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29.06.2007
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EDITORS

Gewinner-Typen

Editors
Mit ihrem ersten Album, "The Back Room", konnten die Editors aus England direkt einen großen Erfolg verbuchen, ihre Musik mit Anleihen an Britrock und New Wave blieb vor allem durch die prägnante Bariton-Stimme von Sänger Tom Smith in den Köpfen haften und die Band sich fast nebenbei noch den Ruf einer großartigen Live-Band überzeugend erarbeitet. Knapp zwei Jahre nach dem Debüt liegt nun mit "An End Has A Start" der würdige Nachfolger vor. "Das ist das bestmögliche, das wir momentan als Album machen konnten, und hoffentlich werden wir in zwei Jahren in der Lage sein, ein weiteres auf Basis der Erfahrung, die wir jetzt sammeln, aufnehmen zu können. Wir haben uns seit dem ersten Album dramatisch weiterentwickelt, und ich hoffe, dass wir dies auch nach dem zweiten wiederholen können. Wir sind sehr damit zufrieden und freuen uns richtig darauf, die neuen Songs live zu spielen", gibt Schlagzeuger Ed Lay im Gespräch mit Gaesteliste.de zu Protokoll.

Das Leben auf der Bühne ist sowieso das bevorzugte von Tom Smith (Gesang, Gitarre), Chris Urbanowicz (Gitarre), Russell Leetch (Bass) und Ed Lay (Drums) in den vergangenen Jahren gewesen - was bleibt denn dabei überhaup im Gedächtnis? "Das Herumreisen an sich - der Auftritt im Fillmore in San Francisco, das war umwerfend. Oder als wir in Japan Pferdefleisch gegessen haben. Wir hatten das Privileg, an sehr denkwürdigen Stätten zu spielen, ich habe Paul McCartney letzte Woche getroffen", berichtet Ed. "All so etwas. Wir haben sehr viele Dinge in sehr kurzer Zeit getan und erlebt, manchmal muss man sich einfach mal zurück lehnen, alles verarbeiten und sich einfach darüber freuen. Man fällt natürlich leicht in diese Tour-Falle, dass man nicht genau weiß, wo man sich gerade befindet oder wo man gestern war, und man hat ja im Prinzip jeden Tag den gleichen Ablauf: Aufstehen, Pressetermine, Soundcheck, Essen, der Gig, die Party danach, ab in den Bus. Aber man sollte sich einfach dann und wann mal eine Stunde Zeit nehmen, vielleicht mal früher aufstehen und dann einfach mal in der Gegend herumlaufen oder sich irgendwelche interessanten Stellen ansehen. Ansonsten würde man eine solch großartige Gelegenheit verpassen, wenn man schon unterwegs ist, sich alles mal genauer anzusehen. Wir waren schon des Öfteren in Köln, und wir waren natürlich auch auf dem Dom - das ist auch so ein Tour-Motto der Editors: Wenn du einen Turm siehst, geh' hinauf!"

Als die Band 2006 auch zum wiederholten Male in Deutschland zu Gast, musste trotzdem eine Auszeit her - schließlich wurde es Zeit für ein neues Album. Ed blickt zurück: "Letztes Jahr im September haben wir unseren letzten Gig gespielt, danach haben wir uns eine Pause gegönnt, um auch einfach mal wieder andere Leute zu sehen. Tom hat dann zuhause auf dem Piano mit neuen Ideen angefangen, danach haben wir uns drei bis vier Mal pro Woche getroffen, um gemeinsam an den Songs zu arbeiten. Im Dezember haben wir uns dann ins Studio begeben. Der ganze Prozess war schon recht kurz, obwohl wir im Vergleich zum ersten Album mindestens die doppelte Zeit im Studio verbracht haben - aber wir haben die meiste Zeit damit verbracht, neue Songs zu schreiben. Ungefähr die Hälfte des Albums ist im Studio entstanden, und diese Herangehensweise war völlig neu für uns. Damals hatten wir alle Songs fertig, es ging nur noch darum, dass wir vier ins Studio gingen und die Songs so live wie möglich aufnahmen. Ich sehe keinen Sinn darin, direkt schon bei einem Debüt-Album alle Register zu ziehen und zum Beispiel mit Streichern zu experimentieren. Wir waren damals sehr viel auf Tour, wir hatten einen tollen Live-Sound, und den wollten wir einfach im Studio einfangen - was uns auch gelungen ist. Es ist rückblickend eine perfekte Bestandsaufnahme von dem, was wir musikalisch und technisch damals beherrscht hatten. Seitdem haben wir uns natürlich weiterentwickelt." Durch intensives Live-Spielen gewinnt man natürlich auch an technischer Finesse und letztendlich resultiert dies in einem gesteigerten Selbstbewusstein. "Ja, wir sind schon recht selbstbewusste Typen, und wir denken, dass das neue Album das auch widerspiegelt. Momentan fühlen wir uns alle richtig gut, wir freuen uns sogar darüber, Interviews und andere Presse-Termine wahrzunehmen, es läuft einfach alles rund." Alss kein schwieriges, zweites Album? "Nein, absolut nicht. Ich meine, ich kann dieses Klischee nachvollziehen - wenn man Bands sieht, die noch nicht so lange zusammen sind und plötzlich, über Nacht, berühmt werden und jeder erwartet, dass das Nachfolger-Album noch besser wird, dann kann das durchaus in Stress und Druck ausarten. Als Band mit einem Plattenvertrag sind wir noch nicht so lange im Geschäft, aber wir kennen uns schon seit Ewigkeiten, wir haben auch schon seit Jahren an Songs gearbeitet, von daher hat es bei uns diesen Druck nicht gegeben. Wir haben nicht bewusst die Köpfe zusammengesteckt und überlegt, wie wir uns verändern sollten - das kam alles von selbst, da brauchten wir vorher gar nicht groß zu überlegen. Wenn man bedenkt, dass die Songs erst ab September letzten Jahres entstanden sind, haben wir das alles sehr schnell bewerkstelligt. Wir haben hart gearbeitet, aber wir wussten ja, worum es geht: Ein Album zu machen. Du kannst einfach nicht in einer Band sein und nicht entweder an Songs arbeiten oder auf Tour sein. Das war alles recht einfach - hm, das klingt fast schon zu einfach... Aber unser Produzent [Garret 'Jacknife' Lee, hat auch bereits mit Bloc Party, Kasabian, Snow Patrol und U2 gearbeitet] hat uns auch großartig unterstützt, er hat die Songs in eine Richtung gelenkt, die einfach perfekt war. Man musste nur hier und da ein wenig herumschrauben, um das volle Potenzial aus den Songs zu holen. Es war einfach ein tolle Zeit dort im Studio, das übrigens mitten im Nirgendwo lag, wo es also keine Ablenkung gab. Das Studio war ungefähr zwei Stunden mit dem Auto von Dublin entfernt, wir waren fast nicht zu erreichen. Wir hatten also nicht dauernd Leute vor Ort, um Party zu machen - das können wir schon selbst bis zu einem gewissen Level, aber wir alle wussten ja, warum wir dort waren. Man gibt eine Menge Geld für den Studio-Aufenthalt aus, und man möchte einfach nicht die Plattenfirma im Genick haben, die nach dem neuen Album fragt - diesen Happy Mondays-Moment will man einfach nicht haben! Das könnte zwar auch lustig sein, aber ich denke, das würde unserer Gesundheit nicht besonders gut tun..."

