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(Fast) alles wie letztes Jahr im Sommer

Immergut Festival

Neustrelitz, Bürgerseeweg
28.05.2004/ 29.05.2004

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Immergut Festival
Alle Jahre wieder ruft Deutschlands charmantestes Festival am letzten Wochenende im Mai nach Neustrelitz an die schöne Mecklenburger Seenplatte. 2004 nun ging das Festival des deutschen Indiepop zum fünften Mal über die Bühne. Auch diesmal hatte das Wetter mit strahlend blauem Himmel ein Einsehen, lediglich nachts wurde es den Festivalbesuchern in ihren Zelten vielleicht ein wenig zu kalt. So stand einem gelungenem Festival eigentlich nur die Tatsache entgegen, dass einer fehlte: Der kürzlich unerwartet verstorbene Rocco Clein, der wie kein anderer dieser Veranstaltung seit Beginn seinen Stempel aufgedrückt hatte, erwies sich als unersetzbar und wird wohl noch lange eine Lücke hinterlassen. Musikalisch hingegen hatten sich die Macher dieses sympathischen Festivals wieder nicht lumpen lassen. Neben dem traditionellen Schwerpunkt "Heimischer Indie-Pop" gab es diesmal auch ein verstärktes internationales Line-Up und mit Lali Puna versuchte man an die guten Erfahrungen mit Console im letzten Jahr anzuknüpfen und auch elektronischen Tönen ein Forum zu bieten.
Los ging's am Freitag kurz nach fünf mit dem jüngsten Künstler den das Immergut je gesehen hat. Roman Fischer, seines Zeichens Songwriterbegabung aus dem Süddeutschen, ist eben jene Herkunft gut anzuhören. Irgendwo zwischen Miles, Electric Club und dem Berliner Maximilian Hecker muss man Fischers Songs wohl ansiedeln. Und auch wenn das Zusammenspiel mit seiner Band phasenweise noch etwas holprig war, so darf man hier für die Zukunft doch Großes erwarten und Spaß gemacht hat es den Zuhörern allemal. Weiter ging es auf der Hauptbühne mit dem ersten internationalen Beitrag. Stars aus Kanada waren den meisten Festivalbesuchern wohl unbekannt, konnten jedoch mit ihren warmen, sanften Songs überzeugen. Ein wenig klang das Ganze nach The Postal Service ohne allerdings deren Klasse zu erreichen. Das erste Mal wild wurde es nun im Zelt. Marr aus Hamburg spielten ein energetisches Set und brachten den Boden der Zeltbühne gehörig zum wippen. Mancher fühlte sich sicherlich an den letztjährigen Auftritt von Robocop Kraus erinnert, auch wenn Marr nicht ganz an diese fulminante Leistung herankamen. Aber ein kleiner Höhepunkt war dieser Auftritt schon. Auf der Hauptbühne gab es nun Tigerbeat aus Hamburg zu sehen, denen der Ruf einer exzellenten Liveband vorauseilte. Die Show war auch durchaus gut, aber so richtig wollte der Funke nicht überspringen. Ähnliches gilt für Sometree, die danach auf der Zeltbühne aufspielten. Ihr fulminanter Auftritt beim vorletzten Immergut wird einigen noch in Erinnerung sein und an diesen Gig kamen sie diesmal nicht heran. Allenfalls solide konnte man ihre diesjährige Vorstellung nennen. Mit Tomte stand dann die Band auf der Bühne, die zum Immergut gehört wie das Fußballturnier oder der Badesee. Zwischenzeitlich vom Erfolg verwöhnt spielten Tomte ein "Nummer sicher-Set", dem ein paar alte Songs nicht geschadet hätten. Aber Spaß gemacht hat's trotzdem! Auf der Zeltbühne gab es nun Besuch aus Finnland zu bestaunen. Dem ein oder anderen dürften The Crash bereits mal als Vorgruppe von Eskobar aufgefallen sein, aber spätestens mit dem eBay-Werbehit "Star" dürfte sich herumgesprochen haben, wie großartig diese Band ist. Ihr Set bestand zu großen Teilen aus Songs der letzten Platte "Melodrama", aber auch ältere Stücke wie "Lauren Caught My Eye" wurden begeistert abgefeiert! Mit den Kanadiern von The Weakerthans standen danach nicht nur ein Höhepunkt des Festivals auf der großen Bühne, sondern die vielleicht netteste Band der Welt. Im Gegensatz zu ihren noch viel empfehlenswerteren Clubkonzerten gab es ein Rock-Set im Midtempobereich, das unglaublich viel Spaß gemacht hat. Die ruhigeren Stücke kamen evtl. etwas zu kurz, aber das lag sicherlich an zu wenig Zeit und der Größe der Bühne. Im Zelt spielten im Anschluss die wiederauferstandenen Österreicher von Naked Lunch, deren "Comeback"-CD ja überall sehr positiv besprochen wurde. Ihr Set war jedenfalls recht ruhig und ideal für diesen Zeltausklang geeignet. In Sachen Live-Musik beendet wurde dieser Freitag allerdings von einer weiteren kanadischen Band. Und an Broken Social Scene scheiden sich schon ein wenig die Geister. Während die einen mit der letzten Platte rein gar nix anfangen können, wurde sie in diversen Redaktionen von Intro bis Spex gehypt bis zum abwinken. Fakt war, dass sie live weitaus spannender klangen als auf Platte. Und aus diesem Grund auch einen würdigen Abschlussgig darstellten. Wer danach immer noch nicht die Nase von Musik voll hatte konnte übrigens bis in die Morgenstunden im Zelt tanzen.

