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29.10.2010
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Steve Wynn + The Miracle 3 - Northern Aggression

Steve Wynn + The Miracle 3 - Northern Aggression
Blue Rose Records/Soulfood
Format: CD

Der zieht das Ding durch! Auch im 50. Jahr seines Bestehens weigert sich Steve Wynn dem Alter Tribut zu zollen und etwa langsam mit dem Blues-Spielen zu beginnen. Ganz im Gegenteil: Das neue Miracle 3-Album rockt wie keines zuvor - und zwar nicht nur dem (dem Bürgerkrieg entlehnten) Titel nach. Obwohl Steve doch jedes Mal versucht, den diesbezüglich optimalen Brocken hinzulegen, ist es schwer zu sagen, warum es ausgerechnet dieses Mal klappte. Steve und seine Musikanten zogen für die Aufnahmen jedenfalls nach Virginia und nicht nach Austin, Texas, wo die letzten drei Miracle 3-Alben entstanden - und das neue Material ist geradliniger als zuletzt gewohnt. Um es kurz zu machen: Über weite Strecken klingt das Album, als habe lediglich jemand ein Mikro in eine gut ausbalancierte Miracle 3-Live-Performance reingehalten. Damit ist nicht so sehr die Klangqualität gemeint (denn selbstredend wurde die Studiotechnik - inklusive diverser Effekte genutzt) - sondern die Art, in der da Steve und seine Band ungezwungen und locker miteinander umgehen.

Da stimmen die Vibes und eigentlich alle Musiker tun das, was sie auf der Bühne auch täten. Inklusive der kleinen Hakeleien, die auch Wynn-Konzerte auszeichnen. Sehr viel lebendiger und lebensnaher hätte man das nicht einfangen können. Daneben rockt die Scheibe, wie gesagt, an den entsprechenden Stellen ordentlich. Aber nicht nur: Es gibt auch Keyboards und akustische Gitarren. Und bei einem Song meint man gar die Doobie Brothers vor sich zu haben. Musikalisch leistet sich Steve einige Instant-Klassiker (wie etwa den Opener, "Resolution", der alles beinhaltet, was einen Wynn-Song auszeichnet) und zeigt insbesondere als Texter seine herausragende Stellung: Es gibt kaum einen anderen Lyriker im Rock-Business, der wie Steve mit einer Mischung aus Detailspezifika, Metaphern, Andeutungen, Namen, Szenarien und klassischem Storytelling den Hörer einerseits im Unklaren darüber lässt, worin es in den Songs GENAU geht - wohingegen deren Sinn auf der anderen Seite jedermann erfassen und nachvollziehen kann. Jetzt müssen wir nur noch rausfinden, warum er auf einigen Nummern ("Consider The Source") so richtig schlecht und neben der Spur singt. Da er so was normalerweise besser macht, muss das einen bestimmten Grund haben - mal sehen, was die Tour diesbezüglich bringt. Insgesamt ist dies aber schon eine Steve Wynn-Scheibe, wie man sie sich schon länger wieder ein Mal gewünscht hätte - und zeigt nach den Seitenprojekten Dragonbridge Orchestra, Baseball Project und Smack Dab wieder den "alten" Steve Wynn.



-Ullrich Maurer-


 

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