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The Sadies - In Concert, Volume One

The Sadies - In Concert, Volume One
Yep Roc/Cargo
Format: 2CD

"If the Sadies wanted to, they could be an ass-kickin' country band, a first rate surf outfit, a cool cover band act, or a rockin' instrumental combo. Instead they chose to be all of the above", schrieb vor einigen Jahren die Plattenfirma der Sadies - und hatte recht. Mit Ausnahme von eventuell Calexico gibt es wohl derzeit kaum eine Band im Dschungel dessen, was landläufig mit Americana bezeichnet wird, die vielseitiger - und besser! - wäre. Wie wir hier bei Gaesteliste.de es geschafft haben, die Band aus Toronto bisher praktisch völlig zu ignorieren, obwohl es das kanadische Quartett ungefähr so lange gibt wie unsere Publikation, ist eines der letzten Rätsel der Menschheit, aber nun geben uns die Brüder Travis und Dallas Good sowie ihre Rhythmusgruppe Sean Dean und Mike Belitsky (Letzterer zwischenzeitlich auch bei den Pernice Brothers aktiv) die einmalige Chance zur Wiedergutmachung. Ihre neueste Veröffentlichung ist Best Of-Album, Raritäten-Sammlung und Live-Mitschnitt in einem. Und eine der besten Platten des Jahres.

Natürlich sind Live-Alben gerade heute eigentlich nichts Besonderes mehr: Man nimmt ein paar Konzerte billig mit einem DAT-Rekorder auf, lädt ein paar Kumpels von früher ein, die bei der Zugabe betrunken den Text einer alten Neil Young-Nummer mitgrölen, und schon hat man ein feines, neues "Produkt" für die Massen. Diese Platte - in feinem Gatefold-Digifile und edlem Dreifach-Vinyl - ist anders. Zunächst einmal, was den Sound angeht: Selten einen Livemitschnitt gehört, bei dem man so sehr das Gefühl hat, mittendrin statt nur dabei zu sein. Beim ersten Hören fragt man sich wirklich, wie das möglich war, die Band so großartig direkt - wenngleich ungefiltert mit all ihren kleinen Fehlern - einzufangen und trotzdem nicht auf ungemein dichte Publikumsatmosphäre in Lee's Palace in Toronto zu verzichten. Dann schaut man in die Linernotes und bekommt die Antwort: "Recorded by Steve Albini onto 2-inch tape". Aha, der erste hochkarätige Gast ist also schon einmal sein Geld wert.

Allerdings ist Albini - der auch früher schon mit den Sadies im Studio zusammenarbeitete - längst nicht der einzige klangvolle Name, den wir auf dem Cover finden: Blues-Explosion-Frontman Jon Spencer, Matt Verta-Ray von Speedball Baby und Madder Rose, Kanadas Vorzeige-Chanteuse Neko Case, die nicht minder interessante Alt.Countrysängerin Kelly Hogan, fast die komplette Band Blue Rodeo und Jon Langford von den Mekons haben Gastauftritte auf dieser Platte - und bedanken sich damit lediglich bei den Sadies dafür, dass die in der Vergangenheit als Backingband für sie alle geglänzt haben.

Doch damit nicht genug: Auch Jayhawks-Mastermind Gary Louris ist für ein paar Nummern (u.a. sein eigenes "Tailspin" und "Lucifer Sam" von Pink Floyd) dabei, und auch das macht Sinn, ist er doch der Produzent des kommenden Sadies-Studioalbums. Und mit den Good Brothers (plus Margaret Good) sind sich The Sadies sogar nicht zu schade, die Eltern ihrer beiden Vordenker Travis und Dallas mit auf die Bühne zu bitten. Da die allerdings Mitglieder der kanadischen Country Music Hall Of Fame sind, bedeutet das auch alles andere als Qualitätsverlust und führt zu wunderschönen Nummern wie dem Bluegrass-Traditional "Higher Power". Und weil die Good Brothers ihre ersten Gehversuche in den 60ern zusammen mit Bands wie The Grateful Dead und The Band machten, ist auch Garth Hudson bei einer Handvoll Nummern an der Orgel bzw. dem Akkordeon dabei: Warum also nicht, gekonnt noch dazu, "Evangeline" aus "The Last Waltz" covern?

Selten fügten sich Gastauftritte so organisch ins Programm ein, selten passten sie auch musikalisch besser. Trotz des Star-Aufgebots, das sich bei der Zugabe ganz zum Schluss gemeinsam durch den alten Mekons-Kracher "Memphis, Egypt" hämmert - die wahren Highlights bestreiten The Sadies eigentlich allein: Gleich zu Beginn ist der Surf-Twang des Tarantino-tauglichen Instrumentals "Cheat" Gold wert und "Why Be So Curious?" oder "Northumberland West" klingen so authentisch nach den Byrds, dass man fast an eine Verwechslung glauben will.

Zwischen Garage Rock, Surf, Country, Spaghetti Western und Cosmic American Music ist nichts vor den Sadies sicher, und nach ihrem großartigen 2004er Album "Favorite Colours" setzen sich die Kanadier hier nun ein würdiges Denkmal. Wenn wir einmal davon ausgehen, dass "Get Your Ya Ya's Out" von den Rolling Stones die beste Live-Platte aller Zeiten ist, dann kommt "In Concert, Volume One" dem schon sehr, sehr nahe!



-Carsten Wohlfeld-



 
 
 

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