Traditionell beginnt der zweite Tag des Immergut mit dem Immergutzocken-Fußballturnier oder alternativem Baden in einem der vielen Seen in der Umgebung von Neustrelitz. Oder man trödelt einfach ein wenig rum und schwupps beginnt gegen halb vier bereits die erste Band. Tiger Lou aus Schweden und Tele hatten die unliebsame Aufgabe, vor noch recht leeren Zuschauerreihen zu spielen. Voll war es dann aber im Zelt zum Auftritt der inzwischen in Berlin wohnenden Mecklenburger von Porous. Erstens hatten sie so eine Art Heimspiel und mit "Day My Friend" gerade ein fulminantes Album herausgebracht. Im roten Fußballdress stürmten die Jungs auf die Bühne und wenn sie auch beim Immergutzocken nicht zu den Siegern gehörten, so konnten sie doch musikalisch auf ganzer Linie überzeugen. Positiv soll auch der folgende Auftritt von Delbo aus Berlin erwähnt werden. Vor immer noch mäßig gefüllter Hauptbühne wusste das Trio mit seinem vetrakten Indierock zu überzeugen. Für manche folgte nun ein kleiner Höhepunkt der ganzen Veranstaltung. Wer sich beispielsweise in den letzten Jahren Immergut bereits an die Anwesenheit von Readymade gewöhnt hatte, musste dank Auflösung selbiger nun mit Sänger Zacs Nebenprojekt Tobacco Vorlieb nehmen. Zusammen mit Daniel Riedl (ex-Rekord, nun Darlo) gelang ein wunderbarer Auftritt, der zwar musikalisch mit Readymade wenig gemein hatte, aber dennoch im weiten Feld zwischen Indierock und Versatzstücken verschiedenster Musikstile voll zu begeistern wusste. Den nächsten Künstler auf der Hauptbühne verdankte man der Absage von Phantom Planet und der unbürokratischen Hilfe des Hamburger Labels Grand Hotel van Cleef.

