"It's time for sex with strangers!" Mehr als unterkühlt kommt diese vermeintliche Aufforderung gleich zu Beginn des Albums daher. Die Faithfull goes Pop. Kein "20th Century Blues" mehr, kein Kurt Weill, Berthold Brecht und schon gar keine Lucy Jordan. Stattdessen Kollaborationen mit Beck, Billy Corgan, Dave Stewart, Blur und anderen. Keine Duette, nein, daran habe sie kein Interesse. Frische Ideen nur sollten es sein. Und diese rücken sie noch ein wenig näher an ihr männliches Alter Ego Leonhard Cohen. Unüberhörbar besonders im, von Jarvis Cocker ins Pulp-gerechte Licht gerückte "Slidin' Through A Life On Charm".

Alles weitere gruppiert sich drum herum. Das halbakustische "Like Being Born" (mit Beck), das funkelnd-chorale "I'm On Fire", dem man seinen Co-Autor Corgan nun wirklich nicht anhört, oder die sanft-melancholische Hommage an alte Weggefährtinnen ("Song For Nico"). Lediglich "Wherever I Go" schrammt knapp an den seichten Niederungen einer Amanda Marshall vorbei und "The Pleasure Song" hätte es sicher auch nur auf die nächste Garbage B-Seite geschafft.

Aber Gemäkel beiseite. Schließlich wartet am Ende mit "Nobody's Fault" ein bereits auf dem Beck-Album "Mutations" erschienener und jetzt neubearbeiteter End of the Day-Track - inklusive dem Meister höchst selbst an der Gitarre. Als Ausklang ein raues und in bester Blur in Zeitlupe-Manier fesselndes "Kissin Time". Trotz so vieler verschiedener Einflüsse auf diese, im besten Sinne, einmalige Stimme ein gelungener, hörenswerter Bilderbogen. Als Pop-Kaiserin bezeichnete Marianne Faithfull sich, augenzwinkernd mit ihrem Alter kokettierend, jüngst in einem Interview. Man ist nicht geneigt, dem zu widersprechen.