Das eigentlich erstaunliche am zweiten Album der Mainzerin Mine ist nicht so sehr der Umstand, dass ihr musikalisches Universum noch kunterbunter und elaborierter (und vor allen Dingen fülliger) ausgefallen ist, als auf ihrem im direkten Vergleich noch eher kammermusikalischen Debütalbum und dass ihr noch mehr erstaunliche, verblüffende und auf jeden Fall überraschende und unterhaltsame Textwendungen und Wortverdrehungen einfallen, sondern dass sie mit ihrem wirklich erstaunlichen Mix aus klassischem Kunstlied, E-Pop, (zunehmend) HipHop, Drum'n'Bass-Andeutungen und schlichter Popmusik überhaupt so einen Erfolg einfahren konnte. Denn eigentlich ist Mine für den Otto-Normalhörer ja viel zu eklektisch. Oder aber auch nicht: Mine scheint mit ihrem ungewöhnlichen Mix den Nerv der Zeit getroffen zu haben und eine Brücke zu schlagen zwischen anspruchsvoller Liedermacherkunst, jugendlicher Leichtfertigkeit, klassischem Handwerk, metaphorischer Poesie und ein wenig Agitation. Schön, dass sich so viel Wagemut auch heutzutage noch auszahlt. Das ist eine Art von deutschsprachiger Popmusik, die auch jene überzeugen dürfte, die der Sache ansonsten eher skeptisch gegenüber stehen.