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Ein Schuh reicht.

Mega Bog
Taz Chernill

Köln, Bumann & Sohn
22.11.2023

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Mega Bog
Das lange in Planung befindliche Konzert von Erin Birgy a.k.a. Mega Bog im Kölner Bumann & Sohn stand insofern unter keinem besonders guten Stern, als dass das brillante aktuelle Album "End Of Everything" bereits im Frühjahr erschienen war und obendrein soeben die Weihnachtsmärkte in Köln geöffnet hatten - und somit noch mehr blöde Argumente im Raum standen, gerade diese Show dann nicht zu besuchen. Sei es drum: Die Fans, die dann doch den Weg in den Club gefunden hatten, wurden mit einer seltenen, einzigartigen Performance belohnt.
Den Support machte das Wahlkölner Duo Taz Chernill und präsentierte aufs Wesentliche reduzierte, gut gelaunte, erstaunlich songorientierte und sogar club-taugliche Elektronik mit stark rhythmisch/perkussivem Einschlag. Das Interessante bei diesem Projekt - zumindest im Duo-Format - ist der Umstand, dass hier eigentlich unvereinbare Welten aufeinandertreffen. Die klassisch ausgebildete Frontfrau Taya Chernyshova und der Knöpfchen-drehende Roman Gorich führen die Zuhörer durch eine klangliche Wunderwelt in der slawische Folklore-Ästhetik auf der einen Seite, Kook-Pop in der Mitte und harte, elektronische Beats auf der anderen Seite die Eckpunkte setzen, zwischen denen sich insbesondere Taya performerisch austobt. Abgerundet mit charmanten Ansagen auf Pidgeon-Deutsch präsentierten Taz Chernill Songs über weglaufende Tränen, Busfahrer und traurige Themen, die sie selber für lustig halten - mal auf russisch, mal auf englisch, aber immer mit schriller Intensität unterlegt. Dabei machte Taya ordentlich Werbung für Mega Bog und bedankte sich überschwänglich für das Interesse des Publikums, das sich zu großen Teilen offensichtlich aus Freunden des Duos zusammensetzte. Da das Ganze aber auf gewisse Weise durchaus zu dem passte, was Erin Birgy im Folgenden mit ihrem Ensemble abbrannte, war das mal eine ganz angenehme Support-Act-Erfahrung.
Natürlich hätte niemand, der das eklektische Werk von Mega Bog kennt und schätzt erwartet, dass Erin Birgy auf dieser Tour einen pflegeleichten Greatest Hits-Showcase präsentieren würde. Dennoch war es schon ein wenig erstaunlich, dass die Gute dann die erste Hälfte der Show mit den sperrigsten Titeln ihres Ouevres in zudem dezidiert hakeligen Versionen eröffnete. Das mag aber auch damit zu tun gehabt haben, dass es Anfangs so dunkel war, dass Erin selbst darum bat, mehr Licht auf der Bühne zu bekommen. "Ich konnte gar nicht sehen, was ich gerade spielte", erzählte sie nach der Show, "so gut kenne ich meine Stücke auch nicht." Zunächst begann das Set, indem Erin - auf zappaesk daddelige Weise - Gitarre spielend mit einem Halsmikro singend über die Bühne mäanderte und dabei immer wieder in die Schatten tauchte und ihre Performance mit weit ausholenden, spontanen aber nicht immer erklärlichen Gesten unterlegte. Das interessante Set-Up des Keyboarders - der mit zwei getrennten Mikro-Synthies arbeitete und so erstaunliche Soundkombinationen hinbekam - ermöglichte es der Band dabei, die komplexen Arrangements der Studioproduktionen in gewisser Weise zu emulieren ohne sie zu reproduzieren. Hakelig und angeschrägt mochte das alles klingen - aber auch aufregend lebendig.

So richtig lebendig wurde die Sache dann aber erst, als Erin die Gitarre dann beiseite legte und die Disco-orientierten Dance-Tracks des aktuellen Albums - wie z.B. "Cactus People", "The Clown" und natürlich "Love Is" in Angriff nahm. Hier löste sich dann die Band auch vom psychedelisch aufgebohrten Atrock-Setting der ersten Show-Hälfte und ließ sich mit erstaunlich viel Verve mit endlosen Disco-Jam-Versionen der besagten Tracks so richtig gehen. Bei den Interviews zur neuen Scheibe hatte Erin freimütig eingeräumt, dass sie sich bei diesen Tracks von Disco-Pop-Nummern wie Haddaways "What Is Love" hatte inspirieren lassen - und das wurde dann im Bumann nochmal entsprechend verdeutlicht. Performerisch legte Erin noch mal einen Zacken zu und schrie sich - nachdem sie sich Halsspray und Kamillentee reingepfiffen hatte - mit schriller Energie die Seele aus dem Leib, während die Gesten und Moves immer hektischer wurden. Zuletzt zog sie sich einen Schuh aus, gestikulierte mit dem anderen in der Hand herum, hängte sich an den Vorhang, der den Backstage-Bereich markiert, versteckte sich auf dem Damen-WC und wagte den zuvor immer nur angedeuteten Schritt von der Bühne ins Auditorium, wo sie dann unter die inzwischen gut abhottenden Fans mischte - allerdings keinesfalls tanzend, sondern am Boden herumkrabbelnd, am Bühnenrand sitzend oder mit beschwörenden Gesten die Fans ansingend.

"Es gibt jetzt noch zwei Tracks und keine Zugabe", kündigte Erin nach knapp 50 Minuten bereits das Ende der Show an, "danach machen wir dann alle das, was wir am Besten können." Zwar gerieten dann auch die letzten Tracks ziemlich episch - aber nach einer knappen Stunde war dann tatsächlich Schluss. Angesichts dessen, wie sich Erin Birgy zuvor psychisch und physisch engagiert hatte, war das dann aber vielleicht auch erklärlich, denn als Performerin wirft Erin Birgy alles in die Waagschale, was sie zu bieten hat. Mehr wäre da vielleicht sogar ungesund - denn trotz musikalisch versöhnlicher Pop-Sounds legt Erin nach wie vor viel Wert darauf, sich mit ihren Lyrics sozusagen selbst zu sezieren. Die Antwort auf die Frage, warum sie das tut, kann vielleicht ihr Buch "The Practice Of Hell Ending" geben, das an diesem Tag auch feilgeboten wurde. Immerhin schien die neue musikalische Ausrichtung Erin beflügelt zu haben und so machte sie dann als - zugegebenermaßen überdrehte und schrille Disco-Queen auch eine gute Figur. Wer dann mal die Erin Birgy kennenlernen wollte, wie sie sich jenseits der Mega Bog-Persona gibt, der hatte gleich nach der Show Gelegenheit dazu, als sie ihr gesamtes Oeuvre beim Merch-Stand feilbot. Die aktuelle Scheibe verkaufte sie dabei übrigens komplett aus - was dafür zu sprechen scheint, dass die Fans das zuvor präsentierte Disco-Popstar-Image durchaus zu goutieren wussten.

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Surfempfehlung:
megabog.com
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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
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