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Konzert-Bericht
 
Ein guter Herzinfarkt

Lambchop

Köln, Kantine
15.04.2004

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Lambchop
"Kurt, weißt du eigentlich, was aus dem Typen geworden ist, der versuchte, zu Fuß um die ganze Welt zu gehen?", fragt Keyboarder Tony Crow den emsig vor sich hinstimmenden Kurt Wagner, um eine Pause zu überbrücken. "Nein Tony, was denn?", fragt Kurt mit gespielter Neugier zurück. "Er ist ertrunken!", lautet die Antwort. Solcherart waren die Witze, mit denen Tony den autistischen Nimbus aufzubrechen suchte, der Lambchop-Konzerten aufgrund ihrer introvertierten musikalischen Intensität manchmal vorauseilt. Dabei wäre das dieses Mal doch gar nicht notwendig gewesen. Zwar ist aus Orchesterleiter Kurt Wagner immer noch kein Stand-Up-Comedian geworden, aber bei insgesamt 13 Musikanten auf der Bühne (darunter das liebreizende Streichquartett Dafo aus Krakau) gab's immer etwas zu sehen oder zu hören.
Doch Tony gab nicht auf. Neben weiteren Witzen der o.a. Art animierte er z.B. Gitarrist William Tyler, sein Kunststück "die fliegende Hand" vorzuführen oder er bat Kurt zu erklären, wie sich denn ein Herzinfarkt anfühlt (den dieser kurz zuvor auf eine gute Art und Weise erlitten hatte, wie er lakonisch meinte). Doch ganz nebenbei gab's auch noch Musik in der gut gefüllten Kantine - und zwar nicht zu knapp. Nach einer Kopfkunst-lastigen Einleitung mit einem Stück des Neumusik-Komponisten Krzysztof Penderecki durch das besagte Dafo-Quartett begann die Show - wie nicht anders zu erwarten - in äußerst angenehmer Lautstärke ruhig, einschmeichelnd und gelassen. Allerdings mit "The Book I Haven't Read" von "Nixon" - einem der wenigen Tracks, die nicht vom neuen Zweifach Album "Aw C'mon" / "No You C'mon" stammten. Denn selbstredend ließ Kurt es sich nicht nehmen, das neue Magnum Opus zum Zentrum des aktuellen Tour-Repertoires zu machen. Das machte auch Sinn, denn die beiden neuen CDs stellen ja mit das Geschlossenste dar, was Lambchop bislang vorgelegt haben. Neben dem bereits mehrfach erwähnten Streichquartett hatte Kurt noch einen zweiten Gitarristen mitgebracht sowie John Marx, der rechts außen mit einer kleinen elektronischen Höllenmaschine den Noisemaster gab und lustige - je nach Zweck - blubbernde oder epische Geräuschwolken aufbauschte. Das funktionierte im Kontext erstaunlich gut und verkam niemals zum bloßen Gimmick. Natürlich waren es aber die Mädels vom Dafo, die dem Abend letztlich die besondere Note verliehen. Die Streicherarrangements stellten - in Kombination mit Tony Crows Pianospiel genau das richtige Element dar, um über die ganze Laufzeit der fast zweistündigen Show zu faszinieren. Sei es nun die stärkere Betonung eh schon vorhandener Ideen (z.B. das Outro von "Nothing But A Blur From A Bullet Train") oder auch das allgemeine Interagieren mit den anderen Musikern. Verglichen mit anderen Projekten dieser Art (Tindersticks, Walkabouts) waren die Streicher stets integraler Bestandteil des Ganzen. Ein Beispiel hierfür war z.B. die Zugabe - eine hinreißend pulsierende Version von "Up With People" -, bei der die Damen durch die Tonabnehmer ihrer Streichinstrumente den Chorgesang übernahmen. Da muss man erst mal drauf kommen. Schade nur, dass die Dafos hinter Tony Crows raumgreifenden Flügel nahezu versteckt angeordnet waren und somit Großteils aus dem Verborgenen heraus agierten. Ansonsten durfte dieses Mal neben Kurt vor allen Dingen Gitarrist William Tyler brillieren, der - wie von ihm vorab angekündigt - mehr ins Zentrum gerückt war und sich als dem Songmaterial äußerst dienlicher, atmosphärischer Gitarrist erwies. Die rhythmischen Akzente gingen bei dieser Show zudem tatsächlich weniger von der (im Gegensatz zu früher) recht solide aufspielenden Rhythmusgruppe aus, sondern von Tyler, der obendrein auch die dynamischen Akzente setzte und bei den wenigen Rockstücken wie "The Gusher" ordentlich Druck machte. Darüber hinaus zaubert er mittels eines Walkmans und der damit erzeugten Rückkoppelungen geradezu lyrische Soundwände hin. Gegenüber früher ein wenig unauffällig verhielt sich hingegen Gitarristin Deanna Varagona, die nur bei einem Track zum Saxophon griff und sich ansonsten auf die akustische Gitarre und Harmoniegesang beschränkte. Trotz allem bildete Kurt Wagner als Chef de Rang, der mit seinem Trademark-Käppi indes nach wie vor eher wie ein Tankwart aussieht, der auf den nächsten Kunden wartet, den Mittelpunkt des Geschehens.

