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Dagobert - Dagobert

Dagobert - Dagobert
Buback/Universal
Format: CD

Dass der Fall Dagobert ein schwieriger werden würde, war von vornherein klar: Auf Pressefotos und bei seinen Konzerten zeigt sich der Sänger gerne in maßgeschneiderten Anzügen, die gerne auch vom Hamburger Stylo-Label Herr von Eden (das unter anderem den Vorspann zur "neoParadise" 2.0-Katastrophe "Circus Halligalli" ausgestattet hat) stammen könnten. Die Musik? Für den Leser von Gaesteliste.de erst mal Schlager.

Trotzdem erscheint sein Album "Dagobert" irrer Weise beim Hamburger Traditionslabel Buback, das man normalerweise mit krediblen Künstlern und Bands wie Die Goldenen Zitronen, Beginner und F.S.K. assoziiert. Diese Stimme mit den geleierten Vokalen, die hier und da an Rio Reiser denken lässt, dazu dieser (unechte?) schweizer Dialekt! Und als ob es das normalste der Welt wäre, feiert der "Schnulzensänger aus den Bergen", wie Dagobert sich selbst gerne nennt, seine Record-Release Party in Hamburgs Möchtgern-Bohémien-Schuppen No. 1, dem Golem. Hipster-Alarm? Aber hallo!

Die Story, Dagobert sei aufgrund unerwiderter Liebe zu einer älteren Frau für fünf Jahre aus Berlin in die schweizer Berge geflüchtet und habe sich dort nur von Reis ernährt, dafür aber knapp 80 melancholische Liebeslieder geschrieben, klingt so bekloppt, dass sie höchstwahrscheinlich stimmt. Stellt sich nach wie vor die Frage nach der Schlagersache. In seinen Stücken singt Dagobert ausschließlich von der ewigen Zweisamkeit mit der einen großen Liebe, die Texte "gerade heraus" zu nennen, wäre stark untertrieben. Dazu gibt es zumeist schlagertypische Versatzstücke wie melancholische Streicherflächen und stampfende Uffta-Beats. "Die ganze normale Liebe" erinnert vermutlich nicht ohne Grund eindeutig an "Soleado" bzw. "Tränen lügen nicht". Und doch ist irgendwas anders als beim ZDF Fernsehgarten.

Bei genauerem Hinhören ist die Musik verschrobener als bei "echtem Schlager", was vermutlich zum Teil an der Produktion von Markus Ganter (u.a. Sizarr) liegt. Und auch in seine Texte baut Dagobert immer diesen einen durchgeknallten Schlenker ein, der Oma Hildegard beim Frühstücksfernsehen sauer aufstoßen würde: Aus dem Refrain "Wir machen für immer blau" wird am Endes des Stücks - als hätte man es nicht geahnt - natürlich "Ich bin für immer blau", im Opener "Bild" fragt der Schweizer zwischen zwei Liebesbekundungen ganz unverblümt "Sag, was hast du heute an?"

Mit Ironie will Dagobert allerdings nichts zu tun haben, betont er in Interviews immer wieder. Er meine das alles so. Bleibt die Frage, weshalb das Hipster-Volk dem Schnulzensänger bei Konzerten regelmäßig die Bude einrennt, wo es doch in puncto Ironie hier nichts zu holen gibt. Sind sie ganz tief drinnen vielleicht doch spießiger als sie bislang dachten? Denn statt Ironie gibt es bei Dagobert kitschige Oden an die eine wahrhaftige Liebe und die Ehe. You've probably never heard of it.



-Felix Maliers-


Video zu "Ich bin zu jung"

 
 
 

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