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30.10.2000
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Everlast - Eat At Whitey's

Everlast - Eat At Whitey's
Eastwest
Format: CD

Der tagsüber dreckige, nachts leuchtstoffröhrengeschwängerte Imbiss am Rande der Strasse: Glaubt man der einschlägigen amerikanischen Filmkultur, so verbringt der durchschnittliche US-Bürger einen nicht unerheblichen Teil seines Lebens dort. Es wird nicht immer viel geredet, Zeit ist eine der Koordinaten, über die diese eigenartige Welt nicht einzuordnen ist. Es ist vielmehr ein Universum, dass sich definiert über seine wiederkehrenden Bewohner und deren Begleitung. Frust und Langeweile brodeln in vielen Köpfen, doch ist nicht hier der Ort der Tat, sondern handelt es sich eher zunächst um eine Art Relaisstation vor dem Weg nach oder von (zu-)Hause. In fortgeschrittenen Stadien gegebenenfalls sogar Umschlagplatz für Sex and Crime.

Everlast verlässt in seinem nunmehr dritten Album immer mehr die alten HipHop-Pfade zugunsten recht entspannter Gitarrenklänge. Dabei wäre, Nomen est Omen, gerade der Name seiner damalig recht erfolgreichen Truppe House Of Pain ('Jump Around') hier passend wie die berühmte Faust aufs Auge. Die Texte handeln hauptsächlich vom Weltschmerz, die Menschen ihresgleichen gegenseitig zufügen. Erzählt werden sie nicht nur aus der Sicht des Opfers, sondern wird auch durchaus in den Täter hineingeschaut. Verlassene Seelen, betrügende und betrogene Männer, Sehnsucht nach Andy Warhol's 15 Minutes of Fame.

Instrumentierung und Gesang sind meist recht sparsam und laid back, trotzdem jedoch immer eindringlich und prägnant. Man sieht förmlich den Löffel in der Kaffeetasse, den Blick nach draussen in die Weite oder zum Kartentelefon. Es klingt hier und da ein wenig nach JJ Cale, in den allerbesten Momenten schaut sogar Mr. Frank Zappa um die Ecke. Die Gästeliste ist bunt und verschieden. Ob Rahzel als Human Beatbox ('Childrens Story') oder die Brand New Heavy-Sängerin N'Dea Davenport ('Love For Real'), sogar die weibliche Stimme des Stones-Klassikers 'Gimme Shelter' ist am Start. Den Vogel aber schiesst ein weiteres mal jemand ganz anderes ab. Nimmt er sich in 'Babylon Feeling' noch dezent zurück, darf Carlos Santana dem abschliessenden Track seine ganz eigene Handschrift aufsetzen. Wie er dies tut, ist schlichtweg unnachahmlich und absolutes Highlight eines runden Albums.

Die Krone an den Poeten menschlicher Abgründe der Nacht ist auf Lebenszeit vergeben an Tom Waits, Everlast folgt seinem Weg derzeit im grellen Tageslicht. Diese Scheibe gehört zum Frühstück am Morgen danach...was immer es war.



-Michael Kellenbenz-



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