Selbst unter ihren zahlreichen kreativen Kolleginnen nimmt die norwegische Songwriterin Susanne Sundfør eine Ausnahmestellung ein - denn obwohl sie durchaus die oft bemühte skandinavische Melancholie bedient, steht sie musikalisch mit ihrer Elektronik-Noir-Pop-Variante doch ziemlich einzigartig da. War das höchst erfolgreiche Vorgänderwerk "The Brothel" noch eine rabenschwarze Nachtschattenmalerei, so trumpft Susanne auf dem neuen Werk mit aller Grandezza auf, die das Setting hergibt. Insbesondere sind es die kunstvoll gestaffelten und miteinander verwobenen Vocals, die sich in geradezu jubilierende Höhen schrauben, und mit denen sich Susanne Sundfør als moderne Sirene empfiehlt, die den besonderen Reiz dieses Werkes ausmachen.

Die neuen Songs sind allesamt poppiger, energischer und lebhafter angelegt als die dräuenden Klangflächen der letzten Scheibe. Hier outet sich Susanne als Künstlerin in der Tradition etwa von Kate Bush - Drama und Operette inbegriffen, nur halt grundlegend auf elektronischer Basis. Dazu gibt es intelligente, immer wieder überraschende und geradezu hymnisch angelegte Melodien und Lyrics, die in abstrakten Bildern den desolaten Zustand einer Welt zeichnen, in der "alle isoliert" sind, wie sie sagt. Als Ergänzung zu den zwitschernden, blubbernden und dröhnenden Synthesizern gibt es organische Percussion-Einlagen, klassisch angelegte Piano-Passagen und ab und an verspielte Bassläufe. Da passiert eine ganze Menge in den neuen Songs - wobei deren Lebhaftigkeit jedoch niemals zur leichtfertigen Show gerät: Schwermut und Düsternis bleiben uns durchaus erhalten. Wer bisher immer dachte, E-Pop müsse locker, unbedarft oder gar beliebig daherkommen, der sollte sich diese Scheibe mal reinpfeifen.