Zugegeben inflationäre Reizworte: Unplugged Album, Live Album, Best Of... Dennoch ist dies eine der stärksten Veröffentlichungen des schon nicht mehr ganz knusprigen Jahres. Denn zum einen können The Gathering ja nichts für die Übersättigungen und Marketingspielchen dieses speziellen Marktes. Und zum anderen klingt der Mitschnitt zweier spezieller, im Spätsommer in Nijmegen stattgehabten Konzerte ungefähr wie das Gegenteil einer kalkulierten "Und jetzt schieben wir noch das Akustik-Teil nach"-Masche.

Auf einem der Lieblingsalben des Rezensenten, dem '99er Livealbum von The Gathering, belegten die Niederländer um Frontfrau Anneke van Giersbergen, wie kochendheiß sie in dieser Phase ihren Mix aus Gothic-, Doom- und Prog-Rock einzuschenken verstanden. Auf "Sleepy Buildings" nun finden sich teils die selben Kompositionen, die allerdings in nachgerade meditative, zerbrechliche Neuinterpretationen gekleidet wurden. Dadurch erklingen selbst alte Lieblinge "Saturnine" oder "In Motion Part II" nicht nur schillernd neu, sondern auch so nachdenklich melancholisch und intensiv wie noch nie.

Im direkten Vergleich zu den älteren Aufnahmen atmet das aktuelle Live-Dokument mehr die sakrale Atmosphäre der in einer Kirche mitgeschnittenen "Trinity Sessions" der Cowboy Junkies, als dass es noch irgendetwas mit Gothic Metal zu tun hätte. Beeindruckend: Mit dem letzten Studioalbum "Souvenir" hatten sich Anneke und Co. mit gekonntem Elektronika-Einsatz als "Trip-Rocker" wiedererfunden - kühl, etwas unnahbar und enorm gekonnt. Und nun all diese Wärme und unaufgeregte Andacht von "Sleepy Buildings". Ein stilles Meisterwerk.