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22.11.2016
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JOE PURDY

"Etwas zu bewirken ist gar nicht so leicht"

Joe Purdy
"Etwas zu bewirken ist gar nicht so leicht", gibt Joe Purdy im Gaesteliste.de-Interview zu. Trotzdem hat der grummelstimmige US-Singer/Songwriter es gewagt. Auf seinem neuen, bereits 14. Album, "Who Will Be Next?", widmet er sich erstmals nicht Geschichten aus seinem eigenen Leben, sondern thematisiert die Probleme zwischen Bürgerrechten und sozialer Gerechtigkeit in seinem Heimatland. "Ich habe noch nie eine Platte wie diese gemacht, aber es war einfach höchste Zeit, womöglich war sie sogar bereits überfällig", sagt er über seinen modernen Protestsong-Zyklus, der bisweilen so authentisch ist, dass man glaubt, Purdy sei mindestens so alt, wie seine Lieder klingen.

Geblieben ist derweil der abwechslungsreiche Sound, der tief in der Americana-Tradition verwurzelt ist und betont klassisch nur die allergrößten des Songwriter-Genres in Erinnerung ruft und irgendwo da landet, wo zwischen Woody Guthrie und Townes Van Zandt noch eine Lücke klafft. Auch Bob Dylans "Desire" klingt hier und da durch - weil Dylans damalige Geigerin Scarlet Rivera auch auf "Who Will Be Next?" mitspielt. Dabei sollte man allerdings "zeitlos" nicht mit "retro" verwechseln, den Purdy hechelt nicht längst vergangenen Zeiten hinterher, er nutzt lediglich bewährte Mittel, um seine Botschaft zu transportieren und seine Hörer in Trump Country wachzurütteln. Doch auch Europa liegt ihm am Herzen: Ende November steht er für zwei Konzerte in Berlin und Hamburg auch in unseren Breiten auf der Bühne.

GL.de: Joe, wie geht's?

Joe Purdy: Ich bin ziemlich glücklich, denn ich tue das, was ich liebe, und verdiene meinen Lebensunterhalt damit. Das soll nicht heißen, dass damit nicht Herausforderungen verbunden sind, bisweilen sogar richtig große, aber keine wäre es wert, sich darüber zu beschweren. Ich fühle mich wie ein Glückspilz.

Gl.de: Was ist für dich der größte Unterschied im Vergleich zum Beginn deiner Karriere vor rund 15 Jahren?

Joe Purdy: Der größte Unterschied zu damals sind die Zeiten, in denen wir jetzt leben. Ich reagiere heute auf die Geschehnisse um uns herum, während ich zuvor nur über mich und meine Erfahrungen geschrieben habe.

GL.de: Hier in Deutschland bist du immer noch ein gut gehütetes Geheimnis. Was haben wir verpasst?

Joe Purdy: Ich kann nicht sagen, dass ihr etwas verpasst habt. Ich bin nicht gut darin, mich selbst zu promoten, deshalb müssen die Hörer bitte selbst entscheiden, ob meine Musik wert ist, angehört zu werden.

Gl.de: In den USA haben dich viele Leute kennengelernt, weil deine Songs in Fernsehserien liefen. Vor allem dein Beitrag zu "Lost", "Wash Away", hat für einen ordentlichen Popularitätsschub gesorgt. Nur ein Segen oder auch ein bisschen ein Fluch?

Joe Purdy: Das ist eine berechtigte Frage. Der Vorteil ist natürlich die Öffentlichkeit, die ich sonst nie erreicht hätte, denn ich bin nun mal kein kommerzieller Songwriter. Dafür bin ich sehr dankbar. Der Nachteil ist, dass ich nun ständig gebeten werde, diesen einen Song zu spielen.

Gl.de: Auch wenn du dich im Laufe deiner Karriere entwickelt hast, bist du doch stets deinen Wurzeln treu geblieben. Wie gehst du mit mehr als einem Dutzend Platten auf der Habenseite ein neues Album an?

Joe Purdy: Für gewöhnlich habe ich etwas Spezielles im Kopf, aber über die Jahre habe ich gelernt, die Platten den Weg einschlagen zu lassen, den sie ganz natürlich gehen, ohne zu versuchen, etwas zu erzwingen, wenn es nicht von allein geht. Die Mitstreiter und der Ort haben einen großen Einfluss auf das Ergebnis. und das finde ich toll!

Gl.de: Ende November kehrst du erstmals seit vielen, vielen Jahren wieder nach Europa zurück und spielst auch bei uns in Deutschland. Was erwartest du von den Auftritten?

Joe Purdy: Meine letzte Tour in Europa ist so lange her, dass es sich gewissermaßen wie ein Neubeginn anfühlt. Meine einzige Hoffnung ist, dass ich die Leute im Publikum nicht einschläfere.

Gl.de: Neben der Musik warst du zuletzt auch als Schauspieler aktiv. Gemeinsam mit der Folk-Sängerin Amber Rubarth hast du im neuen Film von David Heinz, "September 12th", mitgespielt. Wie kam es dazu?

Joe Purdy: David kam auf mich zu und wir haben ein Jahr lang über die Frage gestritten, ob ich seinen Film ruiniere oder nicht, wenn ich mitspiele. Letzten Endes habe ich eingewilligt und ich bin sehr glücklich, dass ich diese Chance bekommen habe. So konnte ich etwas machen, das von Herzen kam, mit Menschen, die Herz haben. Mehr kann ich mir nicht wünschen - und hoffentlich habe ich den Film nicht ruiniert!

Weitere Infos:
www.joepurdy.com
Interview: -Simon Mahler-
Foto: -Pressefreigabe-
Joe Purdy
Aktueller Tonträger:
Who Will Be Next?
(Bread And Butter/Alive)
 

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