Selten genug kommt es ja vor, dass jemand - mit überschaubarem technischen Aufwand - heutzutage noch zu einer eigenen musikalischen Identität finden kann. Sicher, es mag helfen, dass die junge Estin Maarja Nuut hier von einer musikalischen Tradition (der Folklore Estlands nämlich) zehren kann, die hierzulande nun wirklich nicht allgegenwärtig ist - dennoch erklärt es nicht hinreichend, was sie hier mit Stimme, Geige und diversen elektronischen Effekten zelebriert. Denn ihre abstrakten, avantgardistischen Klanginstallationen als Folk-Emulationen abstempeln zu wollen, wäre nun wirklich nicht möglich.

Nervöse Pizzicato-Stakkati, schrilles Violinengeschrammel oder strenge Minimal-Figuren werden hier zusammen mit lautmalerischen, nonverbalen oder estnischen Vocal-Mantras zu unerbittlichen Klangbergen aufgetürmt, die - trotz zuweilen eingeflochtener, kinderliedartiger Melodien - vor allen Dingen dezidiert monoton dahinmutieren. Das Fremde kommt dabei nicht nur durch die unbekannte Sprache, sondern auch die eigenwilligen Klangstrukturen zum Tragen. Das ganze ist in etwa wie der musikalische Gang durch eine Ausstellung mit Bildern, die noch nicht existieren zu sehen - was natürlich zunächst mal keinen Sinn zu machen scheint, was aber am Ende dann doch irgendwie funktioniert; vorausgesetzt man lässt sich als Zuhörer auf diesen Flow ein.