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Konzert-Bericht
 
Gesundheit!

Stella Donnelly
Sofia Bolt

Köln, Yuca Club
15.04.2019

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Stella Donelly
Warum die Australierin Stella Donnelly auf beinahe aufdringliche Weise ständig gut gelaunt ist, erklärte sie in etwa ja schon bei den Interviews zu ihrer Debüt-LP "Beware Of The Dogs", die es natürlich auch bei ihrem Konzert im Kölner Yuca-Club vorzustellen galt: Alle ihre negativen Gedanken und Energien - und nicht zuletzt die ganzen bösen Wörter, derentwegen ihr zeitlebens geraten wurde, sich den Mund doch mal mit Seife zu waschen (wie es auf dem Covermotiv dargestellt wird) - verarbeitet Stella in den Texten ihrer Songs, die damit auch einen hohen therapeutischen Stellenwert besitzen. Auf der Bühne - und im richtigen Leben - bleibt da dann natürlich genügend Kapazität für Spaß und Frohsinn pur.
Ganz so lustig wie Stella Donnelly ist die in Paris geborene und aufgewachsene und nun in L.A. residierende Sofia Bolt nicht drauf. Eher konzentriert und angespannt entflocht Sofia alleine jene komplexen, vertrackt strukturierten aber andererseits auch erstaunlich melodischen Artpop-Songs, die sich auf dem mit Unterstützung von u.a. Van Dyke Parks, der La Luz-Drummerin Marian Lipino und Angel Olsens Emily Elhaj eingespielten Debüt-Album "Waves" finden. Sofias Vortrag, der auf technischer Ebene absolut brillant und virtuos ausfiel, litt ein wenig unter der Unerbittlichkeit, mit der sie diesen dem strengen Sounddesign ihrer mit digitalen Effekten verfremdeten Gitarrenarbeit unterordnete. Freilich: Es war schon beeindruckend zu erleben, wie Sofia ihre hakeligen Riffs und Akkorde mit zuweilen atemberaubender Fingerfertigkeit zerpflückte und wieder zusammensetzte, mit einem Sampler in ungeahnte Höhen schraubte und dann mit orgiastischen Weltuntergangs-Gedröhne über die Klippen in den Abgrund schob. Dafür, dass das Ganze dann nicht im nihilistischen Wahnsinn verloren ging, sorgte dann der Umstand, dass Sofia allmählich auftaute und mit dem Publikum Kontakt aufnahm und nicht zuletzt am dann eher versöhnlichen Gesang Sofias, der dem Ganzen - trotz der desolaten Inhalte - versöhnliche feminine Vibes verpasste. Auf jeden Fall war das mal ein Support-Act, der aufhorchen ließ.
Dass Stella Donnelly - trotz aller charmanten Goofyness, die sie natürlich auch in Köln demonstrierte - musikalisch stets genau weiß, wo es lang geht, zeigte sich schon alleine an der Dramaturgie, mit der sie ihr Set im Yuca Club orchestriert hatte. So begann sie ihre Show nicht etwa mit den angesagten Up-Tempo-Nummern ihres Debütalbums - sondern mit "Grey", einem ihrer stärksten Songs, der freilich (wie auch der als Zugabe gespielte, letzte Track des Abends "Mechanical Bull") nur auf der EP "Thrush Metal" zu finden ist und den sie wie auch die folgenden Nummern bis hin zu ihrem prä-MeToo-Hit "Boys Will Be Boys" alleine bzw. mit Sidekick George spielte (der ihr Tags zuvor noch einen Haarschnitt verpasst hatte). "George und ich werden nun ein Liebeslied spielen", kündigte sie dann den Song "You Owe Me" an, "...also nicht füreinander, sondern für euch - sorry George." Die ironische Distanz ist Stella Donnelly schon seht wichtig - auch zu sich selbst. "'Allergies' ist der Break-Up Song zu dem Liebeslied 'Mosquito', den wir ja zuvor gespielt haben", erläuterte sie das betreffende Stück, "aber keine Angst: Ich habe den nicht gleich im Anschluss geschrieben. Ich habe mir schon zwei Wochen Zeit dafür gelassen." Freilich: es gibt nicht nur Liebes- oder Break-Up-Songs im Repertoire von Stella Donnelly. Der Titeltrack des Albums "Beware Of The Dogs" ist zum Beispiel als Protestsong gegen die politischen Verhältnisse im zeitgenössischen Australien zu verstehen und "Boys Will Be Boys" - ein Song, in dem es um sexuelle Übergriffe und falsch verstandene Rollenverhältnisse geht - ist schließlich schon zu ihrer Hymne geworden - auch wenn er (wie sie freimütig einräumte) noch vor der MeToo-Debatte in der relativen Sicherheit ihres eigenen Schlafzimmers entstanden sei. Eine politische Ikone freilich möchte Stella gar nicht sein. Ihr geht es einfach auch darum, die Fans mit ihrer seht speziellen Art von Humor zu unterhalten und dabei der Gravitas ihrer Texte durch humorige Wendungen und Formulierungen (zu denen auch Unmengen von mit charmanter Unschuldsmiene eingestreute Profanitäten und Four Letter Words gehören) die Schärfe zu nehmen. Ein weiteres Mittel das zu erreichen ist Stellas leicht unberechenbare stilistische Freiheit. So überraschte sie etwas dadurch, dass sie die balladeskeren Nummern mit einer geradezu jazzigen Leichtigkeit interpretierte und mittel wahrlich virtuosen Vokalakrobatik-Einlagen verzierte und sich auf der anderen Seite des Spektrums mit ihren E-Pop-Nummern (wie "fröhliche kleine Tanznummer namens "Die") hemmungslos dem musikalischen Hedonismus hingab - inklusive mit der Band einstudierten Nonsense-Choerographie und im Falle des abschließenden Tricks mit einer auf dem Rücken liegend gespielten Solo-Einlage.

Spontaneität ist bei all dem das oberste Gebot. Dazu gehört dann auch, dass ein Niesen einfach in den Song eingebaut wird - einschließlich eines nachfolgenden "Bless You". "Moment mal", ergänzte der schon erwähnte George, der gerade mittels einer App Deutsch zu lernen versucht, "wir sind ja in Deutschland - da muss ich ja 'Gesundheit' sagen!" Und dazu gehört auch, dass der Song "Mean To Me" ungeplant den Weg auf die Setlist fand, den sie bei ihrem ersten Besuch in Köln in der leeren Philharmonie aufgeführt hatte. Bei all dem vermittelten Stella und auch ihre Musiker den Eindruck, dass ihnen das bunte Treiben auf der Bühne auch wirklich Spaß machte - und nicht etwa irgendwie zwangsweise aufoktroyiert wirkte. Und dabei gelang Stella auch noch das Kunststück, dass das Ganze keineswegs zum Comedy Act verkam, sondern ganz im Zeichen ihrer brillanten Indie-Pop-Songs stand. Da könnte durchaus etwas draus werden!

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Surfempfehlung:
www.stelladonnelly.com
www.facebook.com/stellamusicband
sofiabolt.bandcamp.com
www.facebook.com/sofiaboltmusic
www.youtube.com/watch?v=0Q0t_dDKjyI
www.youtube.com/watch?v=uTWC2B60xkw
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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