Scott Bricklin ist ja nach wie vor eher bekannt als Mann aus der zweiten Reihe - etwa als Bassist in Joseph Parsons' Band und als Mitglied von US-Rails (wo er sich dann auch als eigenständiger Songwriter bemerkbar machte). "Lost 'Til Dawn" ist nun seine zweite Scheibe unter eigenem Namen und hier zieht Bricklin dann auch mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln vom Leder - und das sind nicht wenige. Es gibt Roots-Rock mit Boogie-, Soul-, Southern- und ein paar Blues-Elementen. Dazwischen finden sich dann Folk-Pop-Einlagen (allerdings ohne die in diesem Setting ansonsten üblichen Country-Klischees) und Reminiszenzen an den klassischen Gitarren-Pop der 70s. Dabei überrascht Bricklin mit einer wirklich beeindruckenden Songsammlung. Tatsächlich zeigt er dabei Ambitionen, die man eben von einem typischen Zuarbeiter gar nicht erwartet hätte und überzeugt mit enorm detailreich ausformulierten Kompositionen und durchweg unterhaltsamen und abwechslungsreichen Arrangements.

Um es mal klar zu sagen: Songs dieses Formats haben zuletzt weder Joseph Parsons noch Tom Gillam (sein anderer songwritender Kollege bei US Rails) hinbekommen. Auch wenn hier nichts wirklich Neues geboten wird, gefällt dieses Werk alleine durch seine Vielfalt, Spielfreude und die Weise, wie eben ausnahmsweise immer genau die richtigen Versatzstücke kombiniert werden, ohne dabei irgendwelche Klischees zu bemühen müssen.