Schenkt man der aktuellen Bio Wallis Birds Glauben, dann entstand das neue Album aus dem Gefühl der Wut (und Ohnmacht) den politischen und sozialen Unbilden unserer ständig wirrer werdenden Zeiten gegenüber heraus. Das widerspricht ein wenig dem, was Wallis bei den Testkonzerten für ihre anstehende Herbst-Tour erzählte, die sie im Sommer in den USA absolvierte. Der Titel des Albums - "Woman" - ist dabei trotz der ikonischen Kraft des Wortes weniger ein politisches, als vielmehr ein persönliches Statement, denn - so Wallis - ihr sei jetzt klar geworden, dass sie als Mittdreißigerin nun endgültig zur Frau geworden sei und die Verantwortung für ihr Tun nicht mehr mit der Unbekümmertheit eines jungen Mädchens abgeben könne.

Und obwohl das neue Album rhythmisch wieder stärker akzentuiert ist als der Vorgänger "Home" und Wallis hier sogar mit Club- und klassischer Soul-Ästhetik flirtet, kommen die neuen Songs eher abgeklärt als wütend daher (auch wenn Wallis in dem fröhlichen Pop Song "That's What Life Is For" singt, dass sie eine "zornige Pazifistin" sei). Tatsächlich überzeugt Wallis auf der musikalischen Seite hier besonders dann, wenn sie Sachen akzentuiert, die man so von ihr kaum gewöhnt war - wie zum Beispiel, indem sie sich bei "Time Is Not Waiting" mit voller Hingabe einer klassischen Solo-Piano-Ballade widmet oder mit "Life Is Long" einen wunderhübsch pulsierenden Popsong hinlegt. Letztlich ist das Album "Woman" genauso vielschichtig, komplex, überraschend und unkonventionell wie seine Protagonistin.