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08.05.2015
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Giant Sand - Heartbreak Pass

Giant Sand - Heartbreak Pass
New West/ADA/Warner Music
Format: CD

Giant Sand werden 30, und zum Geburtstag gibt's ein neues Album, auf dem Mastermind und Alt.Country-Lichtgestalt Howe Gelb sein Schaffen der letzten drei Jahrzehnte mit 15 neuen Songs zusammenfasst und verdichtet - unterstützt von vielen alten und neuen Mitstreitern der Band aus Arizona. Ähnlich wie bei der breitwandigen Country-Rock-Oper "Tucson" vor rund drei Jahren spannt Gelb auf "Heartbreak Pass" einen großen Bogen, bleibt dabei allerdings dennoch erfreulich bodenständig und gewohnt entspannt. Das Hauptaugenmerk liegt auf der bewährten Melange aus Roots und Country, mit Pedal Steel, Dobro und vereinzelten Mariachi-Momenten, wenngleich die Highlights die nachdenklicheren, beinahe solistischen Nummern sind, die wehmütigen Country-Balladen mit viel Wüstenstaub und Lebenserfahrung zwischen den Zeilen - schließlich ist Gelb mit fast 60 Jahren nun endlich so alt wie seine stets etwas brüchige, aber dennoch sonore Crooner-Stimme. Derweil sorgen das von elektronischen Klängen getragene "Transponder", das mit punkiger Stromgitarre gespielte "Hurtin' Habit" und der Late-Night-Jazz von "Gypsy Candle" für gelungene Kontrapunkte.

Gewissermaßen ist das Jubiläumsalbum damit "nur" eine Best-of-Platte mit neuen Liedern, aber eine wirklich gute, denn die Songs klingen dieses Mal weit weniger unfertig als auf vielen früheren Werken aus dem Hause Gelb. Die gefürchteten Spirenzchen, die lange Jahre das Markenzeichen von Giant Sand waren, gibt es hier nur am Rande. Seinen speziellen Humor offenbart Gelb dieses Mal vor allem in den Texten. So nennt er gleich den ersten Song "Heaventually", singt im Anschluss von Textnachrichten an Leslie Feist und kommt dabei zum Schluss, dass die Tage langsam, aber sicher zu einem Leonard Cohen-Medley werden, bevor er bei "Home Sweat Home" den Tourblues hat, denn selbst wenn er als Vielflieger Erste-Klasse-Upgrades auf Sitz 2B bekommt: "2B or not 2B - ain't home". Doch nicht nur dieser Song, das gesamte Album handelt laut Gelb davon, 30 Jahre lang zwei grundverschiedene Leben gleichzeitig gelebt zu haben, es handelt von der Unvereinbarkeit des vagabundierenden Musikerdaseins mit dem Wunsch nach Privatleben zu Hause bei der Familie.

Dass Gelb seine Wahl getroffen hat, zeigt allein der Blick auf die Aufnahmeorte der neuen Platte: Die 15 Songs entstanden in Deutschland, Belgien, Italien und den USA, mit Overdubs in Kroatien, auf Kreta und in Kanada, und wurden letztlich in England vollendet. Mit dabei war ein Who is who aus drei Jahrzehnten Bandgeschichte: Seine erste Ehefrau Paula Jean Brown und Drummer Winston Watson waren Mitstreiter (fast) der ersten Stunde, John Parish und Jason Lytle sind Weggefährten seit den späten 90ern und das (vorwiegend) dänische Personal der aktuellen Giant Sand-Livebesetzung steht für die Renaissance der letzten zehn Jahre. Dazu gesellen sich alte und neue Freunde wie Grant Lee Phillips, Maggie Björklund und Steve Shelley, bei zwei Songs ein kompletter Gospel-Chor, und sogar Hollands Eurovisions-Durchstarterin Ilse DeLange ist für ein Duett mit dabei, bevor ganz am Ende - auch das hat inzwischen Tradition - mit Gelbs zwölfjähriger Tochter Talula noch ein Familienmitglied beim herzergreifenden Schlussstück auftaucht. Das heißt "Forever And Always" und unterstreicht ein letztes Mal eindrucksvoll, dass Giant Sand in der Tat längst eine Band für die Ewigkeit geworden sind.



-Carsten Wohlfeld-


 

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