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23.11.2018
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ROB MOIR

Keine Angst vor der Technik

Rob Moir
Der Kanadier Rob Moir ist ja tatsächlich vor allen Dingen über seine unablässigen Touren bekannt geworden. Ab und an findet der Mann aber auch Zeit, neue Alben einzuspielen - wie z.B. das aktuelle Werk "Solo Record". Genau genommen ist das Werk dabei aber gar kein reines Solo-Werk, denn es sind neben Rob durchaus auch andere Musiker beteiligt und es ist auch keine reine Folk-Scheibe geworden. Vielmehr spielt Rob dabei mit seinem eigenen Image, denn er sah sich bislang eher immer als Musiker, der sich mit Band am wohlsten fühlt. Das Terrain des Solo-Künstlers ist für ihn also eher ungewohnt - und damit spielt er auf ironische Weise auf dem neuen Album; unter anderem, in dem er sich darauf selbstironisch als Möchtegern-Napoleon präsentiert, der seine Kunst in Diktatoren-Manier in Eigenregie steuert.

Betrachtet Rob Moir das Schreiben von Songs eigentlich als rein persönliche Angelegenheit? Immerhin scheint er keinen Drang zu haben, sich in seinen Songs politisch zu äußern. "Ich bin immer der Meinung, dass ein guter Song sich dadurch auszeichnet, dass sich ein jeder darin verlieren kann", überlegt Rob, "wenn Songwriting eine wirklich persönliche Angelegenheit wäre, dann könnte sich niemand anderes damit identifizieren. Ich denke, es ist deswegen als Songwriter wichtig, sich mit den alltäglichen Dingen zu beschäftigen, die für jedermann ausschlaggebend sind. Natürlich schreibe ich dabei auch über persönliche Erlebnisse, aber ich hoffe, dass diese für alle relevant sind." Bedeutet das dann auch, dass sich in Robs Songs Fakt und Fiktion miteinander vermischen? "Ja, tatsächlich", pflichtet er bei, "ich habe die letzten sechs Jahre damit verbracht, ungefähr 200 Shows im Jahr zu spielen - und zwar in den USA, Kanada, Europa und Asien. Wenn man sowas macht, dann trifft man unglaublich viele interessante Leute - hunderte, wenn nicht sogar tausende. Das bedeutet auch, dass man dann deren Erlebnisse und Sichtweisen kennenlernt und kanalisieren kann. Es gehen dir dann auch niemals die Themen aus. Egal ob es also um meine eigenen oder die Beobachtungen anderer geht oder ob ich fiktive Charaktere verwende, ist es hauptsächlich von Belang, dass das, was ich schreibe, für jedermann relevant bleibt - so lange ich das in einen griffigen Song packen kann." Was reizt Rob Moir einen Song zu schreiben? "Das menschliche Wesen", erklärt er bestimmt, "früher habe ich mich immer von spontanen Ideen leiten lassen, heute jedoch habe ich gerne einen konkreten Kern für den Song; und ich tendiere dazu, über die eher düsteren Aspekte des Daseins zu schreiben - speziell für dieses Album - denn davor habe ich keine Angst."

Kommen wir dann mal zu Robs Songs: Berührt er damit eigentlich typisch kanadische Themen - immerhin scheint er viel über die Kälte des kanadischen Winters zu singen? "Ja, aber nur deswegen, weil man der nun wirklich nicht entkommen kann", schränkt er ein, "ansonsten aber ist das bewusst kein Thema für mich, denn ich würde sagen, dass ich von allen kanadischen Songwritern, die momentan touren, derjenige bin, der vermutlich am wenigsten Zeit in Kanada verbringt." Und was ist mit der kanadischen Landschaft - auf die sich viele seiner Landsleute beziehen? "Nun gut: Was ich einräumen muss, ist der Umstand, dass man als kanadischer Musiker sicherlich zumindest ein Mal im Leben von Vancouver nach Halifax reist und dabei das Land durchquert und sich somit der Weite des Landes und der Schönheit der Landschaft gar nicht entziehen kann. Wenn man - sagen wir mal - durch die italienischen Alpen reist, dann kommt man irgendwann am Ziel an. In Kanada kannst tagelang durch die Rocky Mountains oder die Prairie fahren - und nichts ändert sich dabei. Es braucht sehr lange, diese Umgebung zu verlassen. Und ich denke, es dauert auch lange, um diese Bilder wieder aus dem Kopf zu bekommen." Nun ja, das ist ja sicherlich eher ein typisch nordamerikanisches Problem.

