John Convertino ist als Rhythmuseinheit eine der beiden Hälften der Band Calexico und legt jetzt seine erstes Soloalbum auf dem deutschen Sommerweg-Label vor. Wer sich nun freut, weil er sich von "Ragland" eine Verkürzung der Wartezeit auf das nächste Calexico-Album erhofft, der wird eher enttäuscht sein. Denn "Ragland" verhält sich zu den Alben der kalifornischen Tex-Mex-Band wie ein Schubert-Konzert zu einer Ramones-Platte - man hat nichts miteinander zu tun. Convertino hat sich leise Sohlen angezogen, es dominiert das Klavier, hier und da gibt es mal die Andeutung eines Schlagzeugs, doch meist nur verhaltene, unmelodiöse, tastende Töne aus zaghaftem Herzen mit jazzigem Einschlag. Alles was Covertino für die Aufnahme in seinem nach eigener Auskunft "äußerst staubigen Zuhause" benötigte sind zwei Mikros, ein Vibraphon, ein Piano, ein Drumset und ein 8-Spur-Gerät.

"Ragland" dürfte mit seiner angezogenen Handbremse also eher etwas für die leisen Momente des Lebens sein. Das Cover zeigt den Vater des Künstlers im Jahr 1964; so streng, wie er auf der Zeichnung aussieht, so streng wirkt auch die musikalische Welt, in die sich sein Sohn mehr als vierzig Jahre später wagt. Daran kann auch der auf der Albumrückseite abgebildete VW Käfer nichts ändern. Es hat jedenfalls keinen Sinn, sich die CD im Walkman auf dem Weg zur Arbeit anzuhören - das Leben da draußen ist zu laut, als das man sich dabei auf die Feinheiten der Convertinoschen Ziselierungen konzentrieren könnte. Tagsüber hat man auch gar nicht den Nerv dazu. Dies ist eine Platte für die Zeit nach Mitternacht, wenn die Familienporträts an der Wand zu unheimlichem Leben erwachen.