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Konzert-Bericht
 
Drei Geburtstage und eine Hochzeit

Steve Wynn

Groningen, Vera
19.03.2003

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Steve Wynn + The Miracle Three
Wer sich den Luxus erlauben kann und sich für so was interessiert, der sollte eigentlich bei Steve Wynn-Shows bereits beim Soundcheck anwesend sein. Dort gibt es nämlich für gewöhnlich einige Schmankerl - Stücke, die selten gespielt werden, Neues oder Cover-Versionen - mit denen sich Steve und seine Band auf die Soundanlage einschießen. In diesem Falle waren das "Still Holding On To You" von der zweiten Dream Syndicate-Scheibe und "Charcoal Sunset" vom neuen Album "Static Transmission" (gar in zwei verschiedenen Versionen). Das steckte im übrigen auch das Programm ab, das dann bei der Show am Abend gegeben wurde: Ganz alte Sachen und ganz neue und nur ganz wenig aus dem "Mittelfeld".
"Still Holding" schaffte es sogar fast bis auf die offizielle Setlist, die - wie immer - mit strenger Hand verwaltet wurde von Linda Pitmon, der Drummerin und Freundin von Steve. "Du kannst doch nicht das erste Konzert der Tour zum neuen Album mit einem alten Stück beginnen", verwarf sie indes Steves Vorschlag, die Show mit dem besagten Track zu beginnen. So einigte man sich indes auf "Candy Machine" von "Static". Steve und seine Gesellen hatten 48 Stunden nicht geschlafen. Nach fünf "Aufwärmkonzerten" beim SXSW-Festival in Austin, Texas, hatte es gleich geheißen: Koffer packen und ab dafür. Insofern hätte es keineswegs verwundert, wenn sie das Konzert mit dem - ebenfalls neuen - Stück "Amphetamine" (so etwas wie ein neues "Days Of Wine & Roses") begonnen hätten; dieses gab es indes als letzten Track des Sets. Bei Steves Konzerten ist eben nichts vorhersehbar und logisch. Gerade das macht aber den Reiz aus und hilft den Musikanten auch nonchalant mit Problemfällen umzugehen, die andere Bands in die Weinkrämpfe trieben: Bei einem prächtig rockenden "Southern California Line" etwa rissen unisono die Saiten auf Steves Gitarre und der des wackeren Jason Victor, seines Zeichens nunmehr voll ausgereifter Lead Gitarrist der Miracle Three. Nicht nur das: Steves Verstärker fiel ebenfalls aus. Kurzerhand wurde das Programm umgestellt und mit den ersten Akkorden von "Boston" eröffnete Steve den akustischen Teil des Abends, bei dem alle mitsingen durften und Linda mit Maracas und Tambourine mit zur Bühnenfront migrierte und dort ihr Scherflein beigab. "Mit dieser Band zu spielen hat etwas magisches", sagte Steve vor der Show. Und in der Tat klangen die Miracle Three so, als haben sie immer schon in dieser Form zusammen gespielt. Dabei war dies ein langer Weg bis hier hin: Bassist Dave DeCastro, im richtigen Leben Dachdecker, musste bei der vorletzten Tour berufsbedingt aussetzen und Gitarrist Jason Victor wurde langfristig zum jetzt vollkommen integrierten und selbstsicher agierenden Lead-Gitarristen aufgebaut. Steve ist selber ja alles andere als ein schlechter Gitarrist, beschränkt sich aber auf dieser Tour offensichtlich vollkommen auf den Rhythmus-Part. Bei diesem ersten Konzert ging es darum - so Steve - sich warmzuspielen und Dinge auszuprobieren. Vielleicht gab es deswegen so viele lange Stücke, die Gelegenheit boten, das Zusammenspiel zu üben. Neben "Amphetamine", "Melting In The Dark" und natürlich "Roses" gab es z.B. noch ein ausuferndes "John Coltrane Stereo Blues", das allen offensichtlich viel Spaß bereitete. Daneben waren es vor allen die Tracks des neuen Albums die - und das muss einem der Neid lassen - in den Live-Versionen noch mal einen Gutteil griffiger und energischer rüberkommen, als auf der eh nicht kraftlosen Scheibe. Es zeigte sich hier wieder einmal, dass Steve ein geborener Live-Musiker ist, denn eigentlich kann man nur im Live-Ambiente die neuen Stücke wie "California Style", "Ambassador Of Soul", oder "One Less Shining Star" so richtig verstehen und goutieren. Die mitgebrachten Keyboards blieben dieses Mal ausgeschaltet, was auch Sinn machte (sogar bei "What Comes After", der ungewöhnlich sanftmütigen Eröffnungsballade von "Static"). Denn dieses war wieder mal eine Steve-Medicine-Rock-Show. Mal sehen, wie lange er das noch durchhält. Denn nicht nur das Publikum wird langsam älter, auch sein Bassist mutmaßt bereits, dass dies langsam die letzte Tour sein könnte, auf der er noch mitmachen wird. Sehr schön wurde dieses Dilemma deutlich, als ein jüngerer Herr den Backstage-Raum betrat und meinte: "Hallo, ich komme aus Norwegen und habe noch nie von euch gehört. Ich soll aber das Konzert für meine Mutter mitschneiden, die ein großer Fan ist." Auch wenn dem Mann geholfen werden konnte und er dann sicherlich auch ein Fan wurde: Mittlerweile sind es die leicht Angegrauten, die die Majorität des Publikums stellen. Aber Steve hat uns ja versprochen, das Ding in dieser Form bis zum Schluss durchzuziehen und immer noch muss man sagen, dass Steve Wynn & Co. die Garanten für die beste Rock'n'Roll Live-Show der Welt sind - jedenfalls, wenn man auf intelligente, abwechslungsreiche und mit Empathie dargebrachte Songs steht. "Ich muss jetzt langsam Schluss machen, denn ich muss morgen früh noch auf eine Hochzeit", beendete Steve dann das recht kurzweilige Konzert und ergänzte noch, "hätte auch nicht gedacht, dass ich das mal auf der Bühne sagen würde." Hintergrund der Geschichte war der, dass nicht nur im Umfeld der Band drei Geburtstage zu begießen waren (darunter der des Meisters), sondern dass Steve am nächsten Morgen auch noch als Trauzeuge bei einem guten holländischen Freund vorsprechen musste. Aber man macht ja so eine Tour auch nicht zum Spaß.
PS: Bei den kommenden Shows wird teilweise Steves alter Weggefährte Chris Cacavas mit dabei sein - dann werden die Keyboards eingeschaltet. Versprochen!

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Surfempfehlung:
www.stevewynn.net
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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