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Tonträger-Review
 
FSK - X

FSK - X
Sub Up/EFA
Format: CD

Dass die Band FSK seit zwanzig Jahren immer noch in einer der ganz vorderen Reihen kämpft, liegt nicht zuletzt daran, dass sich diese Formation über die Jahre hinweg in regelmäßigen Abständen immer wieder komplett neu zu erfinden wusste. Die musikalischen und kulturellen Quellen, aus denen sich das Werk der Wahlmünchner speist, lagen anfangs noch in der Punk und New Wave Bewegung. Mit dem Album "Original Gasman Band" (1988) fand eine verstärkte Zuwendung zur Musik des mitteleuropäischen USA Immigranten statt, die zwei Alben später auf "The Sound Of Music" (1993) ihren Höhepunkt erreichte. Cajun, Country, Polka und folkloristische Blasmusik überhaupt (oft sogar als mit neuem Text versehene Coverversion) wurden zum prägenden Element. Spätestens mit den von Thomas Meinecke zusammengestellten "Texas Bohemia" Samplern (1994/96) war das Thema aber anscheinend abgehakt, und statt dessen wurde eine neuerliche Wendung erkennbar, hin zu elektronischen und minimalistischen Strömungen, wo traditionelle Songstrukturen nur noch zu erahnen sind.

Was auf "X" über weite Strecken durchaus symphonisch abgeliefert wurde ist, platt gesagt, sowas wie halb-akustischer Post-Rock oder Chill-Out-Kraut auf einer Melange aus Bier und Schnupftabak und Kokain oder irgendwas dergleichen. Über dem soliden Fundament von Michaela Melíans sehr dominantem Bass und den erfrischend sparsamen Schlagzeugpatterns von Carl Oesterhelt tummeln sich in wechselnden Zusammensetzungen Lap Steel Gitarre und Synthesizer (ein schon historisch anmutender Yamaha DX 7II), Stromgitarre und Mandoline, verschiedene Percussiongeräte und bisweilen ein Kornett, um hier ein wenig zu tschirpen, dort einen eingängigen Lauf zu repetieren, den Grundton zu halten, da wieder eine Akkordfolge in Arpeggios aufzulösen oder auch einfach mal eine Pause zu machen, um der Rhythmusgruppe Raum zu geben. Die Grundstimmung des Albums ist eher ruhig, trotz gelegentlicher Schrägheiten, die Akkordabfolgen sind gelegentlich sogar großes Kino und gäben sicherlich Stoff für den einen oder anderen schönen Refrain.

Aber: Gesungen wird nicht mehr, lediglich gegen Ende mancher Stücke wird ein paar Mal der Tracktitel meist choral heruntergesungen und hierin liegt wohl der größte Unterschied zum Vorgängeralbum "Tel Aviv And Eleven Other Originals" (1998), in dem die musikalische Weiterentwicklung durchaus schon angelegt war, das aber dabei auf Texte noch nicht verzichtete. Man mag sich fragen, ob die bisweilen gegen den Post-Rock erhobenen Vorwürfe, mit den Texten auch das politische Mandat abgegeben zu haben zugunsten eines rein aesthetizistischen (und letztlich affirmativen) Interesses an Musik, gerade auch auf FSK's "X" anwendbar ist. Denn wenn sich eines durch die Geschichte der Band (und durch alle Stile und Schwerpunktthemen) kontinuierlich hindurchgezogen hat, dann war das auch der ziemlich erfrischende Mut zum expliziten Protestsong (aller sonst gepflegten Subtilitaeten und Brechungen zum Trotz). Konkrete Handlungsanweisungen finden sich auf dem aktuellen Album freilich nicht mehr, und wenn man hier nach politischen Aussagen sucht, muß man sich schon einer deutlich sublimen Lupe bedienen.

Auch wenn die Texte nun eigentlich nur noch auf die Songtitel sich beschränken, liegt in diesen doch vielleicht so etwas wie die Vermessung der kognitiven Landkarte des gegenwärtigen Deutschland (oft an seinen Gebäuden und Gebirgen festgemacht), die lediglich in ihrer Suggestivität den Erkenntnisprozeß, den die Titel in Oszillation mit der kraftvoll schwebenden Klanggestalt auslösen, in den Kopf des Betrachters zu verlegen. Wohlwollend könnte man hier also eine Musik sehen, die in einer sensiblen physiognomischen Analyse des bundesrepublikanischen Gesichts einige jener Überreste aufliest, die - mit Bloch zu sprechen - trotz ihrer Überkommenheit noch in irgendeiner Form uneingelöste Zukunft beinhalten. Hasta la victoria siempre!



-Dirk Ducar / PT Lenhart-



 
 
 

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