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Chasing the Blues

Ida Mae
Lindgaard

Köln, Blue Shell
03.02.2019

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Ida Mae
Dass es sich bei Ida Mae nicht um eine Person, sondern um das Nachfolgeprojekt des höchst erfolgreichen Bluesrock-Outfits Kill It Kid handelt, hatte sich zum Glück unter den Fans herumgesprochen - obwohl Chris Turpin und Stephanie Jean bislang noch keine offiziellen Veröffentlichungen als Ida Mae zu verzeichnen haben. Insofern war es dann nicht so überraschend, dass das Kölner Blue Shell mit altgedienten Kill It Kid-Fans gut gefüllt war, als gegen kurz nach 21:00 Uhr das Kernduo der Berliner Band Lindgaard die Bühne betrat. Für einen Abend, der ziemlich eindeutig im Zeichen des Blues stand, war es dann schon ein wenig eigenartig, dass man hier als Support ein Projekt hinzugebucht hatte, das sich musikalisch vollständig vom Blues gelöst hat. Denn die Herren Lindgaard präsentierten ihre melancholischen Düsterballaden klanglich in eine Art New Wave-Setting mit Prog- bzw. Art-Pop Elementen (was hauptsächlich auf das Gitarreneffekt-Board in der Größe eines mittleren Postleitzahlenbereiches zurückzuführen war).
Es gab dann aber doch etwas, das Lindgaard mit Ida Mae zusammen brachte - und das war Theresa May. Denn die Jungs hatten einen Song im Gepäck, der im Refrain so lange auf dem Namen der britischen Premierministerin herumritt, dass sich Chris Turpin im Folgenden genötigt sah, sich bei dem Kölner Publikum für den Brexit zu entschuldigen. "Das ist so schlimm für uns, dass wir uns genötigt sahen, zu Trump in die USA auszuwandern", erklärte er etwa. Dazu muss man wissen, dass Chris Turpin und Stephanie Jean - die nun im Kern das Projekt Ida Mae ausmachen - für eine Zeit nach Nashville gezogen sind - nicht zuletzt, um im Süden der USA herumzureisen und die Quellen ihrer Musik zu ergründen.

Nachdem Kill it Kid auf Eis gelegt worden war, hatten Chris und Stephanie (die inzwischen verheiratet sind) nämlich beschlossen, jene Musik, die ihre Musik schon immer geprägt hatte, aus nächster Nähe zu studieren und dabei auch neues Material zu schreiben. Der Projektname "Ida Mae" entstammt dabei übrigens jenem Song von Sonny Terry und Brownie McGee, den Chris und Stephanie weiland als erstes gemeinsam einstudiert hatten. Inzwischen haben Chris und Stephanie - zusammen mit dem Produzenten Ethan Johns und dem Bassisten Nick Pini, der das Duo auch auf der aktuellen Tour begleitete - eine komplette Scheibe namens "Chasing Lights" eingespielt, deren Songs nun dem interessierten Fachpublikum erstmals live präsentiert wurden. Aufgrund von Schwierigkeiten vertraglicher Natur, bei der es darum ging, sich aus unvorteilhaften Deals lösen zu können und gleichzeitig ein neues Label zu finden, erscheint diese zwar erst im Juni dieses Jahres - jedoch gelang es Chris, Stephanie und Nick ohne weiteres, ein authentisches Bild dieser Aufnahmen auf der Bühne zu vermitteln. Das lag vor allen Dingen daran, dass diese Aufnahmen live im Studio eingespielt wurden und oft aus ersten oder zweiten Takes bestehen. Die ursprüngliche, rohe Energie, die vor allen Dingen Chris auf der Bühne nach wie vor verkörpert, konnte auf diese Weise nämlich am besten eingefangen werden. Obwohl es bei dem Projekt Ida Mae vor allen Dingen auf einen Rückbesinnung der ursprünglichen Werte des Blues geht und die Rock-Aspekte, die bei Kill It Kid zuletzt überhand genommen hatten, hinten angestellt wurden, handelt es sich bei Ida Mae-Konzerten nicht um lagerfeuerselige Folk-Veranstaltungen. Ida Mae spielen - dank Chris Turpin - nach wie vor scharfen, druckvollen elektrischen Blues. Dass dieser dabei auf akustischen Instrumenten vorgetragen wird (Nick Pini spielt einen Kontrabass und Chris eine Dobro und eine uralte Akustikgitarre, die sich "immer noch nicht an die Elektrizität gewohnt hat", wie er sagt), ist dabei kein Widerspruch: Die Dobro wählte Chris, weil Gitarren wie diese gerne auch von Ur-Bluesern eingesetzt wurde und weil die Unberechenbarkeit dieses Instrumentes keine Effekthaschereien und Schummeleien zulässt - einfach, weil es beim Blues vor allen Dingen um die Unmittelbarkeit und die Aufrichtigkeit gehe (und nicht um virtuose Spielereien). Zwar haben Ida Mae auch durchaus romantische Balladen im Gepäck - wie z.B. "Rightfully Honestly", das für ein für ein befreundetes Paar aus L.A. geschrieben wurde oder "Sweet Abandon" -, es sind jedoch die harten Blues-Nummern wie "Sick In Love" oder auch der Titeltrack des Albums, die zusammen mit wenigen ausgesuchten Coverversionen wie "I Shall Be Relased" oder "Boom Boom Boom" im Zentrum der Show stehen.

