Das Café Hallmackenreuther im Herzen des Belgischen Viertels von Köln entpuppt sich schnell als idealer Ort für das kurzfristig von zwei Freunden des Künstlers auf die Beine gestellte Gastspiel des 50-jährigen Amerikaners, schließlich passt der Vintage-Charme der Location perfekt zu Irions Liedern, in denen seine Indierock-Vergangenheit der 90er, seine Liebe für beatlesken 60s-Pop und seine Liebe zum Songwriting Neil Young'scher Prägung genauso widerhallen wie sein nicht erst seit seiner Heirat mit Woody-Enkelin Sarah Lee Guthrie allgegenwärtiger Draht zur Folk-Tradition der ganz alten Schule.
All das sorgt trotz nur einer Akustikgitarre (und bei zwei Songs einem Kurzweil-Keyboard) als Begleiter für viel Abwechslung, denn Irion hüpft mit viel Bedacht (und schönstem John-Lennon-Timbre) durch verschiedene Genres und Stimmungen, und hat einen Heidenspaß an gleich einer ganzen Reihe verheißungsvoller unveröffentlichter Lieder - so sehr, dass die Einleitung "Der nächste Song ist brandneu" zu einem unbeabsichtigten Running-Gag wird: Eine emotionsgeladene Hommage an seinen vor wenigen Wochen freiwillig aus dem Leben geschiedenen Kumpel Neal Casal (der auf "Driving Friend" Gitarre gespielt hatte) ist genauso darunter wie gemeinsam mit Jeff Tweedy und Jackson Browne (!) verfasste Songs und ein Ausblick auf das Filmprojekt "Stand Up That Mountain" über ein 14-jährige Aktivistin, die den Kampf gegen den illegalen Bergbau entlang des Appalachian Trails aufgenommen hat.
So spannt er den Bogen von seiner alten Heimat North Carolina über seinen Familiensitz in Massachusetts bis hin zu seiner zeitweisen Wirkungsstätte in Kalifornien und macht mit eingestreuten Coverversionen - "It's Only Love" von den Beatles und "Tonight" von der lange vergessenen Folk-Heroine Sibylle Baier - unterwegs sogar noch in Liverpool und Berlin halt: eine musikalische Weltreise in Spielfilmlänge! Das heimliche Highlight des Abends ist allerdings "Beach Haven Ain't My Home", Irions Vertonung eines alten Textes von Woody Guthrie, den der 1950 über seinen rassistischen und diskriminierenden New Yorker Miet-Tycoon verfasst hatte - Donald Trumps Vater Fred! "Das ist eine Geschichte, die kann man sich nicht ausdenken", sagt Irion treffend über die auch als "Old Man Trump" bekannte Nummer und macht aus der Vorlage eine waschechte Rock'n'Roll-Nummer, nachdem seine Tante Nora Guthrie, Verwalterin des riesigen Woody-Archivs, ihm mit auf den Weg gegeben hatte, dass daraus bitte "nicht so ein Kumbaya-Zeug" werden solle.