Ihre Stimme ist Camilles einziges Kapital. Doch ist auch das neue Album "Music Hole" - erstmals auf englisch - weit davon entfernt, ein A-Cappella-Werk geworden zu sein. Wie üblich staffelt Camille ihre Geräusche und stimmlichen Turnübungen mittels Sampler und Effektgeräten zu kunstvollen Kakophonien, die - je nach Stimmungslage - mal nach Band, mal nach Elektronik, mal nach HipHop und mal nach klassischem Pop klingen. Zusammengehalten wird das - neben dem Grundgedanken - durch Camilles Gesangslinien, die sie wie normale Songtexte nochmal über das Ganze drüberlegt. Der Reiz der Sache liegt denn auch in der Interaktion zwischen Camille und ihren Alter Egos und ausgewählten Gästen, die - wie sie selbst auch - die Kunst der Body-Percussion beherrschen. Dagegen stehen wenige Momente, die konventionell mit einem Piano instrumentiert wurden. Dabei hantiert Camille mit dem Kanon genauso wie mit dem inspirierten Rap, erinnert immer wieder daran, dass sie nebenbei auch richtig gut singen kann und orientiert sich immer eher an dem, was sich aus dem rhythmischen Mischmasch und den Klangtürmen ergibt, die sie anhäuft (zwischen Funk und Break Beats ist da alles möglich) - nur nicht an einem bestimmten Genre und schon gar nicht am französischen Chanson. Obwohl dieses Mal kein durchgängiger Grundton irritiert (wie der namensgebende Faden auf ihrem letzten Album) ist "Music Hole" einen Gutteil radikaler und experimenteller geworden als der Vorgänger. "Music Hole" erinnert in dieser Form auch sehr an die abenteuerlichen Live-Konzerte von Camille und ist insofern also auch ein logischer Schritt in die richtige Richtung.