Faszinierend bei der ganzen Sache ist, dass bei aller Energie, die da von der Bühne strömt, keine Rock-Stimmung aufkommt. Das mag auch daran liegen, dass Chris seine Gitarren auf unübliche Weise attackiert - sei es mit oder ohne Bottleneck und oft fast perkussiv - und auch Nick Pinis Bass-Soli kommen ohne Rock-Klischees aus. Auch die Pop-Elemente, die bei Kill It Kid zuweilen im Zentrum standen, kommen nicht mehr zum Tragen - auch wenn die Gesangsharmonien von Chris und Stephanie zuweilen aus "normalen" Blues-Schemata ausbrechen. Das kommt auch daher, dass Chris und Stephanie als Songwriter bewusst keinen Wert darauf legen, klassische Blues-Themen in ihren Songs zu verarbeiten ("Ich kann keine Songs über Trucks schreiben" meint Chris hierzu), sondern in den Songs eher eine romantische, persönliche Note bevorzugen. Und obwohl kein Schlagzeug und keine Keyboards zum Einsatz kamen, fehlte bei dieser Show am Ende dann wirklich nichts - sodass die Sache zu einem idealen Showcase für das kommende Album "Chasing Lights" geriet.

Ida Mae
NACHGEHAKT BEI: IDA MAE

GL.de: Eine Frage, die wir uns natürlich nicht verkneifen können - zumal ihr ja jetzt ein Ehepaar seid und euch offensichtlich bestens versteht -, ist die, warum ihr Kill It Kid überhaupt gekillt habt?

Stephanie: Es gibt da viele Gründe. Aber wir waren in dieser Band, seit wir Jugendliche waren - für immerhin acht Jahre. Dabei sind wir immer lauter und lauter geworden - und das ist nicht, worum es am Anfang eigentlich ging. Dann haben wir geheiratet und wollten die Sache ein wenig runterfahren. Es hat sich einfach zu viel geändert.

Chris: Die Sache war auch die, dass man mit einer Band die Songs produktionstechnisch gut aufbauschen konnte. Man kommt dann mit Dingen durch, die man ansonsten selbst vielleicht nicht akzeptieren würde. Eine Gitarre und eine Stimme ist eigentlich alles, was es braucht.

GL.de: Ist das auch der Grund, wieder ganz zur Basis zurückzukehren und euch auf den Blues zu konzentrieren?

Chris: Muddy Waters hat es ja mal so ausgedrückt, dass der Blues im Wesentliche nichts anderes als ein Gefühl ist. Was ich am Blues immer so gemocht habe, ist, dass es die ehrlichste Art der Musik ist - speziell in der Weise, in der sie aufgenommen wurde: Schnell, live, mit einem Mikro in einem Raum - mit Inbrunst und Intimität. Worum es dann geht, ist dass jeder Blues-Künstler seinen eigenen Stil entwickelte - was mir immer gefiel. Ich meine, es gibt heute jede Menge Typen, die wie Stevie Ray Vaughn spielen oder die Joe Bonamassas Licks kopieren können - aber die Original-Interpreten von damals spielten alle auf ihre ureigene Art. Und das ist es, woran ich interessiert war: Einen eigenen Stil zu entwickeln.

