Mit ihrem neuen Album löst Die Regierung das Versprechen ein, das sie uns mit dem Vorgänger "Was" gegeben hatte. Konsequenter denn je lässt Tilman Rossmys einst in Essen gegründete Band auf diesem neuen, bemerkenswerterweise von O.L.A.F. Opal produzierten Album ihre bahnbrechende Vergangenheit aus den 80ern und 90ern hinter sich und benutzt eher die drei seit 2017 entstandenen Platten ihres "zweiten Lebens" als Sprungbrett. Auch wenn dem Vernehmen nach "Die Liebe, die niemals kommt" auf den Changes des Stooges-Klassikers "I Wanna Be Your Dog" aufbaut: Die neuen Lieder glänzen oft eher mit komplexer Raffinesse als mit Urgewalt aus der Garage - und das tut ihnen sehr gut.

Ähnlich wie schon bei den letztjährigen Konzerten der fast völlige Verzicht auf alte Klassiker die Nummern der Reunion-Ära in einem viel helleren Licht erstrahlen ließ, überzeugt auch "Nur" nicht zuletzt deshalb, weil es hier kaum Songs gibt, die mit "Immer jemand im Busch", "Komm zusammen" oder "1975" konkurrieren wollen (und dabei zwangsläufig den Kürzeren ziehen würden). Auch textlich knüpft Rossmy an die Werke der letzten Jahre an, sinniert über die Liebe in all ihren Schattierungen (dass das Wort gleich in drei Titeln - "Wenn die Liebe ruft", "Wo ist die Liebe jetzt?" und dem bereits erwähnten "Die Liebe, die niemals kommt" - vorkommt, unterstreicht das), und auch wenn ein Song sogar "Indien" heißt, führt uns "Licht" dann doch zurück in die Vergangenheit und auf die Straßen des Ruhrgebiets. Dazu passt auch der LP-Titel, den Rossmy und Bassist Robert Lipinski, beide lebenslange Fans des Fußballvereins ihrer alten Heimatstadt, nicht ganz zufällig ausgewählt haben: Im Stadion von Rot-Weiss Essen rufen sie "Nur der RWE" auf den Rängen, in Indie-Deutschland dagegen lautet der Schlachtruf nun: "Nur die Regierung!"