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07.06.1999
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STEREOPHONICS

Performance und Cocktails

Stereophonics
Soso, der Barkeeper und der Dieb sind also Lovers, und daß das Rock'n'Roll-Leben manchmal echt beschissen sein kann, mußten die Stereophonics letztens auch erfahren, denn nachdem erstmal der Flug von England nach Deutschland dauernd verschoben werden mußte, war auch noch das ganze Gepäck der Band spurlos verschwunden! Keiner wußte irgendetwas, und daher waren die Herren Kelly (vocals, guitar) und Richard (bass) auch nicht ganz so gut gelaunt wie sonst - verständlich...

Die Songs auf dem neuen Album "performance and cocktails" klingen reifer, die schnellen Nummern sind rockiger geworden und die Balladen sind noch tiefer geworden - habt ihr lange dafür gebraucht, um das alles so hinzukriegen?

Kelly: Nun, wir haben das alles zwischen den Touren aufgenommen. Nachdem wir das erste Album fertig hatten, haben wir nicht zurückgeschaut, sondern einfach weiter neue Songs geschrieben, und die kleinen Tour-Pausen haben wir dazu genutzt, diese neuen Songs aufzunehmen. Alles in allem haben die Aufnahmen wohl so ca. zwei Monate gedauert. Die Songs entstehen meistens während des Tourens, also im Hotelzimmer mit einer Akustik-Gitarre und einem Diktaphon, und wenn ich die Zeit finde, bastele ich im Tourbus an den Texten. Meistens kommt die Musik zuerst, und dann schreibe ich die Texte. Diese neuen Songs testen wir dann beim Soundcheck und nehmen sie dann in den Tour-Pausen im Studio auf.


Hattet ihr irgendeinen speziellen Plan, als ihr das neue Album aufgenommen und zusammengestellt habt?

Kelly: Nein, nicht wirklich. Wir wußten selbst nicht so genau, wie das Album werden wird. Wir haben einfach alles auf uns zukommen lassen, und diesmal kamen mehr Mid-Tempo-Nummern dabei heraus, und nicht so viele schnelle Stücke. Das ist auch der große Unterschied zur ersten Platte. Auf "performance and cocktails" ist eine größere Vielfalt und die Stücke sind nicht mehr so gitarrenorientiert. Wir haben ein wenig mehr herumexperimentiert.

Richard: Eines dieser Experimente war auch der Abend, als uns Kelly den Song "I Stopped To Fill My Car Up" irgendwann mitten in der Nacht auf dem Piano vorgespielt hat - das klang so wunderbar, daß wir uns dazu entschieden haben, keine Gitarren-Parts mehr darüberzulegen, sondern einfach nur noch den Bass und das Schlagzeug dazu eingespielt haben. Das war ein wunderbarer Moment. Einer dieser Momente war auch "The Bartender And The Thief" - dieser Song ist im Studio entstanden, und nach ca. 15 Minuten war er fertig!

Kelly: Ein weiterer Unterschied zur ersten Platte ist auch in den Texten erkennbar. Auf der ersten Platte geht es um unser Leben in dieser Kleinstadt, und die neuen Songs handeln eher von verschiedenen Plätzen und Leuten auf der Welt, die wir durch das Touren kennengelernt haben.

Gibt es irgendeine besondere Geschichte zum Titel "performance and cocktails"?

Richard: Naja, eine Geschichte ist es nicht gerade, aber wir waren mal in einem Club in New York, wo halt ab und zu Leute ihre Kunststücke vorführen, sei es Musik oder Gedichte oder was auch immer, und auf der Menu-Karte stand als Untertitel "performance and cocktails", und das hat uns gefallen. Daher also der Name für die Platte...

Viele Musiker haben so ihre Lieblingsplatten, wenn sie in's Studio gehen, und manchmal färbt das auch auf die Songs ab. Was habt ihr denn so während der Aufnahmen gehört?

Kelly: Alles mögliche - ich habe sehr viel frühes Stevie Wonder Zeugs gehört, Super Furry Animals, Faces, Pearl Jam, Supergrass, Ellioth Smith, Beck...

