Wann hat es das zum letzten Mal gegeben: Töne, die man beim besten Willen so noch nie gehört hat, noch nicht gehört haben kann? Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang allerhöchstens an "Tapestry Mastery" von The Apes, aber selbst dieses Kunstwerk war gegen Celebration ein Ausbund an Melodieseligkeit. Hier jedoch haben wir es zu tun a) mit Gender-Bendern - schon lange gab es keine Frau mehr, die so sehr nach Mann klingt wie Katrina Ford, der Kopf der dreiteiligen Formation Celebration aus Baltimore - und b) einem Stilmix, der sich in keine vorgefassten Schubladen zwängen lässt. Und während Ford ihren erstaunlichen Stimmumfang auslebt, bearbeitet David Bergander das Schlagzeug als ginge es um sein Leben oder wenigstens eine Monatsration Bier und Sean Antanaitis bedient alle anderen Instrumente als da wären: Moogs, Orgeln, Keyboards und eine von ihm selbst entwickelte guitorgan (wie der Name schon sagt: eine Mischung aus E-Gitarre und Orgel).

Ford und Antanaitis stammen aus einem wilden Punk-Umfeld (ihre Ex-Band Jaks könnte Kennern ein Begriff sein), und so klingt auch das unbetitelte Album: wild. Die Rhythmen ungezähmt, ein Instrumentenmix von Percussions, vielen Orgeln, Gitarren und Tasten, immer wieder ein Durchschimmern herzbrechender Melodien, die unter einem bunten Blattwerk aus intensiver Metaphorik begraben werden. Ich hoffe zwar, dass die beiden männlichen Bandkollegen nicht wirklich, wie im Waschzettel behauptet, "mit allen zur Verfügung stehenden Gliedmaßen ihre Instrumente bearbeiten" (!) (das könnte nämlich wehtun), aber fast klingt es so, als täten sie's.

Wie singt Katrina Ford im vielleicht schönsten Titel des Albums "New Skin": "I won't be your silly boy". Und das bestätigt alles zuvor gesagte, inklusive die angesprochene Genderthematik. Ein echtes Schnäppchen für das 4AD-Label - und definitiv ein Meisterwerk, das diesen Frühling, dieses Jahr und dieses Leben überdauern wird. Es sollte gefeiert werden, das Kunstwerk und das Leben.