NACHGEHAKT BEI: THE MYSTERINES
GL.de: Rein musikalisch - was also eure Vorlieben und möglichen Inspirationsquellen betrifft - seid ihr ja praktisch selbsterklärend. Und auch Lias Lyrics lassen ja an Eindeutigkeit kaum Wünsche offen. Was ist denn dann aber das Geheimnis der Mysterines?
Lia Metcalfe: Willst du das wirklich wissen? Das ist nichts, was du erzählt bekommst oder was du herausfinden könntest. Das ist etwas, was du im Inneren fühlst - aber nur, wenn du aus irgendwelchen Gründen plötzlich unser Soulmate bist. Oder sonst dann eben nicht.
GL.de: Wie findet man denn als Rockband heutzutage seine eigene Identität? Schließlich macht ihr ja nichts wirklich Neues, sondern müsst euch mit zig anderen Acts messen, die Ähnliches machen wie ihr.
Callum Thompson: Dessen muss man sich natürlich gewahr sein. Aber wir haben dann unser Ding gemacht und uns kollektiv entschieden, was funktioniert und was nicht. Songs zu schreiben ist wie eine große Unterhaltung für uns. Jeder trägt zur Unterhaltung bei und jeder hat auch eigene Ideen. Und wenn man das eine Weile macht, dann weiß man, was man beim nächsten Mal ändern muss oder in welche Richtung man gehen muss. Es ist ein Kreislauf von Ideen.
GL.de: Das heißt also, dass die Mysterines nicht etwa eine Frontfrau und ihre Musiker sind, sondern eine Band.
Lia: Ja, wir sind vier Gefährten.
Callum: Das ist aber lustig, dass du das sagst.
GL.de: Wieso ist das denn lustig?
Lia: Weil wir gar keine vier Gefährten sind.
GL.de: Sag mal Lia: Wieso sind eigentlich deine Texte so düster? Hat das mit den ganzen Krisen zu tun, mit denen wir uns zunehmend konfrontiert sehen - oder ist es deine Art, die Dinge von der dunklen Seite aus anzugehen?
Lia: Ich würde eher letzteres sagen.
GL.de: Würdest du dich denn eher als Optimistin, Realistin oder Pessimistin bezeichnen?
Lia: Ich bin sehr optimistisch - und überhaupt nicht pessimistisch.
GL.de: Heißt das, dass du all deine negativen Energien in deinen Songs verarbeitest und deshalb dein "richtiges Leben" als glückliche Person leben kannst?
Lia: Ja, ich denke schon. Ich habe darüber zwar noch nie richtig nachgedacht, aber vermutlich ist das so, was in meinem Geiste so vor sich geht.
GL.de: Woran mag das denn liegen?
Lia: Ich weiß auch nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich meine Seele an den Teufel verkauft habe.
GL.de: Gutes Stichwort: Wenn man mal drüber nachdenkt, dann könnten all eure Songs - nicht notwendigerweise musikalisch, aber inhaltlich - Blues-Songs sein.
Lia: Ja, das stimmt. Ich liebe liebe Skip James, Howlin' Wolf, Leadbelly, Blind Lemon, Jefferson. Ich liebe diese alten Blueser und habe mich auch intensiv mit denen beschäftigt - die sind eine große Inspiration für mich.
GL.de: Kennt ihr eigentlich unseren deutschen Ausdruck für die Art von Rock-unterlegter Blues-Musik, die ihr spielt? Wir nennen das "Kaputnik-Blues".
Lia (auf Deutsch): "Kaputnik-Blues"? Das ist sehr gut. Mit gefällt das.
GL.de: Worüber schreibst du denn überhaupt? Filme sind ja sicherlich eine große Inspirationsquelle für dich, oder?
Lia: Ja, genau. Ich liebe Filme. Wir schauen uns auch viele Filme gemeinsam an. Das ist eine große Inspirationsquelle für uns. Nicht nur visuell, sondern auch was die Sounds betrifft. Ich liebe z.B. Alejandro Jodorowksi. Er ist einer meiner Lieblings-Regisseure. Ich mag ihn sogar noch mehr als David Lynch, weil er mehr so auf der okkulten Seite ist und seine Kultur in seine Filme einbringt.
GL.de: Apropos Okkult: Blut und Tod gibt es ja auch auch in deinen Texten zu Hauf. Siehst du da auch einen gewissen Gospel-Aspekt in deinem Tun?
Lia: Auf jeden Fall - wenn du das heraus liest, dann stimmt das schon. Die nächsten Songs werden dann allerdings nicht mehr so offensichtlich sein - eher vage. Das liegt daran, dass ich heute eine andere Person bin als die, die die alten Songs geschrieben hat - und da verliert man manchmal die Verbindung zu den Inhalten, wenn sie zu spezifisch sind.
GL.de: Meinst du, dass du dann auf einer persönlichen Ebene vager sein willst?
Lia: Nein - auf der persönlichen Ebene vielleicht sogar konkreter, aber vager in Bezug auf Tod und Wut.
GL.de: Apropos Tod und Wut: Wie viel ist denn davon eher realtitätsgebunden und wie viel ist Phantasie?
Lia: Nun, alle Mordgeschichten sind natürlich wahr - und beim Rest weiß ich auch nicht so genau, woher der kommt. Ich meine: Man kann natürlich Narrativen hinter Metaphern verstecken. Das ist dann auch alles im Kontext der Performance zu sehen. Es gibt ja auch eine Menge Humor in unseren Songs. Ich denke, es ist eine normale Sache, auf der Bühne dann auch in eine Rolle zu schlüpfen. Ich kann ja nicht gut eine ganze Performance alleine auf dem basierend bringen, was mich auszeichnet.