Editors
Also spielt der Perfektionsmus schon eine große Rolle bei den Editors, was Ed bestätigt: "Wir achten schon sehr auf die Details. Auch nach den Konzerten unterhalten wir uns darüber, was vielleicht nicht so gut war, woran wir noch arbeiten könnten, oder was wir vielleicht ändern sollten. Unser Ziel ist es, eine der besten Live-Bands der Welt zu sein, und ich denke, wir haben uns bisher ganz gut geschlagen und uns nicht übernommen. An der Live-Darbietung der neuen Songs müssen wir teilweise noch hart arbeiten, denn es existieren nunmal ein paar Songs, die so viele Schichten beinhalten, z.B. zig Gitarren-Parts oder Drum-Spuren, da muss man sich erstmal die dominanten oder für die Live-Situation besten Stellen herauspicken und solange spielen, bis sie sitzen. 'When Anger Shows' und 'Spiders' sind z.B. zwei der neuen Songs, die wir momentan noch nicht wirklich gut spielen können, aber ich denke, ungefähr im Herbst werden sie ein fester Bestandteil des Sets sein." Welche musikalischen Einflüsse hat es denn eigentlich während des Studio-Aufenthaltes gegeben? "Unsere Einflüsse haben sich vervielfacht. Wenn die Musik dein Leben ist, und wenn du von anderen Leuten etwas lernen willst, dann nimmst du es einfach in dich auf. Wir haben recht viel Krautrock oder Dance-Platten gehört, dann auch wieder Kate Bush und Peter Gabriel - apropos Peter Gabriel: Ich muss mal dringend ein paar Worte mit Elbow reden, denn die haben sich doch sehr in letzter Zeit von Peter Gabriel beeinflussen lassen! Aber wir hören einfach heutzutage viele Dinge, an die wir uns vor Jahren nicht wirklich herangetraut haben. Es gibt einfach so viel zu entdecken, es gibt diesen Hunger nach neuen Details, die dann letztendlich auf seine eigene Art in neue Songs einbaut." Hat es denn bisher irgendwelche Niederlagen bei den Editors gegeben? "Nein, nicht wirklich. Es hat zwar die ein oder andere negative Kritik gegeben, aber das passiert nunmal, kein Problem. Jede Band sollte danach streben, dass das neue Album mindestens so gut ankommt wie das vorherige, und wenn man dabei Fans verliert, ist es nicht perfekt, aber daran kann man nichts ändern. Wenn uns auf der anderen Seite Leute zum ersten Mal live sehen, begeistert sind und sich dann die Platten kaufen, ist das auch eine tolle Sache. Aber bisher ist alles gut gelaufen, wir führen ein tolles Leben und mussten bisher keine größeren Niederlagen einstecken. Wir sind Gewinner!"

Weitere Infos:
www.editorsofficial.com
www.myspace.com/editorsmusic
de.wikipedia.org/wiki/Editors
www.editorsus.com
www.editorsmusic.co.uk
Interview: -David Bluhm-
Fotos: -Pressefreigaben-
Editors
Aktueller Tonträger:
An End Has A Start
(Kitchenware/Pias/Rough Trade)
 

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