Bernd Begemann, seines Zeichens Veteran der Hamburger Musikszene, die nebenbei bemerkt fast ohnehin vollzählig aus dem schönen Bad Salzuflen stammt, stellte zusammen mit seiner neuen Band Die Befreiung seine ebenfalls neue Platte vor. Wortgewand wie immer wickelte er das Publikum charmant um den Finger. Manchmal knapp am Kitsch vorbei, konnte er mit seinen neuen, besonders aber mit alten Songs wie "Judith mach deinen Abschluss", "Unten am Hafen" oder "Oh, St. Pauli" die Mehrzahl der Anwesenden erfreuen. Das hätten Phantom Planet nicht besser machen können. Auf der Nebenbühne folgten die Engländer Seafood, die eine energetische und wunderbare Show ablieferten. Leider war das Zelt nicht gut gefüllt, zu Unrecht jedenfalls fristet diese Band in Deutschland immer noch ein Schattendasein und den Machern des Immergut-Festival ist es zu danken, diese großartige Band trotz allem hier auftreten zu lassen. Mit den Hamburger Darlings von Kettcar betrat dann eine echte Konsens-Band die große Bühne. Man kennt ja eigentlich kaum jemanden, der sie richtig schlecht findet. Und der Auftritt der Herren Bustorff, Wiebusch & Co. war denn auch mehr als solide. Viele Hits, nette Ansagen und drei, vier neue Songs! Was will man mehr. Danke! Im letzten Jahr hatten die Macher des Immergut mit Console erstmals einen nennenswerten elektronischen Act verpflichtet und das kam allgemein gut an. Grund genug also auch dieses Jahr wieder eine Band einzuladen, bei der die Grenzen zwischen Gitarre und Elektronik verwischen. Lali Puna haben jüngst mit "Faking The Books" ein hochgelobtes Album veröffentlicht und passen eigentlich hervorragend in das übrige Line-Up. Und wie erwartet: Es funktioniert! Lali Puna liefern im Zelt einen unspektakulären, aber großartig stimmungsvollen Auftritt ab. Vor der Hauptbühne warten derweil die Massen, um einem der Headliner des Festivals zu lauschen. Für die einen ist es der große Adam Green, für die anderen die unbedeutendere Hälfte der Moldy Peaches. Letztere Sichtweise hat, insbesondere nach diesem Auftritt, einiges für sich! Adam Green spielt angetrunken wirkend seine Hits herunter und man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier jemand seinem Erfolg nicht gewachsen ist. Vom Charme einer Kimya Dawson, den man auf Moldy Peaches-Konzerten erleben konnte, ist das hier jedenfalls meilenweit entfernt. File under Totalausfall.

Glücklicherweise hielt der Abend aber noch zwei weitere Leckerbissen bereit. Seachange aus England rockten als letzter Act die Zeltbühne mit ihrem in den Neunzigern verhafteten Indierock. Besonders gefiel ihre Zugabe, ein wunderbar energetisches Cover von Bronski Beats 80er-Hymne "Smalltown Boy". Höhepunkt und Abschluss des Festivals zugleich war der Auftritt von The Notwist. Fünf Jahre hatten sich die Immergut-Macher bereits bemüht und diesmal hatte es tatsächlich geklappt. Schon leicht verfroren konnte man den angenehmen Klängen der Weilheimer Indie-Ikonen lauschen. Schöne neue Stücke und eigenwillige Versionen der Songs von "Neon Golden" gab es zuhauf. Ein würdiger Abschluss. Das Immergut hat auch 2004 seinem Ruf als sympathischstes Festival Deutschlands wieder alle Ehre gemacht und man wünscht den Machern und Besuchern, dass auch 2005 alles so schön bleibt wie es nun bereits fünfmal war. Gute Musik, faire Preise, gute Laune und Sonne satt.

Und wenn sich das Musikspektrum behutsam erweitert kann das dem Festival kaum schaden. Etwas mehr Elektronik, vielleicht eine Prise melodischen Punk und spannende ausländische Bands können dem Immergut nur nutzen. Wir freuen uns jedenfalls jetzt schon auf 2005 und können schon mal einen Tipp abgeben: Rechtzeitig Karten kaufen!

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Surfempfehlung:
www.immergutrocken.de
Text: -Carsten Wilhelm-
Foto: -Carsten Wilhelm-

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