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Willy Tea Taylor

Krefeld, Kulturrampe
06.11.2019

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Willy Tea Taylor
"One of the most important American singer/songwriters of our time", sagt die Americana-Bibel No Depression über Willy Tea Taylor - und dass das nicht geflunkert ist, das beweist der grundsympathische Kalifornier an diesem Abend in der Krefelder Kulturrampe gleich zwei Stunden lang äußerst eindrucksvoll und hat dabei selbst so viel Spaß, dass er am Ende kaum aufhören will: "Ist euer Applaus ein langanhaltendes Dankeschön oder wollt ihr mehr hören?", fragt er nach der eigentlich letzten Zugabe und fügt augenzwinkernd an: "Wenn ich daheim spiele, kommt nie jemand, deshalb kenne ich mich mit den Gepflogenheiten nicht so aus." Zugegeben, auch in Krefeld bleibt das Publikum an diesem Mittwochabend überschaubar - für ein Fußballspiel hätte es nicht gereicht, selbst wenn Mr. Taylor mitgespielt hätte. Das jedoch stört an diesem Abend weder den Macher der Kulturrampe, der sich ganz besonders auf diesen Abend gefreut hat, noch den Protagonisten aus Amerika, der die Fremden vor der Bühne mit einem herzlichen "Hello friends!" begrüßt und das auch so meint.
Im makellosen Hinterwäldler-Dress - Latzhose, Wollmütze, Rauschebart - und nur bewaffnet mit seiner viersaitigen Martin-Tenorgitarre namens Beverly aus dem Jahr 1927 spielt Taylor fast zwei Dutzend sehnsüchtige Folksongs, die mal humorvoll, mal nachdenklich und manchmal einfach zum Weinen schön sind und von ihm ausführlich und oft mit einem ordentlichen Schuss Selbstironie eingeleitet werden. Dabei malt er fantasievolle Bilder von einem längst vergessen geglaubten Amerika des kleinen Mannes, erzählt Anekdoten aus seinem Leben als Spross eines Farmarbeiters ("Young When I Left Home", ein Song seines Bandprojekts The Good Luck Thrift Store Outfit) oder widmet mit "Wandering Star" einen Song seiner Mutter, denn "sie wäre glücklich, wenn sie wüsste, dass ich den Abend hier mit euch verbringe."

Gleich mehrfach bedankt er sich auch für die tatsächlich betont freundliche Atmosphäre im Saal (die nicht zuletzt der Begeisterung des Publikums für Taylors famose Performance geschuldet ist) und entschuldigt sich dafür, dass er Gänsehaut-Nummern wie das in Richtung Bob Dylan und Woody Guthrie deutende "Wrong Way To Run" mit geschlossenen Augen singt: "Ich bin nicht schüchtern oder so, ich muss einfach dorthin gehen, wo der Song ist." Genau das setzt er auch als Songschreiber um: Sensibel und mit dem Blick für das Besondere im Alltäglichen findet er seine Geschichten mitten im Leben, wenn er zwischen und in seinen Liedern von seinem 100-Seelen-Heimatort Oakdale erzählt, wo sich alles um Viehzucht, Rodeos und Baseball dreht und Alkohol ein willkommenes Mittel zur Realitätsflucht ist.

Doch auch wenn es in Taylors Liedern des Öfteren durchaus auch um geplatzte Träume geht, ist die musikalische Begleitung fast durchweg betont leichtfüßig, ja unbeschwert. Dass er auch anders kann, beweist er beim rabenschwarzen Traditional "Molly Rose", bei dem er von der ersten Zeile an fast sieben Minuten lang mit unfassbarer Intensität fesselt, nur um gleich danach mit dem ziemlich albernen "Instagram" die Social-Media-Gewohnheiten seiner besseren Hälfte aufs Korn zu nehmen und mit Zeilen wie "I used to be the one, we used to have fun, along came Instagram" sich selbst und die Zuschauer wieder auf andere Gedanken zu bringen.

Am Schluss erfüllt er - ein wenig verwundert, dass sich seine Gäste so gut mit seinem Oeuvre auskennen - mit den Songs "California", "Brand New Game" und "Bones" auch noch ausgiebig Wünsche, bevor er das Konzert sanft mit einem balladesken Ausblick auf sein neues Album ausklingen lässt, das er gleich im Anschluss an seine zweimonatige Mammuttournee kreuz und quer durch Europa in Angriff nehmen will, und dabei ein letztes Mal all das einsetzt, was ihn seit jeher auszeichnet: sein schwer in Worte zu fassendes Charisma, seine unbedingte Authentizität - und ohne Ende Herzblut.

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Surfempfehlung:
willyteataylor.com
www.facebook.com/willyteataylor
Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-


 
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