Auch hier gilt nach wie vor: Ein regelrechter Sänger ist Kurt Wagner immer noch nicht, aber die richtige Umgebung vorausgesetzt - und die war hier zweifelsohne vorhanden - kann der Mann doch tatsächlich so etwas wie Magie verströmen. Besonders dann, wenn er sich, wie z.B. bei exaltierten Tracks wie "Nothing Adventurous Please" so richtig gehen ließ (Hier erlitt er auch den wohltuenden Herzinfarkt). Am schönsten funktionierte die Lambchop-Maschinerie bei dieser Show indes immer dann, wenn genau das geboten wurde, was man eben an dieser Band so schätzt: Soulig / bluesige Balladen mit schwelgerischem Touch und ein wenig wehmütiger Opulenz (wozu sich die Strings natürlich bestens eigneten). Mehr noch als auf dem Tonträger ging in diesem Umfeld Kurts Konzept auf, das neue Material als Bandprojekt zu präsentieren. Ein besonderes Lob galt noch der Setlist. Anstatt - wie auf der CD - etwa denselben Fehler zu machen, und etwa zu 50% mit Instrumentals aufzuwarten, nutzte Kurt diese hier bloß, um - beginnend im Mittelteil - Akzente zu setzen. Z.B. indem er das verträumte "Cobweb Summer" von "Is A Woman" mittels eines sich orgiastisch steigernden Endes nahtlos in das Instrumental "Sunrise" übergehen ließ (das er für den Score des gleichnamigen Murnau-Film verfasst hatte). Das anschließende "I Haven't Heard A Word I Said", das mit einer witzig hingegrunzten A-Capella-Passage begann, läutete dann quasi den zweiten Teil der Show ein. Als das Konzert dann schließlich nach mehreren Zugaben mit einer ziemlich wüsten Cover-Version von "Get A Grip On Yourself" von den Stranglers zu Ende ging, blieb kein Auge mehr trocken: Denn besser gerockt als Kurt & Co. haben die Men in Black jedenfalls auch nicht.

Ach ja: Einen weiteren Witz von Tony Crow möchten wir keinesfalls vorenthalten: Da standen also diese beiden Statuen - ein Mann und eine Frau - seit Jahrhunderten an derselben Stelle. Da kam eine kleine Zauberfee vorbei und meinte: "Ihr seid jetzt für 15 Minuten lebendig und könnte tun und lassen, was ihr wollt." Die beiden Statuen verschwinden in einem Gebüsch, wo ein wilder Tumult anhebt und erscheinen nach 10 Minuten total verschwitzt und erschöpft wieder. "Was ist denn los, ihr habt noch 5 Minuten Zeit?", sagt die Fee verwundert. Daraufhin meint die Frauenstatue zu der Männerstatue: "Nun gut, dann hälst du jetzt den Kopf von der Taube fest und ich kacke drauf..."

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Surfempfehlung:
www.lambchop.net
lambchop.info
www.lambchopmusic.com
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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