleitung Noras. Ein besonderes Bonbon gab es dann noch zum Schluss, als zur Zugabe Tobias Carshey und Faber nochmals auf die Bühne gebeten wurden und dann alle zusammen unter der Leitung Fabers den alten Gassenhauer "Bella Ciao" vortrugen - wobei Drummer Leonardo Guadarrama schließlich bewies, dass man auch italienische Partisanen-Melodien mit punkiger Attitüde aufwerten kann - und nicht wie DJ Ötzi ins Lächerliche zu ziehen braucht.

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Surfempfehlung:
www.facebook.com/SteinerMadlaina
steinermadlaina.bandcamp.com
www.fabersingt.com
www.facebook.com/fabermusik
www.tobiascarshey.com
www.facebook.com/tobiascarshey
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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