Wie sieht es denn mit der musikalischen Inspiration aus? Was macht Rob Moir denn diesbezüglich Spaß bzw. wie geht er vor, wenn er seine Songs zusammenbastelt? "Ich bin immer auf die Melodie fixiert", führt Rob aus, "Melodien fallen mir ganz spontan ein. Ich greife mir dann eine Gitarre und versuche, die Stimmung dieser Melodie zu erfühlen. Wenn das erst mal gelungen ist, dann kommen die Texte relativ schnell dazu. Die Texte müssen dann aber zur Melodie passen - und nicht umgekehrt. Man könnte meine Texte und Melodien zum Beispiel niemals miteinander austauschen. Kurz gesagt: Man muss erst die Stimmung eines Songs kennen, bevor man sich überlegen kann, worüber man singen möchte." Der musikalische Stil spielt dann wahrscheinlich eine eher untergeordnete Rolle, oder? "Ganz genau", bestätigt Rob, "manchmal empfiehlt es sich in eine bestimmte Americana-Richtung zu gehen - und auf der anderen Seite sind da Songs wie 'Wolves" auf dem neuen Album, die praktisch nur aus einer Lapsteel-Vignette bestehen. Obwohl ich beide Arten von Songs auf die exakt selbe Weise geschrieben habe, klingen sie doch vollkommen unterschiedlich." Nun - das ist ja die Magie des Musizierens. Lässt sich Rob Moir da manchmal auch treiben? "Ja, manchmal will die Gitarre einfach machen, was sie machen will - und dann assoziiere ich etwas damit - zum Beispiel eine Wellenbewegung. Oder ein Klang leitet dann zu einem bestimmten Akkord. Dann kommt ein Rhythmus dazu und dann vielleicht eine Geschichte. Aber es stimmt - man muss sich leiten lassen und Ideen folgen."

"Solo Record" wird ja auch als Vinyl Scheibe erscheinen. Ist das ein großes Ding für Rob? "Ja, die Scheibe wird auf weißem Vinyl veröffentlicht werden. Weißt du, die Leute sagen ja immer die CD sei tot", meint er bedauernd, "aber bei meinen Shows verkaufe ich für jede Vinyl-LP drei CDs. Vinyl-Scheiben sind aber für eine bestimmte Generation wichtig. Es ist auch so, dass man in Städten mehr LPs verkauft als auf dem Land." Ist Rob Moir selbst denn ein Analog Man? "Wenn es um analoges Aufnehmen und darum geht, die Sachen wie früher zu machen, dann ist das cool, wenn man viel Geld hat", scherzt Rob, "ich habe aber gar nichts gegen digitale Technik, weil sich meine Sachen sowieso immer recht organisch anhören. Wenn ich meine Songs live spiele, hören sie sich genauso an, wie auf der Scheibe. Was aber der Vorteil der modernen Technologie ist, ist der Umstand, dass man alles etwas schneller hinbekommt. So lange derjenige, der die Sachen produziert, dem Song treu bleibt, sehe ich da keine Probleme mit der digitalen Technik. Wir sollten keine Angst vor der modernen Technologie haben - sie ist eine feine Sache, wenn man sie richtig anwendet und sie ermöglicht Leuten, Musik zu machen, die für andere Methoden kein Geld hätten."

Diktator, Troubadour, Bandleader, Solo-Künstler - Rob Moir hat viele Gesichter. Und von all diesen gibt es auch Facetten auf seinem neuen Album zu entdecken. Nur eines möchte er nicht sein: Ein Poet (wie es auf Wikipedia heißt). "Ich glaube, ich habe in meinem ganzen Leben noch kein Gedicht geschrieben", erklärt er nämlich.

Weitere Infos:
www.robmoir.com
www.facebook.com/robmoirmusic
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Pressefreigabe-
Rob Moir
Aktueller Tonträger:
Solo Record
(Make My Day/Indigo)
 

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