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06.07.2018
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ALBERT HAMMOND, JR.

Eine neue Sicht der Dinge

Albert Hammond, Jr.
"Ich glaube, die meisten Leute betrachten mich als Gitarristen, aber ich selbst habe mich immer als mehr als nur das gesehen", sagt Albert Hammond, Jr. "Ein wichtiger Aspekt meiner neuen Platte ist, das geradezurücken." Kein Zweifel, "Francis Trouble", Hammonds viertes Album abseits seiner so immens erfolgreichen Band The Strokes, ist eine große Sache für den 37-jährigen Amerikaner. Mit der Platte begibt er sich auf die Suche nach sich selbst: Sein tot geborener Zwillingsbruder Francis diente ihm dabei als Inspirationsquelle, um sein eigenes Leben, seine eigene Identität unter die Lupe zu nehmen - ein Selbstfindungsprozess, bei dem er trotz aller Schwere und Ernsthaftigkeit der Inhalte dennoch nicht den Spaß verliert. Im Juli stellt er die LP gemeinsam mit seiner Band auch in Deutschland und dem benachbarten Ausland live vor.

"Ich weiß jetzt viel mehr, was ich tun will", gesteht der sympathische Lockenkopf, der im persönlichen Gespräch fast unerwartet bodenständig wirkt, als wir ihn vor einem Auftritt im englischen Nottingham für ein kurzes Gespräch am Telefon erwischen. "Künstlerisch bin ich heute viel entschlossener und zielgerichteter, und das empfinde ich als sehr aufregend. Ich habe das Gefühl, dass ich in allem besser geworden bin. Zu sagen, dass ich jetzt selbstbewusster bin, würde es nicht ganz treffen, aber ich bin erfüllt von der Freude, die ich durch meine Arbeit erfahre."

Musikalisch bewegt Hammond sich dabei in dem Rahmen, den er mit seiner anderen Band und den drei vorherigen Platten unter eigenem Namen abgesteckt hat, und beweist gleich mit der ersten Single "Muted Beatings", dass er sich detailverliebte Ohrwürmer immer noch locker aus dem Ärmel schütteln kann, ohne sich damit gleich blindlings dem Mainstream an den Hals zu werfen. Die Texte auf "Francis Trouble" sind derweil so eng mit seiner eigenen Person verknüpft wie nie zuvor. Doch trotz des bisweilen tiefschürfenden Inhalts vergisst er nie den Rahmen, in dem er sich bewegt. "Ich arbeite in der Entertainmentbranche, und mein Ziel ist es, mit einer Kunstform, die ich beherrsche, eine Verbindung zu den Menschen aufzubauen", unterstreicht er. "Ich bin allerdings auch davon überzeugt, dass man sinnhafte, bedeutungsvolle Inhalte transportieren und gleichzeitig dabei Spaß haben kann. Man muss sich auch mal selbst auf die Schippe nehmen können! Das fehlt mir inzwischen oft. Zu viele Platten sind heute reiner Pop-Süßkram oder total indie und ernsthaft. Mit der neuen Platte habe ich versucht, den Mittelweg zu finden."

Es wäre allerdings falsch zu glauben, die Beschäftigung mit persönlichen Themen hätte das Songwriting für Hammond zu einer größeren Herausforderung gemacht, als wenn er sich den Liedern stärker von einer rein handwerklichen Seite genähert hätte. "Wenn du irgendetwas richtig gut machen willst, wirst du immer eine Art von Druck, eine gewisse Spannung verspüren", ist er überzeugt. "Es macht den kreativen Prozess etwas verworrener, weil du ständig alles hinterfragst, weil es so viele verschiedene Wege gibt und immer wieder neue Möglichkeiten auftauchen. Genau das macht aber auch eine Menge Spaß." Trotz der tiefschürfenden Inhalte seines neuen Albums umgibt Hammond in der Tat heute eine Leichtigkeit, die ihm in den langen Jahren, in denen er bisweilen bis zum Hals im Drogensumpf steckte, oft abging. "Ich freue mich einfach, dass sich mir heute neue Perspektiven bieten, um die immer wieder gleichen Dinge zu betrachten", erklärt er. "Denn letztlich verändert sich ja gar nicht so viel. Was sich ändert, ist nur deine Sichtweise."

Doch so wichtig ihm seine Musik im Allgemeinen und die Texte auf "Francis Trouble" im Speziellen auch sind, inzwischen weiß Hammond auch, dass es bisweilen hilft, sich nicht zu viele Gedanken um die Konsequenzen seines künstlerischen Tuns zu machen. "Man muss manchmal einfach loslassen", sagt er. "Wäre ich Gehirnchirurg, würden meine Entscheidungen vielleicht schwerer wiegen, aber so, was soll mir schon passieren?"

Weitere Infos:
alberthammondjr.com
www.facebook.com/AHJofficial
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Autumn de Wilde-
Albert Hammond, Jr.
Aktueller Tonträger:
Francis Trouble
(Red Bull/Sony Music)
 

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