Auch in Kanada kann man Elektro-Pop. Nun ja - fast jedenfalls, denn mit der allgemein üblichen Ästhetik des E-Pop haben Corin Roddick und Megan James gar nicht mal so viel zu tun, da sie ihre ganz eigene Klang-Domäne kreiert haben. Die Musik besteht aus wabernden Klangwänden, zwitschernden Synthie-Impulsen und einem klappernden, zischenden Breakbeat im Drum'n'Bass-Stil. Alles wird dabei aber ständig variiert und vor allen Dingen gebrochen - und letztlich ziemlich spröde dargeboten, so dass das Ganze für die Tanzfläche schon mal eher problematisch erscheint (vor allen weil es keinen durchgängigen Beat oder erkennbare Bassläufe gibt). Dazwischen schwebt die Stimme von Megan James und sucht sich innerhalb der komplexen, aber losen Strukturen erstaunlich erfolgreich ihren Weg zum Popsong, durchaus inklusive melodischer Aspekte. Der wiederum konterkariert wird durch das Fehlen klassischer Strophe/Refrain-Strukturen und vor allen durch die merkwürdigen, philosophischen Lyrics mit lautmalerisch geprägten Bildern, die gekrönt werden von eigenartigen Wortgeschöpfen wie "Ungirthed", "Fineshrines", "Cartographist", "Belispeak", "Obedear" oder "Lofticries", die auch die Titel der Songs ausmachen, durchaus aber auch in den Texten verwendet werden.

Das alles verquickt sich im Endergebnis zu einer transparenten Klangwolke, die dann wieder ganz gut zu den Assoziationen passt, die man gemeinhin dem 4AD-Label entgegenbringt. Das ergibt dann eine Elektronik-Scheibe, die ausnahmsweise mal nicht Retro klingt und trotz aller klangtechnischen und strukturellen Experimente songorientiert rüberkommt. Abgerundet wird das alles durch eine ausgeklügelte Bühnenshow und ästhetisch anspruchsvoll aufbereitete Videos. Purity Ring erscheinen deswegen interessant, weil sie sich mit spielerischer Leichtigkeit den Möglichkeiten moderner Medien hingeben und dabei einen eigenen Weg gefunden haben.