Mit chinesischen Punk-Bands verhält sich das in etwa so, wie (momentan noch) mit chinesischen Automobilen: Von außen aus sehen sie aus wie normale Vertreter ihrer Art, aber durch den TÜV kommen sie noch nicht so ohne Weiteres. Das ist sicherlich auch bei Joyside aus Peking so. Was nicht heißen soll, dass die Sache nicht ihren Charme hätte. Zunächst mal machen Joyside gar keinen Punk, sondern eher klassischen Indie-Gitarrenpop. Nur eben auch eine recht eigenartige Weise: Als Songwriter sind Joyside große Klasse und verstehen es, wirklich coole Tracks in die Welt zu setzen, die durchaus überzeugen können. Auch soundmäßig macht die Sache was her: Dass es sich hierbei um eine Underground-Aufnahme handelt, hört man der Scheibe wahrlich nicht an. Und letztlich gefällt die unbedarfte Art, in der die Jungs die (westliche!) Musikhistorie plündern und eine schräge Cover-Version von "Out Of Time" und noch schrägere Songtitel wie "My Eyes Pissed Again" in die Welt setzen. Rein spieltechnisch aber, und besonders was den Gesang betrifft, müssen Joyside noch tüchtig üben, bevor sie sich mit den Vorbildern messen können. (Wobei übrigens beim Gesang nicht die Schwierigkeiten mit der Sprache gemeint sind, sondern das Unvermögen, sich gegen die eigene Musik durchzusetzen.) Andererseits: Hierbei handelt es sich ja um Außenseiter jenseits des Establishments, die es geschafft haben, an der Leitlinie der Partei vorbei immerhin 100.000 Alben abzusetzen. Auch der Punk ist eben in China ein wenig größer als bei uns. Immerhin dient diese Scheibe also dazu, uns zumindest eine Ahnung davon zu vermitteln, dass auch im Reich der Mitte der Untergrund lebt. Und wer hätte das schon gedacht?