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23.11.2001
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JENIFER JACKSON

Vogelfrei

Jenifer Jackson
Jenifer Jackson kommt natürlich nicht aus New York. Wie fast alle Musikanten, die als New Yorker gelten, ist die sympathische Folksängerin, deren Frisur soeben vom Gitarristen der Strokes gestohlen wurde, wie sie scherzhaft bemerkt, als das Video im Fernseher läuft, nicht nur in New Jersey aufgewachsen, sondern dort nach wie vor auch ansässig. Ihre offizielle Debüt-CD, "Birds", wurde jedoch in Nashville aufgenommen. Was einen ganz einfachen Grund hat. Jenifer, die mit ihrer offenen, sympathisch-expressiven Art nicht nur auf der Bühne, sondern auch im direkten Gespräch sofort für sich einnimmt, erklärt das so: "Der Produzent, Brad Jones, hatte mir angeboten, die Scheibe praktisch kostenlos aufzunehmen. Leider war es nicht möglich, meine Band mitzunehmen (Bassist Paul Bryan begleitete sie jedoch auf der Tour mit Sophie B. Hawkins, die sie gerade absolvierte). Das ist zwar schade, aber da mußte ich Kompromisse eingehen. Das nächste Mal werde ich auf jeden Fall mit der Band aufnehmen." Obwohl man nicht unbedingt den Eindruck hat, daß die Band der Dreh- und Angelpunkt im Schaffen der Jenifer Jackson ist.

Ihre Songs unterteilen sich in stille, melancholische Folksongs - und die anderen. "So sehe ich das aber nicht!" wirft sie ob dieser pauschalen Verurteilung vehement ein. Was aber mit "den anderen" Songs gemeint war, sind die heimlichen "Hits" des Albums, wie "Mercury, The Sun And Moon", die im Vergleich zu den akustisch angelegten Sachen produziert klingen. "Ach so - ja, das war aber eher so eine Art Witz", erläutert Jenifer das, "'Mercury' ist ein älteres Stück und ich wollte es eigentlich gar nicht auf die Scheibe nehmen. Meine Mutter riet mir aber diesbezüglich zu, weil das ein schöner Popsong sei, zu dem die Leute leicht Zugang finden könnten... Brad Jones machte eine Drumloop aus einem indischen Disko-Stück und dann spielten wir darüber... Wie es der Teufel wollte, erkor das Label (Ulftone) diesen Song als 'Hit'. Ulf war auch derjenige, der mich auf die Idee brachte, den Song in italienisch aufzunehmen. Ich spreche italienisch und habe den Text dann übersetzt. Paul hat den Track remixed." Ja, aber Witz hin oder her: Ist es denn nicht gut, so ein Stück auf der Scheibe zu haben - eben weil es sofort ins Ohr geht und dort auch verweilt. "Ja, doch, durchaus", gibt Jenifer zu, "es ist sogar so, daß dieses Stück mein Denken und die Art, in der ich schreibe beeinflußt hat. Wie Du vielleicht bemerkt hast, haben wir eben (beim Konzert im Vorprogramm von Sophie) ein paar neue Stücke gespielt, die mehr in Richtung Pop gehen." Schön, das ist sicherlich der richtige Weg.

Jenifer Jackson
Wie fing denn eigentlich alles an? "Oh, früher, in der Highschool habe ich in Cover-Bands gesungen - Led Zeppelin und sowas. Dann habe ich Jazz-Gesang gemacht. Zum Songwriting bin ich erst vergleichsweise spät gekommen. Ich denke aber, meine Einflüsse sind noch hörbar." Nun ja: Led Zeppelin weniger. Ein jazziges Flair kann man indes den Stücken nicht absprechen. Warum heißt die CD eigentlich "Birds"? "Wir haben die CD sehr schnell aufgenommen - in ca. einer Woche", erzählt Jenifer, "in dieser Woche litt ich aber unter Schlaflosigkeit. Ich wachte also mitten in der Nacht oder am frühen Morgen auf und da waren überall diese Vögel zu hören. Wir haben die übrigens aufgenommen und bei einem Stück hinterlegt. Inhaltlich hat das aber weiter keinen Bezug." Wie sieht's denn überhaupt mit dem inhaltlichen Bezug aus? "Ich habe bestimmte Themen, die sich durch meine Songs ziehen", beschreibt Jenifer, weist aber gleichzeitig daraufhin, daß es kein festes Muster gebe, nach dem sie ihre Stücke fabriziert, "Themen wie die Liebe, das Leben, den Verlust, die Natur usw. Allerdings mag ich es, dann mehrere Ideen in einem Song zu verquicken. Ich bin also insofern keine richtige Geschichtenerzählerin." Was ja auch nicht sein muß. So kann sich jeder auch noch etwas dazudenken. Irgendwas muß der Zuhörer ja auch tun! Und wie kam Jenifer zu Ulftone - ansonsten ja einem gestandenen Männer-Label mit Acts wie Chris Whitley oder Pat MacDonald? "Ich weiß, das ist ganz schön hart, die einzige Frau auf diesem Label zu sein", meint Jenifer schmunzelnd, "aber die sind sooo toll. Ich hatte so ein Glück, denn die haben mich gefunden... Als ich die Platte gemacht hatte, und diese wie Sauerbier anbieten mußte, sie verschickte, hinterhertelefonierte, da war ich nahe dran, aufzugeben - so unangenehm war das. Ich hatte vorher nur eine CD ('Slowly Brightly') und eine EP ('Love Lane') im Eigenvertrieb rausgebracht. Jetzt bin ich froh, endlich ein richtiges Label gefunden zu haben."

Jenifer Jackson
Das Business ist es dann auch, was Jenifer an ihrem Job am wenigsten liegt. Aber: Wem geht das anders? Auf der Bühne indes ist Jenifer in ihrem Element. Denn sie verfügt über das seltene Geschick, mit dem größten Selbstverständnis vor ein vollkommen unbekanntes Publikum hintreten - und dieses auf ungekünstelte und unspektakuläre Art sofort für sich einnehmen zu können. "Ja, das ist es, was ich liebe", bestätigt sie, "das und das Aufnehmen von Stücken." Und wie geht es weiter? "Nun, die Hälfte der Songs zur neuen Scheibe habe ich schon fertig. Ich werde die auf jeden Fall mit meiner Band aufnehmen - allerdings bleibt der Stil schon ähnlich. Ich würde gerne mal mit einem richtigen Orchester aufnehmen. Dann müßte mir allerdings jemand eine Million geben..." Nun gut, Jenifer's Spendenkonto kann bei Gaesteliste.de erfragt werden...

Weitere Infos:
www.jeniferjackson.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-
Jenifer Jackson
Aktueller Tonträger:
Birds
(ulftone/edel)
 

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