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Vivid - Sundown To Sunrise

Vivid - Sundown To Sunrise
Virgin
Format: CD

Gast-Kritik von Olaf Didolff (Chester)

Chester kommen aus Köln und machen Pop-Musik mit englischen Texten. In Köln sind sie seit langem Lokalmatadoren und versuchen von dieser Basis aus, nun auch ein breiteres Publikum zu erreichen. Erste Erfolge haben sich bereits eingestellt: Neben mehreren selbst veröffentlichten Singles, gab es eine Tour mit Marla Glen, eine Rolle in einem Fernsehfilm und einen Tip als "Platte der Woche" in der BRAVO. Das haben Chester auch mit Vivid gemeinsam, weswegen wir Olaf Didolff, den Sänger und Songschreiber von Chester auch baten, einmal seinen Senf zur neuen Vivid-Veröffentlichung zu geben. (Selbstredend spiegelt dieses Review denn auch nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Kommentare sind willkommen!)

Rockbands haben es schwer in Deutschland. Gitarren passen kaum noch ins Formatradio und den avantgardistischen Chic nehmen die Elektroniker mit spratzenden Sequenzen und wabernden Synthies für sich in Anspruch. Ungerechte Welt. Vivid ist aber eine Rockband (Bono (Vox, nicht Sonny - die Red.) oder Eddi Vedder lassen grüßen). Harte Gitarren (beim Mix erledigt) und nicht zuletzt der Bandname selber (Titel des erfolgreichsten Albums der amerikanischen Funk-Rock-Helden von Living Colour) lassen kaum einen anderen Schluß zu. Hier schlägt das Herz. Was die Herren Hanreich, Kloß, Kluske und Schmidt uns seit ihrem Bedut "Go!" von 1997 beschert haben, hat aber leider mit all dem überhaupt nichts mehr zu tun. Stattdessen verbiegt man sich. Das Schlimmste dabei ist: Man merkt es sofort. "Go!" klang wie ein von einem mittelmäßigen Kleinstadt-DJ remixtes Rockalbum. Moderner und zeitgemäßer sollte es wohl klingen - sonst nix mit Major Deal! Nun ja.

Damit "Sundown To Sunrise" jetzt organischer und live-mäßiger daherkommen sollte, holte man sich prominente Hilfe ins Studio: Peter Walsh - ein Relikt aus der letzten Dekade, der uns schon so schöne "Weicheierplatte" à la Simple Minds beschert hat, saß diesmal an den Reglern.

Derweil hält man sich für Interviews wahrscheinlich schon mal folgende abgedroschene Phrasen bereit: "Wir wollten aus den gewöhnlichen Songstrukturen ausbrechen" oder - jetzt schon klassisch - "Wir haben in der letzten Zeit viel elektronische Musik gehört" oder gar: "Die angesagte Clubkultur geht nicht spurlos an uns vorüber". Halleluja!

"Sundown To Sunrise" klingt meist konstruiert, immer überladen, aber nie intensiv. Abgetakelt flirrende Drum'n'Bass-Einwürfe verirren sich ebenso in die Arrangements wie hilflos aufgesetzte und künstlich wirkende Breaks und Stops. Effekthascheri, pseudomodernes Wischiwaschi oder einfach nur uncool?

"Is It Worth It?" heißt ein Song in der Mitte des Albums. Eine rhetorisch interessante Frage, denn für die Clubs ist das hier wohl völlig ungeeignet. Wobei dem Fan aufregender Popmusik allein beim Hören des bisherigen Vivid'schen Radioschmalzes wie 'Still', 'We Have' oder der aktuellen Single 'Off We Go' nur der Querverweis auf Savage Garden einfallen dürfte - womit sich das Betätigen der Playtaste am CD-Spieler wohl erübrigt.

Nun gut: Halten wir durch.

Eine an The Edge erinnernde Fuzzgitarren-Seligkeit bei 'Kingdom Underground', ziemlich viel Pathos bei 'Up To Me' (bestimmt die nächste Single!), ein müder Disco-Beat auf 'Dancing Girl' - man spürt sie förmlich, die Sinnkrise bei der Produktion. Verkopft, verstopft und verkrampft. Was also wollen Vivid - oder wo wollen Vivid hin?

Als der CD-Spieler endlich den elften und letzten Song namens 'Music (Mind Expanding)' erreicht, horche ich plötzlich auf. Was ist das? Dynamik, echte Spannung eine passable Melodie. Plötzlich paßt alles zusammen. Da spielt eine Rockband. Vivid wirken zum ersten Mal gelöst und spielen befreit auf. Das klingt immerhin nach veritablem Prog-Rock (wenn es sowas überhaupt gibt). Auf jeden Fall viel cooler als alles bisherige zusammen. Und wenn schon noch ein Vivid-Album, dann bitteschön diese Richtung.

"During the few moments that we have left we want to talk right down to earth in a language that everybody here can easily understand."

Du bist was Du bist - sei es mit Konsequenz. Let there be Rock!



-Olaf Didolff (Chester)-



 
 
 

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