Viele junge Künstler tun sich ja schwer mit ihrem zweiten Album - meistens deswegen, weil sie versuchen, in kurzer Zeit einen Gegenpol zu dem Material zu kreieren, für das sie vorher ihr ganzes Leben Zeit gehabt hatten. Lucy Rose geht einen ganz anderen Weg: Nachdem das Label zunächst versucht hatte, sie mit Songwriter-Kollegen zwangszuverheiraten (wie das insbesondere in den USA gerne gemacht wird), um mehr kommerzielles Potential aus Lucys Folksongs herauszuholen, merkte sie selbst, dass das nicht ihr Ding ist und dass sie das schließlich auch ganz gut alleine hinbekommen könne. Und somit beschloss sie, ihre Musik schlicht und einfach mit den Mitteln der Computertechnik weiterzuentwickeln, bastelte sich Beatmaker-Loops zusammen und gab ihren Songs allgemein einen poppigen Drive.

Dennoch ist nach wie vor herauszuhören, wo eigentlich Lucys Wurzeln liegen. Und so sind auch die neuen Songs codierte Momentaufnahmen aus Lucys Leben, die auch als simple Folksongs nach wie vor funktionieren. Das mit den codierten Momentaufnahmen ist dabei so zu verstehen, dass die einzelnen Tracks konkrete Landmarken enthalten (etwa "Nebraska" oder gar "Köln"), die dann im Folgenden aber nur als metaphorische Ausgangspunkte für Persönliches hergenommen werden. Das ist legitim, denn Lucy sagt ja selbst, dass man sie gar nicht bis ins letzte verstehen muss, sondern ihr auch einfach nur zuhören kann. Das ist bei diesem Album nun - dank des neuen akustischen Settings - sowieso recht einfach. Mit diesem Schritt geht Lucy Rose jedenfalls als Künstlerin durchaus in die richtige Richtung: Sie entwickelt sich lieber weiter, anstatt sich zu bemühen Erwartungshaltungen (auch eigene) zu bedienen.