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Konzert-Bericht
 
Vom Club zum Wohnzimmer

Julie Doiron
Herman Düne

München, Harry Klein
29.10.2003

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Julie Doiron
Als sich um 21:00 Uhr die ersten Gäste im Harry Klein einfanden, wurden die Musiker drinnen gerade mit dem Soundcheck fertig, dann war erst mal Abendessen angesagt und Julie Doiron verschwand samt der Supportband Herman Düne in die nächste Wirtschaft. Als dann gegen halb elf das Konzert losging, war das Publikum auf ein Häuflein von 25 angewachsen. Sehr schade einerseits, denn was folgen sollte war ein wirklich ganz großer Konzertabend in dem kleinen Venue, in dem jeden Mittwoch der legendäre Club2 residiert, auf der anderen Seite aber muss gesagt werden, dass der Auftritt auch an der intimen Atmosphäre gewann, die sich so entfalten konnte.
Herman Düne eröffnen den Abend mit ihrer äußerst sympathischen zwei Gitarren, zwei Stimmen, ein Schlagzeug Variante. Lou Barlow, die Mountain Goats, Pavement, Will Oldham, Smog, Cat Power, die Silver Jews und Moldy Peaches sind die Bezugspunkte, die sie selbst treffend für ihre Arbeit nennen, dazu noch ein bisschen Mo Tucker'sches Getrommel und der musikalische Rahmen ist abgesteckt. Die Band, die ursprünglich aus Schweden stammt, und mittlerweile in Paris ein neues Zuhause gefunden hat, besteht aus ziemlich kauzigen und einigermaßen besessenen Lofi-Jüngern, die - in vielfältige Sideprojekte verwickelt - unzählige, meist selbstverlegte Tonträger produzieren. Das Sammeln, Skizzieren und Improvisieren ist Daseinsform dieser Pilger und live kommen ihre zwischen zerbrechlich und durchgeknallt changierenden Songs wohl am besten zur Geltung. Der Sound ist wirklich hervorragend und man versteht auch in den lauteren Passagen jede Zeile.

Eigentlich hat Julie Doiron das Trio als Support mit auf die Tour genommen, aber spätestens seit sie zusammen bei einem Zwischenstopp in Paris an einem Tag 2/3 des neuen Julie Doiron-Albums aufgenommen haben, ist dieses Konzept obsolet geworden. Schon nach wenigen Songs wird Julie Doiron zu Julie Herman Düne und der Abend steuert auf einen ersten Höhepunkt zu. Bein hymnischen "Show Me the Roof" wird die gedachte Barriere zwischen Bühne und Zuschauerraum aufgehoben und der Club endgültig zum Wohnzimmer. Der Song wird von André Herman Düne an der Westerngitarre vorgetragen und besonders hübsch von einer mit Bottleneck gespielten Ukulele, einer mit dem Paukenklöppel zum singen gebrachten Säge und natürlich mehrstimmigem Gesang beim Refrain untermalt. Komplett unverstärkt und alles lauscht schweigend und begeistert.

Nach dem Set von Herman Düne und einer kurzen Pause besteigt Julie zunächst ganz alleine die Bühne. Eine ganze Weile interpretiert sie ihre melancholischen, verhalten optimistischen Songs mit einer Intensität und Unmittelbarkeit, die das Auditorium sofort in den Bann zieht und die ihr nicht ganz zu Unrecht ständig Vergleiche zu Chan Marshall alias Cat Power einbringt. Dann kommen wieder die musikalischen Freunde und mit ihnen etwas mehr Bewegung und Vielfalt auf die Bühne. Die zwei zusätzlichen Melodiegitarren bekommen dem introvertierten Material von Doiron gar nicht schlecht und alles nimmt eine Wendung hin zum Heiteren. Beim entzückenden "Snowfall In November" - einem weiteren Highligt, das unlängst auf der Split-LP mit Okkervil River erschienen ist - scheinen die Dünes Julie anfangs etwas an die Wand zu spielen, bis die selbst die Gangart und in das Idiom ihrer Indierock Tage mit Erics Trip wechselt. So erscheint der Song in ganz anderem Gewand und es wächst Vorfreude auf das gemeinsame Album und die Hoffnung, dass dort eine entsprechende Version zu finden sein wird. Als Zugabe gibt es wieder solo einige Songs aus den ganz frühen Tagen ihrer Singer-Songwriter-Karriere, dazu Anekdoten und Bekenntnisse. Irgendwann lässt Julie die Gitarre beiseite und singt ganz ohne Begleitung. Langanhaltender Aplaus aus wenigen aber umso eifrigeren Händen, dann reger Andrang am Verkaufstisch und freundliches Plaudern mit den Protagonisten des Abends, die den Zuhörer schließlich angerührt und voller Zuversicht in die feuchtkalte Nacht entlassen.

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Surfempfehlung:
www.juliedoiron.com
www.hermandune.com
Text: -Dirk Ducar-
Foto: -Dirk Ducar-


 
 

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