"Back" sind auch einige Bands aus den 80ern, z.B. ABC, Heaven 17 und auch Culture Club. Was denkt ihr denn über das 80er-Revival?

Kelly: Das kommt mir nicht in mein Haus!

Richard: Ich halte da auch nichts von, denn diese ganzen Bands kommen doch nur deswegen wieder, weil sie ihr ganzes Geld ausgegeben und Schulden am Arsch haben, und jetzt versuchen sie nochmal ein wenig abzukassieren!

Geld ist auch ein gutes Stichwort - das Video zu "The Bartender And The Thief" muß doch auch etwas gekostet haben, oder?!?

Stereophonics
Kelly: Das war gar nicht mal so teuer! Das war die Idee eines Freundes bei V2 Records, und wir waren damals zu Promotion-Zwecken in Thailand und haben schnell noch ein Video gedreht. Es ist eine kleine Verarsche der Szene aus dem Film "Apocalypse Now", wo die Bunny-Girls zwecks Unterhaltung der Truppen eingeflogen wurden, und das war sehr spaßig, vor allem weil wir noch am Abend zuvor Saufen waren und einen Höllen-Kater hatten. So teuer war es auch nicht, denn in Thailand ist alles sehr billig, aber es sieht teuer aus! In dem gleichen Monat haben wir übrigens noch zwei weitere Videos gedreht, und zwar zu "Just Looking" und "Pick A Part That's New" - wir haben also fast einen ganzen Monat lang nur Videos gedreht...

Der Song "Just Looking" wird übrigens auch auf dem Soundtrack zum Film "This Year's Life" erscheinen...

Kelly: Stimmt, aber es war kein Song, den wir extra für den Film geschrieben haben. Die Leute von V2 Records haben uns gefragt, ob sie den Song für diesen Soundtrack haben könnten, und da das Thema des Songs gut zum Film paßt, haben wir zugesagt. Ich weiß nicht, ob ich unbedingt mal einen Song extra für einen Film schreiben würde, denn ich mag es nicht, von Leuten ein bestimmtes Thema vorgesetzt zu bekommen.

Was denkt ihr denn, war der entscheidene Faktor, warum ihr Musiker geworden sein?

Kelly: Wahrscheinlich aufgrund purer Langeweile, und weil man mal aus der Stadt rauswollte, um etwas zu erleben, also hat man ein wenig Fußball gespielt und Musik gemacht. Ich war gar nicht mal so schlecht beim Fußball, habe mich aber dann für die Musik entschieden. Hm, vielleicht hätte ich doch eine Fußball-Karriere beginnen sollen? Da bekommt man £ 45.000 pro Woche! Und man verliert nicht sein Gepäck an irgendwelchen dummen Flughäfen!!!

Richard: Man braucht ja auch nicht so viel zum Anziehen - ein paar Schuhe, eine Hose und das Trikot...

Wohl wahr. Jedenfalls haben sie ihren Humor nicht verloren. Danach artet das Gespräch in Diskussionen über Fußball (wobei sie sich erstmal über unsere Mannschaft nach der USA-Blamage amüsierten), Hotels und Bier aus, und auf die übliche Frage nach der Gästeliste kam folgendes heraus:

Kelly: Oh, wir hatten schon 'ne Menge interessanter Leute auf unserer Gästeliste! Als wir letztes mal in Deutschland gespielt hatten, war Eric Clapton auf der Liste, dann hatten wir noch Robert Plant, und Tom Jones war auch sehr lustig - er hat uns viele gute Stories erzählt! Ich würde gerne Billy Connelly mal kennenlernen - er ist ein Komiker und sehr lustig. Er würde uns zum Lachen bringen, aber ich denke nicht, daß er unsere Musik mag, denn er steht auf Country.

Richard: Mick Jagger könnte mal vorbeischauen, und er soll seine Tochter mitbringen!

Interview: -David Bluhm-
Fotos: -David Bluhm-
Stereophonics
Aktueller Tonträger:
Performance And Cocktails
(V2)
 

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