Sänge Johannes Oerding auf englisch, so würde sein Debüt "Erste Wahl" mühelos als perfekt arrangierte, üppig orchestrierte, charmant altmodische Westcoast-Scheibe durchgehen. Als Sänger bei der Talentschmiede Soullounge erwarb sich Oerding Meriten als wandlungsfähiger Allrounder, der jede Aufgabe mit Bravour löste. Nun springt er als Songwriter in die Bresche der deutschssprachigen Pop-Musik. Ein wenig ist das auch das Problem, denn Oerdings Anliegen ist es vor allen Dingen, dass man ihm zuhört - wie er selbst sagt. Nun hat er aber nicht wirklich etwas zu sagen, was von allgemeinem Interesse wäre. Dass sich die Zeiten ändern oder dass man alleine ist, wenn man verlassen wird, sind ja nicht wirklich Erkenntnisse, auf die die Welt gewartet hat. Schlimmer noch: Oerding erzählt immer solche Dinge, begründet diese aber nicht oder sagt z.B. welche Konsequenzen sie haben. So funktioniert persönlich gefärbtes, emotionales Storytelling natürlich nicht wirklich. Musikalisch kann man der Scheibe schlicht nichts vorwerfen: Da sitzt wirklich bis in jeden Viertelton perfekt und solch schillernde und vielseitige Arrangements sucht man hierzulande ansonsten vergeblich. Betrachten wir diese Scheibe also ein Mal als klassisches zweischneidiges Schwert mit Form und Inhalt auf den beiden Seiten. Da muss einfach noch zusammenwachsen, was zusammen gehört!