Eine neue EOC-Scheibe ist immer so etwas wie ein paar neuer Laufschuhe: Man weiß ungefähr, was einen erwartet - es fühlt sich aber doch immer wieder frisch und unverbraucht an. Seit dem letzten Werk, "Romantik" sind einige Jahre ins Land gegangen, die Sven Regener dazu nutzte, weiter an seiner Herr Lehmann-Saga zu feilen - was sich aber auf "Mittelpunkt" nicht niederschlägt. Im Prinzip reiht sich "Mittelpunkt" nahtlos und logisch an "Romantik". Die neue Scheibe ist simpler geraten, denn EOC haben sich verkleinert. Nachdem Bassist Krischan Hartje aus persönlichen Gründen ausstieg, übernahm der langjährige Kumpan Gary Young diese Aufgabe. Young spielt nicht nur sparsamer als Krischan, sondern er hat obendrein wohl auch keine Zeit mehr für Computerfrickeleien. Und die Beschränkung alleine auf Jakob Iljas Gitarrenkünste (die eh immer auszureichen schienen) tut natürlich ein weiteres, das Gesamtbild zu vereinheitlichen und stromlinienförmig zu gestalten. Nicht, dass es zum Schaden geriete: Die zuweilen mit den üblichen Streichersätzen, ein wenig Trompete und Akkordeon sowie einer Portion "Winnetou-Soundtrack-Ästhetik" (Zitat Regener) angereicherten, herbstmelancholischen Melodien bilden wieder eine solide Basis für Svens hochmotivierte Gebrauchslyrik vom Schlage: "Erst wenn alles scheißegal ist, macht das Leben wieder Spaß". Dass der Mann mit seiner lakonischen Art darüber hinaus alles daransetzt, mit dieser Scheibe gesangstechnisch der großen Hilde Knef ein Denkmal zu setzen, rundet die Sache tatsächlich ab. Insgesamt ist das ein schönes, ausgewogenes EOC-Album mit wenigen großen Überraschungen aber vielen sehr guten Stücken geworden. Der Mittelpunkt der Welt liegt übrigens wohl in Delmenhorst. Wer hätte das gedacht?