GL.de: Das interessante ist ja, dass es beim ursprünglichen Blues ja nie um die Virtuosität geht - während im Blues heutzutage oft nur um endlose Soli zu gehen scheint.

Chris: Ganz genau. Was übrigens nicht heißt, dass die alten Sachen leicht zu spielen sind - eben weil es um einen ganz eigenen Stil ging. Und das war es, was mir wichtig war: Einen individuellen Stil zu entwickeln.

GL.de: Warum treten Chris & Stephanie jetzt als Duo auf?

Stephanie: Der Hauptgrund dafür ist, dass man so sehr viel mehr Kontrolle über alles hat, was man tut. Wir spielen jetzt auch schon zehn Jahre zusammen - und kennen uns demzufolge sehr gut. Wir können intuitiv Dinge im Set ändern und uns auf das Publikum einstellen und fühlen uns so viel freier.

Chris: Es ist auch in dynamischer Hinsicht sehr interessant, denn niemand weiß genau, was in der nächsten Sekunde passieren wird. Stephanie kann zum Glück meine Gedanken lesen und bekommt schnell mit, wenn ich mal eine Part doppelt so lang wie geplant spielen will. Das ist ein riesiger Bonus für uns, weil es enorm hilft, nicht immer in die gleichen Verhaltensmuster zu verfallen.

Stephanie: Das ist natürlich auch ein wenig beängstigend - speziell bei Festivals, wo das Publikum nicht immer das aufmerksamste ist.

GL.de: Wie findet man in einem eigentlich präzise definierten Genre denn seine eigene Identität als Gitarrist?

Chris: Ich werde des Öfteren auf meinen Gitarrenspiel angesprochen - womit ich nie gerechnet hatte. Ich liebe es nämlich, Gitarre zu spielen - wollte aber nie dieser Gitarrenheld sein. Ich hatte ein wenig Gitarrenunterricht als Kind - danach habe ich aber gar nicht mehr versucht, etwas auf der Gitarre zu lernen - außer mir alle möglichen Scheiben anzuhören. Ich spiele mit einem Plektrum am Daumen meiner rechten Hand und verwende das zum Spielen der Bassnoten zusammen mit der Fingerpicking-Technik. Das nennt man "Hybrid-Picking" - was ich aber gar nicht wusste, bevor mir das jemand Jahre später mal erklärte. Ich wollte einfach die Gitarre mehr wie ein Piano spielen. Das macht meinen Gitarrenstil im wesentlichen aus. Und ich plane nie etwas im Voraus - speziell nicht die Soli -, was schon ziemlich furchteinflößend sein kann, wenn man vor 3.000 Leuten spielt. Aber man muss sich ja irgendwie auch selbst herausfordern.

GL.de: Gibt es denn schon Pläne für die Zukunft?

Chris: Also erst mal müssen wir die Scheibe herausbringen. Eigentlich wollten jetzt schon wir eine EP fertig haben, um die Zwischenzeit überbrücken zu können - aber das geht in diesem Business manchmal erstaunlich langsam. Jetzt ist zumindest ja mal die Single "If You Don't Love Me" fertig. Aber um auf die Frage zurückzukommen: Ja, wir haben einen Plan für die Zukunft. Plan A, B, C - bis mindestens G... Wir haben schon Ideen für eine zweite Scheibe.

Stephanie: Es ist aber immer eine Mixtur aus Plänen und dem, was gerade passiert. Denn als Musiker weißt du ja nie, was als nächstes kommt.

GL.de: Nun, da würde ja eigentlich ein einziger Plan reichen - nämlich Plan B.

Chris: Ja, genau - darauf sollten wir uns einigen. Das ist Perfekt!

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Surfempfehlung:
idamaemusic.com
www.facebook.com/IDAMAEBAND
www.facebook.com/LindgaardCrew
www.youtube.com/watch?v=6E1aMUvmVJA
www.youtube.com/watch?v=LQFIC9I4ZXI
Text: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-


 
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